Gewerbeordnung: Widerstand gegen eine wirkliche Reform

Farrier or Blacksmith busy with a horse's hoof.
Schwarze als auch Rote wunderten sich, als die Bundesregierung am 5. Juli nichts weniger als eine Totalreform der Gewerbeordnung ankündigten.

Doch die vollmundig angekündigte Reform, die am Mittwoch im Ministerrat abgesegnet werden soll, dürfte eine eher bescheidene Teilreform bleiben, und damit hinterm dem Konsens vom Juli. "Der Gesetzestext entspricht nicht der erhofften weitgehenden Reform", heißt es dazu aus dem Kanzleramt.

Statt der von der SPÖ vehement geforderten Halbierung der Zahl der reglementierten Gewerbe sollen nur die – nicht ganz so stark reglementieren – 21 Teilgewerbe frei gegeben werden.

Bis auf zwei Ausnahmen: Die Teilgewerbe Erdbau und Hufschmied (genauer: Huf- und Klauenbeschlag) sollen nicht zu freien Gewerben werden. Der Erdbau dürfte unter das Dach des Baumeister-Gewerbes schlüpfen. Der Hufschmied, für den es offenbar keinen adäquaten Platz gibt, könnte die Nummer 81 der reglementierten Gewerbe werden.

Sozialpartner bremsen

Die Bremser bei der Entrümpelung der Gewerbeordnung sitzen in beiden Regierungsparteien. In der schwarzen Reichshälfte wehren sich vor allem Wirtschaftsbund und in der Folge die Wirtschaftskammer, die regelmäßig den Abbau von Bürokratie einfordern, gegen allzu eifrige Reformen durch die Regierung.

Die SPÖ, die mit den Vorschlägen von Wirtschaftsminister und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner alles andere als zufrieden ist, hat allerdings auch viele Bremser in ihren Reihen, die solidarisch mit der Arbeitgeberseite sind.

So fürchtet etwa die Metallergewerkschaft, dass durch eine großzügige Freigabe von Gewerben die Qualität der Lehrlingsausbildung leidet. Außerdem würde, fürchten Arbeitnehmervertreter, die Zuordnung zu einem Kollektivvertrag schwieriger als bisher. Das wiederum würde Lohndumping Vorschub leisten.

Eine Lockerung bei den Qualifikationen und Voraussetzungen – die es nur bei reglementierten, aber nicht bei den freien Gewerben gibt – könnte außerdem zu einem Wildwuchs von vorwiegend ausländischen Ein-Mann-Unternehmen führen. Diese würden heimische Handwerksbetriebe massiv unter Preisdruck setzen, fürchten die Unternehmer.

In einem Punkt waren die Gegner allzu großer Reformen bereits erfolgreich. Die ursprüngliche Ankündigung, dass es für die 440 freien Gewerbe nur noch eine einzige Gewerbeberechtigung geben soll, ist wieder vom Tisch. Auf massiven Druck der Wirtschaftskammer, wie Insider wissen. Denn derzeit muss jeder Gewerbetreibende pro "Gewerbeschein" Grundbeiträge an die Kammer zahlen. Bei einer einzigen Berechtigung hätte die Kammer empfindliche finanzielle Einbußen.

Einigung dürfte es bei den sogenannten Nebenrechten – der Erbringung gewerbe-fremder Leistungen – geben. Künftig darf etwa ein Tischler 15 Prozent seines Umsatzes mit Fliesenlegen erzielen. Doch selbst diese Zahl war am Dienstag noch nicht endgültig fixiert.

"Die Reform erlebt zu allerheiligen termingerecht ein Begräbnis erster Klasse", ätzte Volker Plass von der Grünen Wirtschaft. Die Sozialpartner hätten eine echte Reform verhindert – denn sonst wären die "veralteten Strukturen der Wirtschaftskammer als auch das sinnlos aufgeblähte Kollektivvertragssystem der Gewerkschaft in Frage gestellt worden".

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