Gipfeltreffen: Eurobonds gegen Fiskalunion

Gipfeltreffen: Eurobonds gegen Fiskalunion
Eurobonds und mehr Geld von der EZB? Deutschland ist strikt dagegen und will die EU nun zu einer Fiskalunion umbauen.

Wenn das kein schlechtes Omen war: Das Flugzeug, mit dem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag von Berlin Richtung Straßburg abheben wollte, hatte einen Maschinenschaden. Also musste Merkel den Jet wechseln und kam daher verspätet zu ihrem Arbeitsmittagessen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Italiens Regierungschef Mario Monti.

Fiskalunion

Knapp zwei Stunden später präsentierten die EU-Granden ihre Ergebnisse: Einig sei man sich einzig, die nächsten Schritte in Richtung einer europäischen Fiskalunion zu gehen. Das heißt: Brüssel soll Eingriffsrechte in die nationalen Budgets bekommen. Die deutsche Kanzlerin hält es für untragbar, dass jedes Mitgliedsland selbst über Steuern und Ausgaben bestimmt, die Konsequenzen aber von der gesamten Währungsunion getragen werden.

Dass solch ein Schritt eine EU-Vertragsänderung, wahrscheinlich auch Referenden in einigen Mitgliedsländern bedinge, stört Merkel nicht. Vielmehr soll damit die Konstruktionsschwäche des Euroraums - das Fehlen einer politischen Union - Schritt für Schritt überwunden werden. Noch vor dem Brüsseler EU-Gipfel in zwei Wochen wollen Merkel und Sarkozy gemeinsam konkrete Vorschläge auf den Tisch legen.

Eurobonds

Merkel machte außerdem deutlich, wo die roten Linien Berlins sind, die nicht überschritten werden dürfen: Das betrifft einerseits den Vorschlag, dass die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt Staatsanleihen hochverschuldeter Staaten kaufen soll. Das, so meinte Merkel, sei kontraproduktiv, weil die EZB vor allem "für die Stabilität des Geldes zuständig" sei. Sarkozy gab klein bei, er will den Vorschlag nicht erneut zum Thema machen.

Ein rotes Tuch bleiben für Merkel die am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Eurobonds: Die Kanzlerin lehnt Anleihen, die gemeinsam von allen Euro-Staaten ausgegeben werden, vehement ab. Dies "wird uns alle schwächen", da die Voraussetzungen für Eurobonds nicht gegeben seien. Europa sei weit davon entfernt, gemeinsame Einnahmen- und Ausgabenpolitiken zu betreiben.

Viel leichter taten sich die EU-Granden dagegen bei der Frage, inwieweit Brüssel, konkret die EU-Kommission, künftig auf die Budgetpolitik der einzelnen Staaten einwirken darf.
Kommissionspräsident Barroso und Währungskommissar Rehn hatten vorgeschlagen, dass bereits ab kommendem Jahr die Finanzminister der Eurozone ihre Budget-Entwürfe noch im Oktober nach Brüssel schicken müssen. Die Kommission überprüft dann die Zahlen und kann Änderungen, sofern notwendig, erzwingen. Dafür soll die Kommission im Gegenzug ihre Argumente vor den nationalen Parlamenten vorbringen können.

Dürfen sie das?

Ist die EU-Kommission für solche Schritte und Eingriffe demokratisch überhaupt legitimiert? Das fragen sich viele Kritiker. Kommissions-Präsident Jose Manuel Barroso ist sehr wohl dieser Meinung. "Wenn wir eine gemeinsame Währung haben wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Staaten auch die unabhängigen Einrichtungen, die von den Staaten geschaffen wurden, akzeptieren", sagte er. Zu diesen Einrichtungen zählt Barroso die Kommission, den Europäischen Gerichtshof und die EZB.

Vertragsänderung

Was aber die von Merkel und Sarkozy geforderte Vertragsänderung letztlich bedeutet, ist derzeit noch nicht klar. Mitmachen müssten jedenfalls alle EU-Staaten, auch Großbritannien. Premier David Cameron hat sich in der Vorwoche in Berlin nicht mehr gegen eine EU-Vertragsänderung gesperrt. Im Gegenzug fordert er aber weitere britische Ausnahmen vom EU-Vertrag, etwa von der EU-Arbeitszeitrichtlinie.
Wie sich zeigt, verstehen Merkel und Cameron also unterschiedliche Dinge, wenn sie von EU-Vertragsänderungen sprechen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat Merkel deshalb bereits die Rute ins Fenster gestellt: Asselborn fragte Merkel in einem Schreiben, ob es ein "europäisches Ziel" sei, "inmitten der vielleicht schwierigsten Phase der Suche nach Stabilität in der Eurozone eine Debatte über wesentliche Vertragsänderungen zu führen". Wie Euro- und EU-kritisch Großbritannien derzeit eingestellt ist, kann man am Vorgehen der dortigen Bankenaufsicht ablesen. Diese verlangt von britischen Instituten, sich auf einen chaotischen Zusammenbruch der Eurozone vorzubereiten. Das Motto dabei: Die Banken müssen auch auf unwahrscheinliche, aber folgenschwere Szenarien eingestellt sein.

Angesichts der vielen Krisenthemen wird bereits eine Verlängerung des EU-Gipfels geplant: Am 8. Dezember zuerst das Treffen der Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten, am Abend und tags darauf dann der Spitzen aller 27 EU-Länder.

Eurobonds: Ein Heilmittel gegen die Krise

Grundidee Alle 17 Euro-Staaten geben gemeinsame Anleihen aus, entweder als Ersatz für die Anleihen von Einzelstaaten oder parallel zu ihnen. Sie werden auch "Stabilitätsanleihen" genannt.

Vorteil Ziel dieser gemeinsamen Euro-Anleihen soll es sein, die Zinslast von hoch verschuldeten Euro-Staaten zu senken und sie besser vor Spekulationen zu schützen.

Nachteil
Die Bonität der stabilen Euro-Staaten würde belastet. Finanzministerin Maria Fekter rechnet dann mit mehr als fünf Prozent Zinsen für Österreich - ein Drittel mehr Zinsen als jetzt.

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