Frachtschifffahrt: Angeheuert, ausgebeutet

Frachtschifffahrt: Angeheuert, ausgebeutet
Die Gewerkschaft prangert die Ausbreitung illegaler Arbeitsverträge bei der Ersten Donau Dampfschifffahrtsgesellschaft an.

Fahrfehler" lautete die Diagnose des jüngsten Unfalls eines Frachtschiffs auf der Donau: Bei Melk war ein Schubschiff aufgelaufen und leckgeschlagen – der vierte solche Unfall innerhalb eines Jahres. Für Robert Hengster von der Gewerkschaft vida ist das kein Zufall.

Denn die Erste Donau Dampfschifffahrtgesellschaft (EDDSG), die die Frachtschiffe betreibt, kündige die die letzten österreichischen Kapitäne. Sie beschäftige fast ausschließlich billige Matrosen und Kapitäne, für die sie in keinem Land der EU Sozialabgaben und Lohnsteuern zahle. Unter Umgehung aller arbeitsrechtlichen Vorschriften werkten fast 600 Personen – viele aus der Ukraine – als Taglöhner auf den Frachtern: Etwa 86 Euro am Tag bekommen sie. "Gearbeitet wird 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Wer krank wird, muss gehen", prangert Hengster die unmenschlichen Arbeitsbedingungen an.

Erschlichen

Was für den Gewerkschafter das Schlimmste ist: "Visa mit illegalen Zusätzen". Die Ukrainer, die über den Subunternehmer, die ungarische Personalbereitstellung "Human Shipping", Budapest, angeworben werden, bekommen Visa für Drittstaatenausländer, ausgestellt von deutschen Botschaften, etwa in Belgrad, für die Arbeit in Deutschland. Das Problem: Die Visa enthalten einen handschriftlichen Zusatz, wonach das Dokument zur Arbeitsaufnahme bei einem österreichischen Unternehmen oder seiner ungarischen Tochter verwendet werden kann. "Das ist ein erschlichenes Visum", sagt Hengster deutlich.

Bis zum Umfallen

Und die Arbeitsverträge der Frachtschiffer sind laut Hengster genauso illegal. Denn sie basierten auf falschen Angaben, kritisiert der Gewerkschafter. Ausgestellt sind diese Verträge von der Briefkastenfirma Margolo in Limassol, Zypern – und zwar für die Hochseeschifffahrt. Der Vorteil für die EDDSG: Zypern besteuert die Leistung der Arbeitnehmer in der Hochseeschifffahrt.

"Die Frachter fahren aber nicht auf hoher See", ärgert sich Hengster über die falschen Angaben in den Arbeitsverträgen. Die EDDSG zahlt auf diese Art nicht nur keine Lohnsteuern, sondern gleich überhaupt keine Sozialabgaben. Die Matrosen und Kapitäne mit diesen Arbeitsverträgen seien weder sozial- noch pensionsversichert, sagt Hengster.

"Die arbeiten bis zum Umfallen. Dann werden sie ausgetauscht. Es kommt der Nächste, der ausgebeutet wird", betont der Gewerkschafter. Angst vor Kontrolle müsse das Frachtschiff-Unternehmen, das seit 2010 dem ukrainischen Oligarchen Konstyantin Zhevago gehört, keine haben. Denn in jedem Land, in dem einer der Frachter von Behörden geprüft werde, werde behauptet, Abgaben und Steuern würden in einem anderen Land bezahlt. Bei der EDDSG war dazu keine Stellungnahme zu bekommen.

Hengster will dem Treiben nicht länger untätig zusehen und hat an alle zuständigen Ministerien in Österreich und Deutschland geschrieben. Die Beamten sollen etwas unternehmen, um das Sozialdumping auf der Donau zu beenden.

Kommentare