Finanzminister braucht langen Atem

Entspannung vor dem Meeting-Marathon: Michael Spindelegger beim Lauf durch die Nationalpromenade Washingtons – "The Mall".
Welche Aufgaben Michael Spindelegger lösen muss. Von Nulldefizit bis Hypo.

Washington im Morgengrauen: Vor dem Meeting-Marathon rund um die Weltbankkonferenz gönnt sich Finanzminister Michael Spindelegger eine Joggingrunde durch die Stadt. Aber auch daheim wird er einen langen Atem brauchen. Nur wenige seiner Vorhaben werden Schönwetter-Schlagzeilen machen. Nach heftigen politischen Turbulenzen hatte man im Winter noch einen baldigen Rückzug des Vizekanzlers und ÖVP-Chefs (nach Brüssel) erwartet. Nun dürfte er bleiben und hält am 29. April seine Budgetrede im Parlament. Das sind seine Hauptaufgaben:

Budget Alle Ministerien müssen den Gürtel drastisch enger schnallen. Es werden nicht nur die Ermessensausgaben heuer um 500 Millionen und nächstes Jahr um 300 Millionen Euro gekürzt, es wird auch kaum mehr möglich sein, Rücklagen zu bilden und diese dann für Sonderprojekte im folgenden Jahr aufzubrauchen. Besonders haarig ist das im Schulbereich. Seit Jahren beklagen Finanzminister, dass die Länder den Bund bei der Lehrerzahl über den Tisch ziehen, die Kosten laufen davon. Das muss nun Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek reparieren. Eine Empörungslawine ist garantiert.

Obwohl der Internationale Währungsfonds Österreich nicht mehr zutraut, 2016 ein Nulldefizit zu erreichen, ist der Minister wild entschlossen, dieses Ziel einzuhalten. Dazu zählt auch ein Aufnahmestopp im Bundesdienst. Ausnahmen: Lehrer, Polizei, Justiz. Nulllohnrunden für Beamte wird es aber nicht geben.

Strukturreform Mit den Ländern um Reformen zu ringen, bedeutet das Bohren harter Bretter. Einige von ihnen, etwa Wien, haben für ihre Landesbeamten noch nicht einmal die Schüssel’sche Beamtenpensionsreform vollständig vollzogen, geben für diesen Bereich also viel mehr als nötig aus.

Einen kleinen Trumpf hat der Finanzminister in der Hand: Jetzt starten die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern für den Finanzausgleich. Der jetzige läuft 2016 aus. In Diskussion ist eine Steuerhoheit für Länder, was Kärnten und Burgenland aber benachteiligen würde, weil sie einen besonders hohen Anteil an Niedrigverdienern unter ihren Landesbürgern haben.

Die Universitätsfinanzierung soll neu ausgerichtet werden – in Richtung Studienplatzfinanzierung. Mehr Studenten müssten damit theoretisch mehr Geld bedeuten. Oder umgekehrt: Platzbeschränkungen, wie sie in einigen überlaufenen Fächern schon existieren. Die exakte Zahl (ohne Karteileichen) lässt sich nur mit Studiengebühren eruieren, die die ÖVP befürwortet. Spindelegger hofft, die SPÖ davon zu überzeugen. Umgesetzt würde dies aber erst in der nächsten Legislaturperiode.

Banken Im Mai trifft sich der Finanzminister mit den Bankenchefs. Sie verlangen eine Gegenrechnung der neuen europäischen Bankenabgaben (für Konkurs-Vorsorge und Einlagensicherung) mit der österreichischen Bankensteuer, die im internationalen Vergleich hoch ist. Zum Vergleich: Die heimischen Institute zahlen 640 Millionen Euro Banken-steuer jährlich. Im zehn Mal größeren Deutschland müssen sie 513 Millionen berappen. Das Problem: Für die SPÖ ist es schon aus symbolisch-ideologischen Gründen unmöglich, diese Steuer zu opfern. Es wird schwierig, eine für alle Seiten tragbare Lösung (bzw. Formulierung) zu finden.

ÖIAG Die staatliche Unternehmensholding soll aufgewertet, entpolitisiert und "Standortmanager" werden, indem sie Risikokapital für Unternehmensgründungen bereitstellen soll. Künftig könnten ihr noch mehr Unternehmen einverleibt werden, doch darüber herrscht ein Tauziehen zwischen Rot und Schwarz. Ihre Zustimmung, den Verbund in die ÖIAG zu integrieren, wird die ÖVP nur geben, wenn auch die Asfinag dazukommt, was wiederum die SPÖ abwehrt (dies würde einen Machtverlust des roten Verkehrsministeriums mit sich bringen).

Weitgehende Einigkeit gibt es aber darüber, die "Münze" sowie die Casinos in die ÖIAG einzubringen. Außerdem gibt es die Idee, hier einen "Österreich-Fonds" für Forschungsförderung anzusiedeln. Man will u.a. Stiftungen motivieren, einen Teil ihrer Erlöse dafür zur Verfügung zu stellen.

Hypo Die Hypo wird vom Finanzministerium in die ÖIAG verlagert. "Weg von der Politik, hin zu internationalen Profis", ist das hoffnungsvolle Credo Spindeleggers. Das Thema aus dem politischen Rampenlicht zu bringen, dürfte wohl auch eine Rolle spielen. Spindelegger setzt auf einen raschen Abbau in Form einer Kapitalgesellschaft, dafür wird demnächst ein Sondergesetz im Parlament beschlossen. Kärnten muss einen Beitrag leisten, ebenso wie die Gläubiger(Risiko-Investoren) und Alteigentümer. Derzeit laufen diskrete Verhandlungen mit dem Vorbesitzer Bayern. Man hofft auf einen Generalvergleich, andernfalls müssen auch die Bayern mit endlosen Rechtsstreitigkeiten rechnen, bevor sie ihr Geld zurückbekommen. Bis Mitte 2015 müssen die sechs Osteuropatöchter verkauft werden.

Steuern Eine Steuerentlastung, die angesichts der exorbitant hohen Einkommensbesteuerung notwendig wäre, kann der Minister wegen des Sparkurses nicht sofort umsetzen. Er verspricht eine größere Strukturreform, die aber noch in den Sternen steht.

Österreich gehört zu jenen Ländern in Europa, die für eine Finanztransaktionssteuer kämpfen – sie kommt aber wohl nicht vor 2016 und sicher ohne Briten. Die neue Steuer bringt politischen Applaus, Einnahmen fürs Budget, aber Nachteile für den ohnehin schwachbrüstigen Börseplatz Wien. Doch Spindelegger will sich explizit um den Finanzplatz Österreich kümmern. Lorbeer von den Bürgern kann er dafür nicht erwarten, Banken gelten seit der Finanzkrise als Buhmänner.

Weltbank- und Währungsfondstagung
Michael Spindelegger nahm bis Samstag an der Weltbanktagung in Washington teil. Die anwesenden Finanzminister erwarten einen Konjunkturaufschwung, der aber von der Ukraine-Krise zunichte gemacht werden könnte. Dem Land droht die Staatspleite, daher wurden Milliardenhilfen aus dem Internationalen Währungsfonds vereinbart, wenn sich die Ukraine an Auflagen hält. Erfolg für Österreich: Der IWF eröffnet in Wien ein Südosteuropa-Büro, für das sich auch Deutschland und Frankreich beworben hatten.

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