Glücksspiel: Poker um die Aufsicht

Symbolbild
Finanzminister und SPÖ können sich nicht auf eine unabhängige Behörde einigen. Die Neos kritisieren ein teures Steuergeschenk an die Casinos.

Es handelt sich um klassische Unvereinbarkeit. Das Finanzministerium ist für das Glücksspiel samt Spielerschutz und die Vergabe von Casinos- und Lotterien-Lizenzen zuständig. Gleichzeitig hält die Republik als zweitgrößter Aktionär ein Drittel am heimischen Monopolisten, den Casinos Austria (plus Lotterien-Anteile). Die Beteiligung am Casinos-Konzern ist in der Staatsholding ÖBIB geparkt, die ebenfalls zum Finanzministerium ressortiert.

Glücksspiel ist für den Staat besonders heikel. Einerseits spielt Gaming hohe Steuereinnahmen ein, andererseits muss der Staat seine Bürger vor exzessivem Spielen schützen und darüber wachen, dass sich die Anbieter an die gesetzlichen Auflagen halten.

In den meisten EU-Ländern kontrolliert eine unabhängige Behörde den Gaming-Markt. Nicht so in Österreich. Finanzminister Hans Jörg Schelling, ÖVP, hat darum im Vorjahr einen Entwurf für eine Novellierung des Glücksspielgesetzes ausarbeiten lassen. Die fertige Vorlage liegt allerdings immer noch in der Schublade.

"Alles ist längst vorbereitet, aber die SPÖ hat bisher noch kein grünes Licht gegeben", ärgern sich die Experten im Finanzministerium. Und wettern über einen "unhaltbaren Zustand". Solange es keine Behörde gebe, werde Schelling "bei diesen untragbaren Zuständen die Neukonzessionen ganz sicher nicht wieder ausschreiben", wird argumentiert.

Zur Erinnerung: Das Finanzministerium vergab unter Michael Spindelegger drei neue Casinos-Lizenzen. Zwei Konzessionen gingen an den Rivalen Novomatic, der sich mittlerweile bei den Casinos mit 17 Prozent eingekauft hat. Eine Lizenz erhielt ein deutsch-schweizerisches Konsortium. Die Qualität der Bescheide war jedoch derart schleißig, dass alle drei Entscheidungen auf Betreiben der Casinos höchstgerichtlich aufgehoben wurden. Seither ist Spielpause.

"Diese Behörde wäre formal unabhängig, ist aber dem Finanzminister weisungsgebunden", kontert man in der SPÖ. Der Entwurf bringe daher keine Verbesserung der derzeitigen Situation.

Im dem KURIER vorliegenden Entwurf ist vorgesehen, die Glücksspielaufsicht an die Monopolverwaltung GmbH (MVG) zu übertragen. Damit solle "die erforderliche Distanz geschaffen werden, um dem äußeren Anschein einer möglichen Einflussnahme auf behördliche Entscheidungen entgegen zu wirken", heißt es in den Erläuterungen.

Mit der Unabhängigkeit der Behörde ist es nicht weit her. Denn aus verfassungsrechtlichen Gründen sei es notwendig, dass dem Minister "ein Weisungs- und Aufsichtsrecht gegenüber der MVG zukommt". Der Chef im Finanzministerium kann den Geschäftsführer der MVG abberufen, "wenn ein Geschäftsführer eine schriftliche Weisung ... nicht befolgt oder eine Auskunft nicht erteilt".

Die in der Öffentlichkeit kaum bekannte Monopolverwaltung wurde 1996 aus dem Finanzministerium in als GmbH ausgegliedert und bezieht ihre Existenzberechtigung aus Abwicklung und Kontrolle "des Kleinhandels mit Tabakerzeugnissen". Die Gesellschaft regelt im Wesentlichen die Tabaktrafiken. Aufgrund ihrer "langjährigen Erfahrung im Umgang mit Spannungsfeldern und sensiblen Themen wie dem Schutz der Jugend und Beschränkung von Werbung" wäre die MVG geradezu prädestiniert, auch die Glücksspielaufsicht zu übernehmen – meint man im Finanzministerium.

In der Himmelpfortgasse will man außerdem die gesetzlichen Fit & Proper-Bestimmungen für das Topmanagement und die Aufsichtsräte von Casinos und Lotterien erweitern und konkretisieren.

Die SPÖ wiederum möchte im Abtausch für ihre Zustimmung eine Verstärkung des Spielerschutzes. Längst überfällig ist außerdem eine Neu-Regelung des Online-Gamings. Hier hinkt das Gesetz meilenweit hinter dem Stand der Technologien her.

Im linken Flügel der SPÖ gibt es auch Bestrebungen, das sogenannte "kleine Glücksspiel" – das von den Ländern geregelte Automatenspiel – überhaupt österreichweit abzudrehen. Die Slotmaschinen sind derzeit in Nieder- und Oberösterreich, der Steiermark, dem Burgenland und in Kärnten erlaubt. Angesichts der Steuereinnahmen ist eine Umsetzung nicht realistisch.

Apropos Steuern. Die Neos versuchten, über eine parlamentarische Anfrage an Schelling Details über ein großzügiges Steuergeschenk der Regierung an die Casinos Austria zu erfahren. Mit dem Hinweis auf die neue Konkurrenz durch die Ausschreibung der zusätzlichen Lizenzen hatte der damalige Finanzminister Wilhelm Molterer eine Senkung der Spielbankenabgabe um 30 Prozent initiiert.

Die vor kurzem erfolgte Antwort fiel dürftig aus. Angaben über Abgaben würden der Geheimhaltung unterliegen.

Seit 2011 summiert sich die Steuerersparnis für die Casinos-Gruppe auf rund 150 Millionen Euro, errechneten die Neos. Die neuen Lizenzen gibt es jedoch bis heute nicht. In vergleichbaren EU-Märkten wurden die Glücksspielabgaben sogar erhöht, kritisiert Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn.

Auffallend – seit Reduzierung der Steuer weisen die Casinos die Bruttospielerträge (Einsätze der Spieler abzüglich ausbezahlter Gewinne), welche die Basis für die Steuer sind, in ihren Geschäftsberichten nicht mehr gesondert aus.

"Ein staatlicher Monopolist bekommt eine Steuerentlastung, die in der EU ihresgleichen sucht, während der Mittelstand immer mehr Steuern zahlen muss", empört sich Schellhorn. Er wettert über "schonungslose Steuergeldvernichtung" und ein staatlich verordnetes Monopol, "bei dem sich große Aktionäre weiterhin bedienen können. Während die Steuerzahler die Entschuldung und Sanierung des Glücksspielkonzerns mitfinanziert haben".

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