Frauen als Führungskräfte: Österreich viertletzter von 28 EU-Staaten

Frauen sind in Führungsetagen weiterhin rar.
Spitzenreiter ist Lettland, wo 53 Prozent der Führungskräfte weiblich sind. Österreich bei 23 Prozent.

Österreich liegt beim Anteil der weiblichen Führungskräfte in Unternehmen mit nur 23 Prozent an viertletzter Stelle unter den 28 EU-Staaten. Nur Deutschland, Italien und Zypern (je 22 Prozent) liegen noch schlechter. Spitzenreiter ist Lettland, wo 53 Prozent der Führungskräfte weiblich sind. Lettland ist laut Eurostat-Daten vom Montag auch das einzige EU-Land mit einem Anteil von über 50 Prozent.

Hinter Lettland folgen Bulgarien und Polen (je 44 Prozent), Irland (43 Prozent), Estland (42 Perzent), Litauen, Ungarn und Rumänien (je 41 Prozent), Frankreich und Schweden (je 40 Prozent), Slowakei (38 Prozent), Spanien und Slowenien (je 37 Prozent), Großbritannien (36 Prozent), Finnland (34 Prozent), Portugal (33 Prozent), Dänemark, Malta und Tschechien (je 30 Prozent), Niederlande (28 Prozent), Luxemburg (24 Prozent), Belgien und Österreich (je 23 Prozent), sowie Deutschland, Italien und Zypern (je 22 Prozent).

Keine Zahlen lagen aus Griechenland und Kroatien vor. Der EU-Durchschnitt betrug - die Zahlen stammen aus 2014 - 35 Prozent. Die Unterschiede spiegeln sich auch im geschlechtsspezifischen Verdienstgefälle zwischen Frauen und Männern wieder. Dieses war in Rumänien mit nur 5 Prozent weniger Verdienst für weibliche Führungskräfte am geringsten.

In Ungarn lag es mit 33,7 Prozent am höchsten. Der EU-Durchschnitt betrug 23,4 Prozent. In Österreich verdienten Frauen als Führungskräfte um 26,9 Prozent weniger als Männer. Österreich lag damit an sechstschlechtester Stelle in der EU-28.

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Privatwirtschaft: Weiterhin hohe Lohnunterschiede

Frauen verdienen in der heimischen Privatwirtschaft weiterhin deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Das zeigt eine am Freitag veröffentlichte Analyse von Statistik Austria anlässlich des Frauentags am 8. März. Pro Stunde erhalten weibliche Beschäftigte um 21,7 Prozent weniger. Damit liegt Österreich bei der Einkommensschere über dem EU-Schnitt von 16,3 Prozent.

Der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern ist in den vergangenen Jahren zwar gesunken, allerdings immer noch groß: 2006 verdienten Frauen in der Privatwirtschaft noch 25,5 Prozent weniger. Die von der Statistik Austria veröffentlichten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2015. Analysen der Statistik Austria zeigen, "dass messbare Gründe wie Unterschiede nach Branchen und Berufen, in denen Frauen und Männer tätig sind, nur einen Teil des Lohnunterschiedes erklären".

Mehr Akademikerinnen

Aufgeholt haben Frauen laut den aktuellen Daten beim Bildungsniveau. Der Anteil der Akademikerinnen lag 2014 mit 17,3 Prozent leicht über dem der Männer mit 15,1 Prozent. Die Erwerbstätigenquote der 15- bis 64-jährigen Frauen erhöhte sich von 61,1 Prozent im Jahr 2005 auf 67,1 Prozent zehn Jahre später. Bezogen auf die berufliche Tätigkeit übten 2015 jedoch nur 3,8 Prozent der unselbstständig erwerbstätigen Frauen eine führende Tätigkeit aus. Bei den Männern waren es dagegen 8,9 Prozent.

Selbst bei gleichen Bildungsabschlüssen waren Frauen seltener in Führungspositionen vertreten. Besonders deutlich wird dies bei Akademikern: Hier übten 22,6 Prozent der Männer, aber nur 8,4 Prozent der Frauen eine führende Tätigkeit aus. Weitere Unterschiede zeigen sich nach Branchen. Im Jahr 2015 arbeiteten 24,9 Prozent der unselbstständig erwerbstätigen Männer in der Herstellung von Waren. Frauen waren dagegen besonders häufig im Handel (18,4 Prozent) und im Gesundheits- und Sozialwesen (17,1 Prozent) beschäftigt.

Zudem gehen laut Statistik immer mehr Frauen einer Teilzeitbeschäftigung nach. Der Anteil stieg von 39,5 Prozent (2005) auf 47,4 Prozent (2015). Damit ist fast die Hälfte der Frauen teilzeitbeschäftigt. "Die verstärkte Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt ist auch ausschließlich auf die steigende Zahl von Teilzeitjobs zurückzuführen", heißt es laut Statistik Austria. Bei den Männern zeige sich zwar ebenfalls eine Zunahme der Teilzeitbeschäftigung, diese ist aber nach wie vor geringer.

Vor allem Frauen mit Kindern unter 15 Jahren sehen in Teilzeitbeschäftigung häufig die einzige Möglichkeit, neben den Betreuungsaufgaben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Im Jahr 2015 waren 74,5 Prozent der aktiv erwerbstätigen Frauen (also ohne Elternkarenz) im Alter von 25 bis 49 Jahren mit Kindern unter 15 Jahren teilzeitbeschäftigt. Bei Männern waren es 6,6 Prozent. Teilzeitbeschäftigung von Frauen wird daher häufig als eine Ursache für die großen Lohnunterschiede angeführt. Im EU-Vergleich zählt Österreich zu den Ländern mit den größten Lohnunterschieden, vergleicht man die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft. Trotz eines Rückgangs des Gender Pay Gap von 25,5 Prozent (2006) auf 21,7 Prozent (2015) liegt man weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt von 16,3 Prozent. Schlechter liegen nur Estland als Spitzenreiter, gefolgt von Tschechien und Deutschland. In Schweden oder Dänemark liegt der Gender Pay Gap dagegen, trotz vergleichbar hoher Werte bei Erwerbsbeteiligung und Teilzeitbeschäftigung der Frauen, unter dem EU-Durchschnitt.

Ein Grund für die hohen Einkommensunterschiede ist laut Statistik Austria die Berufswahl, da Frauen öfter in schlechter bezahlten Dienstleistungsberufen und in Branchen mit geringeren Verdienstmöglichkeiten arbeiteten als Männer. Das Dilemma: In Summe führten die niedrigeren Erwerbseinkommen und Versicherungsverläufe, etwa durch Kindererziehung, auch zu niedrigeren Pensionen und anderen sozialen Risiken.

"Wir sind nach wie vor weit von einer paritätisch besetzten Geschäftsführung entfernt", konstatiert Elfriede Baumann von EY. Seit zwei Jahren tut sich puncto Frauenanteil kaum etwas - es ist sogar schlechter geworden: Heuer glauben nur mehr 43 Prozent der befragten Unternehmen, dass ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen den Unternehmenserfolg positiv beeinflusst. 2016 sah noch eine knappe Mehrheit von 51 Prozent einen Zusammenhang.

Baumann ist zweckoptimistisch: "Der positive Aspekt dieses Ergebnisses ist, dass immer noch deutlich mehr Betriebe einen Zusammenhang zwischen einem höheren Anteil von weiblichen Führungskräften und dem Unternehmenserfolg sehen als tatsächlich Frauen in der Geschäftsführung beschäftigen oder die Karriere von Frauen aktiv fördern."

Lediglich 23 Prozent der befragten Unternehmen gaben bei der jüngsten EY-Befragung an, Frauen aktiv zu fördern. 2016 waren es noch 25 Prozent gewesen. Besonders hoch ist der Anteil bei großen Firmen mit mehr als 100 Mio. Euro Jahresumsatz (34 Prozent). In kleinen Unternehmen mit weniger als 30 Mio. Euro Umsatz betreiben nur 19 Prozent aktive Frauenförderung.

Was aktive Frauenförderung ist, wird höchst unterschiedlich gesehen: Spezielle Trainings werden ebenso angeführt wie flexible Arbeitszeitmodelle (je 10 Prozent). 6 Prozent versuchen, die Gehaltsunterscheide zwischen Frauen und Männern in gleicher Position zu minimieren.

Mehr als jedes dritte Unternehmen hat nach eigenen Angaben Probleme bei der Suche nach weiblichen Fachkräften. Besonders schwer tun sich Elektrotechnikbetriebe (52 Prozent) und der Kraftfahrzeugbau (50 Prozent).

Der Frauenanteil in Führungspositionen indes ist bei kleinen Unternehmen deutlich größer. Die Unternehmen mit bis zu 30 Mio. Euro Umsatz beschäftigen im Schnitt 20 Prozent Frauen in Führungspositionen, bei mittleren Betrieben mit 30 bis 100 Mio. Euro Umsatz beträgt die Quote 16 Prozent und bei großen Konzernen nur 13 Prozent. "Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass kleinere Unternehmen im Bemühen um Fachkräfte kreativer und flexibler sein müssen als größere Unternehmen. Sie können es sich daher nicht leisten, Frauen an die gläserne Decke stoßen zu lassen", so Baumann.

Im Bundesländervergleich haben Wiener Unternehmen mit 24 Prozent den höchsten Frauenanteil in der Chefetage. Schlusslicht ist Vorarlberg mit 13 Prozent.

SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek kämpft weiterhin für eine Frauenquote in der Politik und mehr Gehältertransparenz. Anlässlich des diesjährigen Frauentags stellen die SPÖ-Frauen das Thema Arbeit und den Wandel am Arbeitsmarkt ins Zentrum. Überzeugt zeigte sie sich davon, dass die Sozialpartner die 1.500 Euro Mindestlohn vereinbaren werden.

Ein großes Thema ist für Heinisch-Hosek die Lohntransparenz: "Wir wollen über Geld sprechen", man soll wissen, was jemand im Unternehmen verdient, um Ungerechtigkeiten zu verhindern, betonte sie. Positiv hob die Frauenchefin hier auch den Plan der Regierung für eine Frauenquote in den Aufsichtsräten von Großunternehmen hervor. Ziel der Quotenregelung sei es, mehr Frauen in Toppositionen zu bringen.

"Das muss sich natürlich auch im Parlament widerspiegeln", verwies die frühere Frauenministerin auf die geplante Enquete zum Wahlrecht. Dass das Thema Frauenquote in der Politik in die Enquete ausgelagert wurde und sich nicht in den aktuell geplanten Neuerungen zum Wahlrecht wiederfindet, sei bedauerlich, räumte Heinisch-Hosek ein: "Ja, es ist schade, aber zumindest ist das Thema nicht gleich abgewürgt worden." Hier appellierte sie vor allem an ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka, denn die "guten, fähigen Frauen sind längst in der Warteposition". Auch bei der eigenen Partei gebe es Verbesserungsbedarf, meinte die Frauenchefin. Die Enquete sei aber nun "zumindest ein Schritt".

Die SPÖ-Frauen starten zum Frauentag die diesjährige Frühjahrskampagne, die sich dem Schwerpunktthema Arbeit und Digitalisierung widmet. "Manche Tätigkeiten können ersetzt werden, Frauen müssen damit rechnen, dass sie durch Umschulungen oder Weiterbildungen künftig eine andere Tätigkeit ausüben", stellte Heinisch-Hosek fest. Bei Straßenaktionen - als Blickfang wird ein Aufsteller in Roboterform dienen - will man mit Passantinnen ins Gespräch kommen und die Botschaft aussenden: "Auch in Zukunft wird es Menschen brauchen, aber manche Bereiche werden sich durch Automatisierung und Digitalisierung ersetzen lassen."

Im Vordergrund der Diskussionen sollen dabei die frauenpolitischen Maßnahmen aus dem "Plan A" von SPÖ-Chef Christian Kern stehen. Heinisch-Hosek nannte hier etwa den geplanten Mindestlohn in Höhe von 1.500 Euro. "Ich vertraue hier auf die Sozialpartnerschaft und gehe davon aus, dass sie es schaffen und nicht die Regierung gesetzliche Maßnahmen ergreifen muss", so die Frauenchefin.

Der Verein "Female Founders" will Frauen in Start-ups vernetzen und Frauen unterstützen, die an Start-ups interessiert sind. Im Schnitt sind derzeit rund 10 Prozent der Gründer von Start-ups weiblich, diese Zahl soll erhöht werden. "Leider gibt es auch bei Start-ups einen Gender Gap", sagte Lisa-Marie Fassl vom Verein am Montag bei einer Pressekonferenz mit Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP).

Der von drei Jungakademikerinnen getragene Verein "Female Founders" (http://www.femalefounders.at) ist aus dem Wissenstransferzentrum Ost herausgewachsen und besteht nun seit fast einem Jahr. Lisa-Marie Fassl, Tanja Sternbauer und Nina Wöss haben mit einer Online-Umfrage mehr über jene Frauen herausgefunden, die ein Start-up gründen wollen oder schon gegründet haben.

Über 200 Frauen haben Einblick in ihren Background, ihre Motive und Hoffnungen gegeben, davon 85 Gründerinnen und 115 zukünftige Gründerinnen. Der Großteil der Befragten hat ein abgeschlossenes Studium, über 10 Prozent sogar ein Doktoratsstudium bzw. einen PhD. Ihre Ausbildungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kunst, Wirtschaftswissenschaften und Geisteswissenschaften. Entsprechend dazu war die inhaltliche Ausrichtung der Gründungen oder Gründungsvorhaben in den Bereichen Kunst und Kultur, Consulting sowie der Medien- und Kreativwirtschaft.

Als Motivation wird von den Gründerinnen und künftigen Gründerinnen primär Selbstverwirklichung genannt, noch vor dem Vorteil, die eigene Chefin zu sein und flexible Zeiteinteilung zu haben. Auch eine "geniale Idee" wird als Motiv genannt, gefolgt von dem Argument, bisher keinen passenden Job gefunden zu haben und sich daher auf eigene Beine zu stellen. Verschwindend gering wurde von den befragten Frauen die Hoffnung auf ein hohes Einkommen als Motiv für die Gründung eines Unternehmens genannt.

Von den befragten Frauen, die bereits gegründet haben, starteten 78 Prozent als Ein-Personen-Unternehmen. Im Lauf der Zeit habe sich die Größe des Unternehmens kaum verändert. Die Mehrheit der künftigen Gründerinnen (59 Prozent) will jedoch im Team gründen. Laut bisherigen Studien seien gemischte Teams, also Frauen und Männer gemeinsam, in neu gegründeten Unternehmen am erfolgreichsten, erläuterte Fassl. Unterstützung suchen die Gründerinnen in den Gebieten Betriebswirtschafts- und Rechtsgrundlagen, Kommunikations-und Verhandlungssicherheit sowie in der Vernetzung und im Erfahrungsaustausch.

Als größte Hürden werden von den angehenden Gründerinnen das Fehlen finanzieller Mittel, zu wenig Mut und Erfahrung genannt - weshalb die Mehrheit der Befragten bereits seit mehr als sechs Monaten mit der Umsetzung ihrer Idee wartet. Demgegenüber ticken Männer meistens anders: Sie präsentieren sich selbstbewusster und entschlussfreudiger und gehen mehr Risiken ein. Der geringe Frauenanteil in der Start-up-Szene wird von der Mehrheit der befragten Gründerinnen auf gesellschaftliche und kulturelle Faktoren (fehlende Rollenvorbilder, Probleme bei Kinderbetreuung) zurückgeführt.

Als Ergebnis haben die "Female Founders" fünf Handlungsfelder identifiziert, um Frauen unter die Arme zu greifen: Vernetzung und Empowerment, das Unternehmertum schon in der Schule sowie an Hochschulen Frauen nahezubringen, mehr Frauen für Investments in Start-ups zu begeistern ("Business Angelinas") und die Vereinbarkeit von Familie und Gründung zu verbessern. Der Verein selber bietet zur Vernetzung von Gründerinnen Veranstaltungen und eine Plattform sowie Mentoring mit erfolgreichen Gründerinnen an. Im Sommer soll ein "Boot Camp" für Frauen als Start-up-Gründerinnen stattfinden.

Familien- und Jugendministerin Karmasin will die Initiative vor den Vorhang bringen und unterstützen. Ihr liege insbesondere das Thema der Vereinbarkeit von Familie mit Beruf am Herzen, hier habe sie in den vergangenen Jahren für Mütter und Väter einige Verbesserungen erreicht, betonte sie bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit "Female Founders" anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März.

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