Gebrüder Stitch: Nach der veritablen Pleite schneidern sie neues Geschäftsmodell

Gebrüder Stitch probieren es ein zweites Mal mit Fremdkapital
Hippe Schneider wollen erneut viel Geld bei Investoren einsammeln, um teure Maßjeans zu produzieren. Ein Totalverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Es schien, als reiche ein Nähkurs allein aus, um die österreichische Textilbranche zu erobern. Die "tapferen Möchtegern-Schneiderleins" (so die Eigendefinition) der Gebrüder Stitch GmbH wurden jahrelang in TV-Talkshows, Zeitschriften und auf Events gefeiert, als hätten sie die Nähmaschine neu erfunden. Das Start-up brachte maßgeschneiderte "Bio-Jeans" unter die Leute – zu Preisen von 400 Euro pro Hose.

Finanziell verschnitten

Doch im vergangenen Juni riss den Selfmade-Schneidern der finanzielle Faden. Eine Kapitalerhöhung (650.000 Euro) kam nicht mehr zustande. Die Gebrüder Stitch schlitterten mit Bomben und Granaten in den Konkurs. Auch ihre Deutschland-Tochter und die Produktionsfirma Street Fair Factory, ein Joint-Venture mit der Caritas, wurden mitgerissen.

Alleine im Konkursverfahren der Gebrüder Stitch wurden laut Creditreform rund 1,236 Millionen Euro Gläubigerforderungen angemeldet. Doch die drei Pleiten haben die geschäftlichen Aktivitäten "der geschäftigen Brüder" nur kurz lahmgelegt.

Marke aus dem Konkurs gekauft

Die Gebrüder Stitch, sprich die Gründer Michael Lanner, Moriz Piffl, Nicolas Pöschl, Ex-Neos-Politiker Niko Alm und Daniel Jennewein (Humanic) sammeln schon wieder Geld bei Investoren ein. Mit ihrer im vergangenen Oktober gegründeten Firma "ants in your pants" (sieben Mitarbeiter) will das Quintett auf der Crowdfunding-Plattform Conda bis zu 249.000 Euro einwerben. Zwei Tage läuft das Angebot noch, bisher haben sie von 86 Investoren aber erst 78.200 Euro eingenommen. Detail am Rande: Die Marke "Gebrüder Stitch" und die beweglichen Vermögenswerte (Fahrnisse) haben sie über die Rasenreich GmbH schon früher zum Schnäppchenpreis von 18.500 Euro netto aus dem Konkurs herausgekauft.

Aus dem Hosenlabor

Künftig gibt es Jeans von der Stange, Halb-Maß-Jeans, die innerhalb von zwei Wochen gefertigt werden, und Maß-Jeans, deren Fertigung drei Wochen in Anspruch nimmt. Die Stangenjeans kosten künftig 140 bis 190 Euro, die Maßhose ist ab 360 Euro zu haben. Zum Maßnehmen muss man ins "Hosenlabor" in die Wiener Mariahilfer Straße kommen.

"Wir werden keine eigenen Shops mehr betreiben, sondern in Zukunft die Stangen-Jeans über das Internet und über ausgesuchte Handelspartner anbieten", sagt Geschäftsführer Werner Mitteregger im Gespräch mit dem KURIER. "Die Stangen-Jeans werden in kleineren Stückzahlen in Kroatien und in größeren in Polen hergestellt." Nachsatz: "Das neue Geld geht in die Entwicklung der Standardprodukte und in die Entwicklung der neuen Vertriebskanäle."

Heftig ausgerutscht

Mit der Pleitefirma habe man "alle Bananenschalen, auf denen man ausrutschen konnte", genützt, witzelt Manager Mitteregger. Man habe mittlerweile aus den Fehlern gelernt. Die Crowfunding-Plattform Conda warnt indes: "Der Erwerb dieser Vermögensanlage kann (...) zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen." Kein Wunder, handelt es sich doch um ein sogenanntes Nachrangdarlehen. Das heißt: Im Fall einer Pleite sehen Investoren, die sich am Unternehmen beteiligen, erst dann Geld, wenn alle übrigen Gläubiger bereits bezahlt wurden. Die Laufzeit des Darlehens beträgt sieben Jahre, die Basisverzinsung 4,5 Prozent pro Jahr. Dabei ist das Investment durchaus "verlockend": Wer 5000 Euro investiert, erhält als Dankeschön ein T-Shirt und zehn Prozent Rabatt auf jeden Einkauf.

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