Frankreich: Hollandes Milliardenloch

Frankreich: Hollandes Milliardenloch
Weniger Steuereinnahmen und weniger Wachstum: Frankreichs neuer Präsident muss seine Wahlversprechen wohl bald brechen.

Der französische Rechnungshof schlägt Alarm: Wegen wegbrechender Steuereinnahmen droht Frankreich seine Ziele im Kampf gegen die hohe Staatsverschuldung zu verfehlen. Allein in diesem Jahr muss der neue sozialistische Präsident François Hollande zwischen sechs und zehn Milliarden Euro zusätzlich einsparen. Ursache ist das schwächere Wirtschaftswachstum.

Sollte es Hollandes Regierung nicht schaffen, das Haushaltsloch zu stopfen, wird das Land nach Einschätzung des Rechnungshofes seine internationalen Sparzusagen nicht einhalten können. Die Aufgabe sei anspruchsvoll, aber lösbar, kommentierten die Finanzkontrolleure am Montag ihren Kassensturz. Die sozialistische Regierung kündigte für Mittwoch einen Nachtragshaushalt an, der unter anderem Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Großunternehmen vorsehen soll.

Regierung will Haushaltszusagen einhalten

Frankreich hatte seinen internationalen Partnern noch unter der Präsidentschaft von Hollandes konservativem Vorgänger Nicolas Sarkozy versprochen, das nach EU-Regeln viel zu hohe Haushaltsdefizit herunterzufahren. In diesem Jahr soll es von 5,2 auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt sinken, im nächsten Jahr dann auf die nach EU-Vorgaben erlaubte Marke von drei Prozent.

Die neue Regierung werde sich an die Zusagen halten und bereits am Mittwoch einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr vorlegen, bekräftigte Premierminister Jean-Marc Ayrault am Montag. Spitzenverdiener und Unternehmen müssten sich wie vom Präsidenten angekündigt auf stärkere Belastungen einstellen. Gleichzeitig solle der Rotstift in der Ausgabenpolitik angesetzt werden.


Wahlversprechen in Gefahr

Die Franzosen warten gespannt, ob Präsident Hollande trotz der angespannten Haushaltslage sämtliche Wahlversprechen erfüllen kann. Er hat neben Steuererhöhungen für Reiche auch angekündigt, die unter Sarkozy beschlosse Erhöhung der Mehrwertsteuer (TVA) rückgängig zu machen. Der Rechnungshof sieht das allerdings offensichtlich kritisch. "Eine zumindest zeitlich befristete Erhöhung könnte notwendig sein", schreiben die Finanzkontrolleure. Ein anderer Ansatzpunkt sei beispielsweise die allgemeine Sozialsteuer (CSG), die auf nahezu alle Einkommensarten erhoben wird.

Die Lücke im aktuellen Haushalt bezifferte der Rechnungshof am Montag auf sechs bis zehn Milliarden Euro, die in den Planungen für 2013 auf rund 33 Milliarden Euro - bei einem Wirtschaftswachstum von dann einem Prozent. Die neue längerfristige Strategie zum Defizitabbau soll Mitte Juli im Parlament diskutiert und dann im Herbst beschlossen werden.

Für den riesigen Fehlbetrag in der Haushaltsplanung ist vor allem die negative Konjunkturentwicklung verantwortlich. So musste die Regierung zuletzt mehrmals ihre Wachstumsprognosen herunterschrauben. Aktuell wird für das laufende Jahr nur noch ein Plus von 0,4 Prozent statt 0,7 Prozent erwartet. Im ersten Quartal stagnierte die Wirtschaft sogar. Frankreich hat wegen seines hohen Staatsdefizits bereits im Jänner die Topbonitätsnote "AAA" der Ratingagentur Standard & Poor's verloren. Für 2013 schraubten die Experten ihre Erwartungen auf 1,0 Prozent von zuvor 1,75 Prozent zurück.

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