Griechenland: Verschuldung "außer Kontrolle"

Die Neuverschuldung im ersten Halbjahr 2011 ist wesentlich höher als geplant. Hinzu kommt eine tiefe Rezession.

Die griechischen Schulden sind nach Einschätzung einer von der Regierung in Athen eingesetzten Expertenkommission "außer Kontrolle". Der Schuldenberg ist 350 Milliarden Euro hoch, davon stammen knapp 14,7 Milliarden aus dem ersten Halbjahr 2011. Für das Gesamtjahr waren ursprünglich nur 16,7 Milliarden geplant. Die hohe Neuverschuldung und die tiefe Rezession (die Wirtschaftsleistung wird heuer um mehr als 4,5 Prozent sinken) trieben laut Experten die Lage "zum Äußersten".

Sie kritisieren vor allem Verzögerungen beim Sparprogramm. So wird die Anhebung der Mehrwertsteuer für Restaurants und Hotels von 13 auf 23 Prozent von Betroffenen als "ruinös" bezeichnet. Sie kündigten an, eher ihren Betrieb zu schließen als Steuer zu zahlen. Dabei sind Einsparungen Voraussetzung für weitere Hilfe von der EU, dem Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank. Doch selbst wenn weiter Geld nach Griechenland fließt, sind die Experten skeptisch, ob das reicht. Die positive Wirkung würde durch die hohe Neuverschuldung "zum großen Teil" zunichtegemacht.

Deutschland, Finnland und die Niederlande planen nächste Woche ein Treffen zur Frage zusätzlicher Garantien für die Hilfsgelder. Die Finnen fordern diese, andere Länder lehnen sie ab.

OeNB: "Eurobonds keine naheliegende Option"

Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und EZB-Rat Ewald Nowotny äußerte sich Donnerstagabend nicht dazu, wie lange die EZB fortfahren werde, Staatsanleihen von Euro-Problemländern zu kaufen. Man hoffe aber, dass dafür bald der Euro-Rettungsfonds zum Einsatz kommt. Die Emission gemeinsamer europäischer Anleihen zur Schuldenfinanzierung (Eurobonds) ist für Nowotny derzeit keine Option. Der Einsatz von Eurobonds sei nur möglich, wenn man die EU-Verträge ändere. "Das ist ein mühsamer Prozess, so dass ich das nicht als naheliegende Option sehe", sagte Nowotny.

Mit großer Besorgnis registriert Nowotny die Entwicklungen in Italien, wo Ministerpräsident Berlusconi gerade das Sparpaket wieder aufgeschnürt hat. Die EZB muss wegen der italienischen Schuldenkrise auch italienische Staatspapiere aufkaufen.

OeNB-Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek sagte, dass noch jede Krise überwunden wurde. Im Fall Griechenland werde es wohl 5 bis 10 Jahre dauern, bis sich das Land wieder am Kapitalmarkt selber refinanzieren und Schulden selber tragen werde können. Die Entwicklung sei so lange auseinandergelaufen, dass man dies nicht in einem Jahr reparieren könne.

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