"Größte Sorge um das Stromnetz"

Ab März ist Windtner nur noch Fußball-Präsident
Der scheidende Energie-AG-Chef über steigende Leitungskosten und den Ärger über die Politik.

Energie und Fußball: Ende Februar gibt Leo Windtner eine der beiden Leidenschaften auf. Er verlässt nach 22 Jahren die Spitze der Energie AG Oberösterreich (EAG), dem Österreichischen Fußballbund bleibt er als Präsident weiterhin treu. Mit dem KURIER sprach Windtner über die Herausforderungen, die auf seinen Nachfolger Werner Steinecker warten und was ihn als EAG-Chef am meisten schmerzte.

KURIER: Herr Windtner, Sie übergeben die EAG mit einer Rekordbilanz an Ihren Nachfolger. Alles paletti bei der EAG?

Leo Windtner: Das Unternehmen ist gut aufgestellt, weil wir in den vergangenen vier Jahr ein Restrukturierungsprogramm nach dem anderen aufgelegt haben. Und wir haben alle Problemzonen ausgeräumt: Wir haben das Gaskraftwerk Timelkam nochmals um 22 Millionen abgeschrieben.

Der Strompreis im Großhandel ist noch immer sehr niedrig. Hält das die EAG auf Dauer trotz dieser Abwertungen aus?

Wir müssen es aushalten. der Strompreis wird wohl noch drei bis fünf Jahre tief bleiben. Ich gehe aber davon aus, dass mit den Abwertungen des Vorjahres einiges vorgesorgt ist. Der Unternehmenswert ist dadurch um sechs Prozent auf 19,3 Milliarden Euro gesunken.

Der Strompreis ist das eine. Aber wenn ich durch Oberösterreich fahre, sehe ich auf immer mehr Dächern Solaranlagen. Ihre Kunden werden Selbstversorger. Wo bleibt da die EAG?

Es ist klar, dass wir mit der Rolle als Energieversorger allein nicht überleben werden. Wir brauchen neue Geschäftsmodelle. Das geht von Stromspeicherung über E-Autos bis zum Internet, wo wir voll einsteigen. Erfreulicherweise sieht der Bundeskanzler die Energie als Jobmotor und Wirtschaftsanstoß.

Die Politik meint damit eher den Ökostrom als konventionelle Versorger ...

Ja, aber sie erkennt, dass die Förderung der Erneuerbaren marktnäher werden muss. Das hat auch Bundeskanzler Kern so deponiert.

Die EAG verdient ja selbst am Ökostrom. Wie viel Erneuerbare hat die EAG?

Wir haben Solaranlagen mit insgesamt 5,4 Megawatt Leistung, eine Windkraft-Beteiligung im Innviertel und eine in Niederösterreich mit zusammen 12,9 Megawatt. Die Ökostromförderungen waren in der Erstphase der Energiewende gut, jetzt aber müssen auch die Erneuerbaren auf Marktnähe umgestellt werden. Sonst wird der Konsument diese Kosten nicht mehr tragen wollen.

Die Kunden ärgern sich eher über smart meter als über Ökostromzuschläge. Was bringen die neuen Zähler wirklich?

Die digitalen Zähler ermöglichen es den Kunden, Stromkosten zu sparen und den Komfort zu erhöhen. Sie können übers Handy die Stromversorgung der Wohnung optimieren. Wir entwickeln eigene Tarife mit Preiszonen, die über den smart meter geregelt werden.

Macht Ihnen die Anfälligkeit gegen Cyberangriffe Angst?

Das ist eine Gefahr, die alle Lebensbereiche betrifft. Smart meter sind keine größeren Gefahrenquellen als die elektronischen Tools des täglichen Lebens. Aber eines ist für mich unverständlich: Die Politik sagt jeden Monat nur, wer der billigste Stromanbieter ist. Sie muss auch klarstellen, dass die Versorgungssicherheit eines der höchsten wirtschaftlichen Güter und Standortvorteile unseres Landes ist. Wo liegt das Problem, wenn viele Kunden zum billigsten Anbieter wechseln?

Die größte Herausforderung der nächsten Jahre liegt im Stromnetz. Mit den vielen privaten Stromerzeugern, die ins Netz liefern, wird das Steuern des Stromnetzes eine Mammutaufgabe. Das bleibt bei den Versorgern hängen, es wird Kosten verursachen und bezahlt werden müssen. Billiger wird es nicht.Wir haben europaweit Stromüberschüsse und Sie sorgen sich um Versorgungssicherheit. Wie passt das zusammen?

Die Ökostromerzeuger haben bei gutem Wetter Überschüsse, bei schlechtem müssen die anderen Versorger liefern. Wir werden Brücken brauchen zwischen Netz und Stromerzeugung, die in der Liberalisierung streng getrennt werden. Wir wissen, dass sich die Netzbetreiber zwischenzeitlich selbst mit Stromverträgen eindecken, damit wir keine Blackouts haben.

Ein Frage im Rückblick noch: Sie wollten die EAG an die Börse bringen. Schmerzt es Sie, dass das nicht gelungen ist?

Das ist ein wunder Punkt. Aber man muss sagen, wären wir an die Börse gegangen, hätten wir eine ähnliche Entwicklung wie der Verbund. Aber wir leben mit der derzeitigen Struktur gut. Wir habe einige Privataktionäre. Das hat sicher Dynamik gebracht.

Ab März haben Sie mehr Freizeit. Wie füllen Sie die?

Ich bin ja noch ÖFB-Präsident, viel Zeit bleibt da nicht übrig. Und ich bleibe den Florianer Sängerknaben treu. Und privat erzeuge ich Most und ein bisschen Schnaps.

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