Als große Hürden für den Aufschwung werden im WEF-Risikobericht hohe Arbeitslosigkeit in vielen Ländern und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich genannt. IWF-Chefin Christine Lagarde warnte im Vorfeld der Tagung, dass der Wohlstand immer ungerechter verteilt wird, während die Probleme von Armut und Arbeitslosigkeit nicht gelöst werden. Soziale Gerechtigkeit steht ebenso auf der WEF-Tagesordnung.

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Ankara

G-20-Treffen: Keine Rüge für China

Enttäuschung über globales Wachstum - Zinstief und billiges Geld sind zur Ankurbelung zu wenig.

09/05/2015, 07:11 PM

Chinas Konjunkturabschwung ist zwar ein Risiko für die Weltkonjunktur. Die 20 größten Wirtschaftsmächte vermeiden aber eine Rüge in Richtung Peking. Nur zwischen den Zeilen ließen die sogenannten G-20 bei ihrem Treffen in Ankara die Sorge um Chinas Konjunkturflaute durchblicken.

Ausnahmsweise standen einmal nicht die Europäer wegen der Griechenland- und Staatsschuldenkrise im Fokus. „Wir begrüßen die Stärkung der Wirtschaft in einigen Volkswirtschaften, aber das globale Wachstum bleibt unter unseren Erwartungen“, schreiben die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) am Ende in ihrer Erklärung diplomatisch.

Höhere Risiken

Die Risiken hätten zugenommen, insbesondere für die Schwellenländer, sagte Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde nach dem Meeting. Politische Maßnahmen seien deshalb noch dringlicher geworden seit dem vorangegangenen Treffen im April.

Dennoch fiel der Umgang mit den Chinesen eher sanft aus. „Hinter den Kulissen wird Klartext gesprochen, aber es wird niemand öffentlich an den Pranger gestellt“, fasste ein Unterhändler zusammen.

Mit Kurs zufrieden

Und das nicht nur, weil Peking schon vor der Ankara-Runde gebeten hatte, im G-20-Kommunique nicht gesondert erwähnt oder gar gerügt zu werden. Sondern auch, weil die Mehrzahl der G-20-Partner an der aktuellen Währungspolitik der kommunistischen Regierung und deren weiterer Marktöffnung eigentlich gar nicht so viel zu kritisieren hat. Die Hoffnung ruht auch auf den enormen Finanz-Reserven der Volksrepublik, um einen Einbruch abzufedern.

Einzig Japans Finanzminister Taro Aso soll am Rande mit den Chinesen härter ins Gericht gegangen sein - angesichts der Dauer-Spannungen zwischen beiden Ländern nicht verwunderlich. Allerdings glänzt Japan selbst nicht gerade mit blendender Konjunktur.

Chinas Finanzminister und Notenbanker stellten sich den kritischen Fragen durchaus selbstbewusst, berichteten Teilnehmer. Präzise hätten sie die Lage geschildert. Trotz massiver Zweifel vieler Ökonomen hätten die Chinesen auch klargestellt: Die für 2015 angepeilte Wachstumsrate zwischen 6,5 bis 7,0 Prozent werde schon geschafft. Das wäre allerdings dennoch das niedrigste Plus seit etlichen Jahren.

Renminbi als Reserve

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht unterdessen Chancen, dass Chinas Währung Yuan (Renminbi) bald zu einer Weltreservewährung aufsteigt und in absehbarer Zeit auch im Währungskorb des Internationalen Währungsfonds (IWF) landet. Das gilt vielen als ebenso wichtig wie der Beitritts Pekings zur Welthandelsorganisation WTO.

Schäuble bescheinigte Chinas Notenbank, zuletzt den Yuan-Kurs durchaus Richtung Marktentwicklung geführt zu haben. Auch deshalb sprach der deutsche Finanzminister schon im Vorfeld von einem „relativ entspannten Treffen“. Sein französischer und russischer Amtskollege blieben gleich ganz fern, ebenso die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen.

Die mächtigste Währungshüterin der Welt konnte es ihrem Stellvertreter überlassen, in Ankara die G-20-Partner über die von den USA angekündigte Zinswende und ein Ende der Politik des billigen Geldes zu informieren.

Zinswende kündigt sich an

In der Abschlusserklärung fassten die G20 das Ende der Niedrigzinspolitik ins Auge, das sich momentan in den USA anbahnt. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass im Einklang mit einer Aufhellung der Wirtschaftsaussichten eine Straffung der Geldpolitik in einigen Industrieländern wahrscheinlicher wird.“

Unmut gibt es hier vor allem im Lager der aufstrebenden Schwellenländer. Befürchtet wird ein Kapitalabfluss aus Ländern wie China oder Brasilien, wenn die Zinsen in den USA steigen und Geldanlagen dort wieder attraktiver werden. In der G-20-Erklärung ist nur davon die Rede, dass die Zinswende transparent erfolgen und klar kommuniziert werden soll.

Nicht Geldpolitik allein vertrauen

Die G20-Industrie- und Schwellenländer warnen angesichts der aktuellen Niedrigzinsen in den USA und im Euro-Raum davor, bei der Wachstumsförderung zu sehr auf die Geldpolitik zu setzen. Diese allein könne nicht für ausgewogenes Wachstum sorgen, hieß es im Abschlusskommunique. Vielmehr müsse auch die Wirtschafts- und Strukturpolitik dazu ihren Beitrag leisten.

Die G20 bekannten sich zu einer Wachstumsstrategie, in der stärkere Investitionen die Weltwirtschaft auf einen um zwei Prozent höheren Wachstumspfad führen sollen. Auf diesem Wege sei man bereits ein Stück vorangekommen.

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