Dubiose Millionen-Geschäfte im Wohnbau

Ein Wiener Gemeindebau im 10. Bezirk nach der Sanierung im Jahr 2013
Mitarbeiter des stadteigenen Gemeindebau-Verwalters Wiener Wohnen müssen nächste Woche bei der Kripo zur Einvernahme antanzen. Es geht um Betrugsverdacht.

Ein Bienenschwarm ist nichts dagegen. Am vergangenen Donnerstag rückten etwa 150 Polizeibeamte und Finanzfahnder im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu einer lange und generalstabsmäßig geplanten Groß-Razzia aus. 40 Standorte von Handwerksbetrieben in Wien und im niederösterreichischen Umland wurden durchsucht. Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht ein dubioses Netzwerk aus zwölf Unternehmen, die Glaserei- und Malerei-Arbeiten, Boden- und Fliesenverlegung anbieten. Die einzelnen Professionisten bieten alle genannten Leistungen jeweils an.

Die Verantwortlichen dieser Firmen stehen insbesondere im Verdacht des gewerbsmäßigen Betruges und der illegalen Preisabsprachen – im Zusammenhang mit Sanierungsarbeiten in Wiener Gemeindebauten. Das gesamte Auftragsvolumen dürfte bei etwa 65 Millionen Euro gelegen sein.

9000 Sanierungen im Jahr

Der mutmaßliche Schaden zulasten der Stadt Wien bzw. der stadteigenen Gesellschaft "Wiener Wohnen" soll in die Millionen gehen. Dazu muss man wissen, dass Wiener Wohnen 220.000 Gemeindewohnungen verwaltet und instand halten muss. Etwa 9000 Gemeindewohnungen müssen jedes Jahr von Grund auf saniert werden. Diese Aufträge sind heiß begehrt – doch bei der Vergabe bzw. der Ausführung soll es nicht immer mit rechten Dingen zugegangen sein.

Bestechungsverdacht

Dem Vernehmen nach sollen beauftragte Handwerksbetriebe "verrechnete Leistungen gar nicht oder bewusst minderwertig ausgeführt" haben. Daher stehen die mutmaßlichen Drahtzieher auch im Verdacht, Scheinrechnungen gestellt und womöglich Bestechungsgelder gezahlt zu haben. Denn die scheinbar "erbrachten Leistungen " müssen von Mitarbeitern des Auftraggebers, sprich Wiener Wohnen, abgesegnet und zur Zahlung freigegeben worden sein.

Komplexer Fall

"Es wurden Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten durchgeführt", bestätigt Oberstaatsanwalt René Ruprecht von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dem KURIER. "Es wird wegen des Verdachts des Betruges und wettbewerbsbeschränkender Preisabsprachen ermittelt." Nachsatz: "Die Höhe des tatsächlichen Schadens ist noch Gegenstand der Ermittlungen."

Zahlreiche Delikte

Zugleich wird aber auch nach dem Unternehmensstrafrecht (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) gegen die zwölf Unternehmen ermittelt, sowie wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Schwarzarbeit. Daher waren bei der Hausdurchsuchung auch Ermittler der Finanzstrafbehörde Wien sehr emsig im Einsatz. Die aktuelle Razzia betraf aber nur einen Teil der verdächtigen Unternehmen und Personen. Da jeder inkriminierte Auftrag als ein Delikt gezählt wird, umfasst der Akt mittlerweile auch 81 beschuldigte Personen. Zum Teil handelt es sich dabei aber um Mehrfach-Nennungen. Zählt man die betroffenen Unternehmen dazu, ergibt das ingesamt 93 Beschuldigte.

Der KURIER versuchte am Freitag bei einzelnen verdächtigen Unternehmen eine Stellungnahme einzuholen. "Der Geschäftsführer ist erst wieder am Montag hier", sagte eine Dame eines dieser gewerblichen "Mischbetriebe" am Telefon. "Und ich kann dazu gar nichts sagen. Ich weiß davon nichts." Ein anderer Mitarbeiter, den der KURIER am Handy erreichte, sagte in gebrochenem Deutsch: "Ich bin nur der Notdienst, sie sind in der Glaserei, ich weiß davon nichts."

Ladung von Kripo

Indes will man seitens Wiener Wohnen keine Stellungnahme zu dem laufenden Ermittlungsverfahren abgeben. Aber man legt Wert auf die Tatsache, dass Wiener Wohnen im Frühjahr 2013 eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft gemacht hat. Den Anstoß dazu hat der Wiener Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig gegeben.

Außerdem hat die Wirtschaftskammer Wien damals ihre Erkenntnisse über die unlauteren Betriebe der Stadt Wien übergeben.

Fakt ist aber auch: Einige Mitarbeiter von Wiener Wohnen haben Ladungen der Kripo erhalten und müssen nächste Woche bei den Ermittlern des Landeskriminalamts Wien antanzen. Sie werden zu der Causa einvernommen. Zum Teil drüfte bei einzelnen Mitarbeitern der Job auf dem Spiel stehen, sollte sich der Verdacht erhärten, dass sie in die angeblichen Malversationen involviert waren.

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