Schaller zur Konjunktur: "Ich teile den Pessimismus"

Schaller zur Konjunktur: "Ich teile den Pessimismus"
Raiffeisen-OÖ-Boss kritisiert Bürokratie für Firmen und Beschädigung des Finanzplatzes.

Heinrich Schaller, früher selbst Börse-Vorstand, erwartet keinen großen Börsekrach. Mit der heimischen Politik ist er nicht zufrieden.

KURIER: Was sagen Sie zum Mini-Crash den Börsen?

Heinrich Schaller: Ich halte die Entwicklung momentan für etwas übertrieben. In der unmittelbaren Zukunft bin ich zwar nicht sehr optimistisch, dass es mit den Börsen wieder bergauf geht. Mittelfristig erwarte ich aber eine Erholung der Kurse.

Also keine echte Finanzkrise wie 2008.

Nein, davon gehe ich derzeit nicht aus.

Was empfehlen Sie Anlegern?

Wir raten nach wie vor zu Anleihen und Fonds. Es gibt viele Aktien mit guten Einstiegskursen, auch wenn die Gefahr besteht, dass sie noch ein Stück weiter nach unten gehen. Das muss aber jeder für sich selbst entscheiden.

Gold?

Das ist eine spekulative Veranlagung wie Aktien: kann kurzfristig gut, langfristig aber auch sehr schlecht sein. In den Jahren seit der Finanzkrise hat es Goldpreisspitzen gegeben.

Normalerweise verkauft man es halt nicht.

Ja, aber das ist genau dasselbe wie ein Investment in Aktien. Man kann Geld verlieren, weil auch Gold weniger wert werden kann. Das wird oft nicht berücksichtigt.

Schaller zur Konjunktur: "Ich teile den Pessimismus"
Sparbuch?

Nach wie vor eine beliebte Anlageform. Ich halte es für vernünftig, weil man schnell verfügbares Geld hat.

Zwischen Raiffeisen Wien/Niederösterreich und Oberösterreich gab es lange Spannungen. Haben sich diese nach dem Abgang von Ludwig Scharinger und Christian Konrad nun gelegt?

Das kann ich nicht beurteilen, weil ich das frühere Verhältnis nicht kenne. Derzeit ist es sehr gut.

Gegen eine Zusammenlegung der Landesbanken wehren Sie sich dennoch.

Oberösterreich ist eine starke, selbstständige Bankengruppe und wird das auch bleiben. Wenn Landesbanken das tun wollen, sollen sie es überlegen. Ich habe aber immer gesagt, dass es nicht zum Nachteil anderer sein darf.

Sie meinen die Fusion von RBI und RZB, unter Einbeziehung der RLB NÖ Wien. Wann kommt sie?

Da müssen Sie das Management der beiden Banken fragen.

Verdienen Banken trotz Minizinsen noch an Kunden?

Banken sind auf ihre Kunden angewiesen. Je mehr Retailkunden man hat, desto mehr rechnen sich die Fixkosten. Das extrem niedrige Zinsniveau schmerzt aber auch die Banken.

Die Banken haben aber die Kunden zunehmend aus ihren Filialen vertrieben und zu Self Service gezwungen. Das verlockt dazu, ganz zu einer Internet-Bank zu wechseln, die dann wenigstens billiger ist.

Raiffeisen hat das nicht gemacht. Wir haben uns immer dazu bekannt, auch vor Ort zu sein. Das ist unsere größte Stärke – wir wären dumm, das aufzugeben. Es geht um eine Symbiose aus digitalen Medien und persönlicher Beratung.

Bei dem niedrigen Zinsniveau könnten Banken wieder zum "Zocken", also Investmentbanking verleitet werden.

In Ansätzen gibt es das tatsächlich, aber nicht mehr so extrem wie vor 2007/08. Damals wurde das Risiko der sich aufbauenden US-Immobilienblase unterschätzt.

Schaller zur Konjunktur: "Ich teile den Pessimismus"
Wie ängstlich reagieren Ihre Kunden momentan?

Nicht sehr. Wobei man sagen muss, dass Österreich wenig Aktienanleger hat. Die Politik könnte ein besseres Umfeld schaffen, damit die Österreicher mehr direkt in Unternehmen investieren. Wer mehr Risiko auf sich nimmt, sollte mehr belohnt werden. Daher halte ich die Kursgewinnsteuer in der jetzigen Form für falsch. Und es braucht zusätzliche Anreize für Mitarbeiterbeteiligung.

Es gibt Kritiker, die meinen, Banken sollten keine Industriebeteiligungen haben.

Das verstehe ich nicht, es ist ja nichts anderes als eine Form der Finanzierung.

Die Voest, bei der die RLB OÖ größter Einzelaktionär ist, hat gerade an Börsenwert verloren.

Wir halten das für eine kurzfristige Übertreibung. Die voestalpine entwickelt sich gut und hat immer gute Dividenden abgeworfen. Wir haben mit dem Unternehmen große Freude.

Die RLB ist an den Hypos OÖ und Salzburg beteiligt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Es war falsch, wie die Politik bei der Heta vorgegangen ist. Das hat das Vertrauen in den Finanzplatz beschädigt.

Sie meinen die Gläubigerrasur.

Das war wirklich bedenklich. Die Republik müsste für diese Haftungen Kärntens geradestehen. Die Papiere waren nach dem ABGB als mündelsicher eingestuft. Jetzt geht die Politik her und sagt, es gibt keine sicheren Anleihen.

Wie sehr belastet die Hypo die RLB OÖ noch?

2015 werden wir ein sehr gutes Ergebnis haben. Mögliche Heta-Auswirkungen wurden in den Bilanzen berücksichtigt. Belastender ist die Bankensteuer. Wir hoffen inständig auf ein Ende der doppelten Steuer (EU- und österreichische Einlagensicherung, Anm.).

Gerade hat eine neue Umfrage gezeigt, dass Österreichs Top-Manager pessimistisch sind.

Ich teile den Pessimismus, auch wenn ich keine echte Rezession erwarte. Die Stimmung bei den Unternehmern ist gedrückt, obwohl die Auftragslage noch immer recht gut ist. Aber man ist vorsichtiger bei Investments. Die Firmen leiden unter einer noch nie dagewesenen Bürokratie. Es gibt immer mehr Behörden, und sie tun, was ihnen aufgetragen wurde, bis zum Exzess. Daher sehe ich die Zukunft auch nicht übertrieben rosig.

Heinrich Schaller
Der 56-Jährige kommt aus einer Linzer Bankerfamilie. Sein früh verstorbener Vater Karl Schaller war bereits Generaldirektor in der Vorläuferfirma der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Sein Bruder Martin Schaller ist Chef der Raiffeisen-Landesbank Steiermark. Jurist Heinrich Schaller begann seine Karriere bei der Raiffeisen Zentralbank, von 2006 bis 2012 war er Vorstand der Wiener Börse. Danach folgte er Ludwig Scharinger als Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ nach.

Kommentare