Fernwärme Wien: Prozess um illegale Preisabsprachen

Rund um die Fernwärme Wien/Wien Energie sind noch weitere Ermittlungsverfahren anhängig, die noch nicht abgeschlossen sind
13 Angeklagte, darunter vier Ex-Mitarbeiter der Fernwärme Wien, stehen ab Montag vor Gericht.

Einer der brisantesten Vergabeskandale rund um die Stadt Wien steht ab Montag auf dem Spielplan im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wien. Dreizehn Personen, darunter vier Ex-Mitarbeiter der Fernwärme Wien (Wien Energie), müssen sich vor Richter Christian Böhm wegen illegaler Preisabsprachen bei Auftragsvergaben nach Paragraf 168b des Strafgesetzbuches verantworten. Zugleich sind fünf namhafte heimische Anlagenbaufirmen nach dem Unternehmensstrafrecht angeklagt. Die Angeklagten und die Firmen werden von einer Riege sehr namhafter österreichischer Strafverteidiger vertreten, die schon in den Strafprozessen rund um die Telekom, die Nationalbanktochter OeBS und die Hypo Alpe Adria Bank sowie im Swap-Linz-Strafverfahren tätig waren. Den Verdächtigen drohen bis zu drei Jahre Haft, den Firmen hohe Geldbußen.

Im Mittelpunkt steht die Vergabe von Rahmenverträgen für den Bau von Fernwärmeleitungen in den Jahren 2011 bis 2014. Das Auftragsvolumen lag zwischen 40 und 50 Millionen Euro. „Die Absprachen dienten dazu, dass bestimmte Bieter zum Zug kommen“, bestätigt Richter Thomas Spreitzer im Gespräch mit dem KURIER. „Es wurden Informationen aus einem zweistufigen Vergabeverfahren weitergegeben, die üblicherweise geheim sind.“ Richter Böhm hat zwei Strafanträge, so nennt man Anklagen vor dem Einzelrichter, zu einer Hauptverhandlung zusammengefasst. Acht Verhandlungstage sind bereits anberaumt.

Glaubt den beiden Anklagen von Staatsanwalt Bernhard Weratschnig, sollen geheime Angebotsdaten aus der Fernwärme über verschiedene Kanäle bei zumindest fünf Firmen gelandet sein: per Telefon, per eMail, per Schmierzettel, per USB-Stick und bei persönlichen Treffen. Vor der entscheidenden zweiten Verhandlungsrunde, bei der die Firmen ihre Preise nachbessern konnten, sollen „die Angebote sämtlicher Mitbewerber“, sprich die sogenannten Preisspeigel, bestimmten Anlagenbauern zugespielt worden sein.

„Wir trafen uns im Café Aida in Wien-Floridsdorf und S. hat mir einen USB-Stick mit dem Preisspiegel überreicht“, sagte Ernst L., Projektleiter einer oberösterreichischen Anlagenbaufirma aus. Mit den illegalen Daten konnten unliebsame Konkurrenten, wie die Firma PPP Peter Peninger Pipelines, unterboten werden. „Unser Mandant Ernst L. wird sich geständig verantworten“, sagt Anwältin Daniela Leitner, von der Kanzlei Prochaska Havranek, zum KURIER. Zum Teil dürften sich auch die Ex-Mitarbeiter der Fernwärme schuldig bekennen. Diesen Schlussfolgerung kann man zumindest in zwei Fällen aus den Einvernehmen der Beschuldigten durch Ermittlungsbehörden schließen.

54,84 Millionen Euro Schaden

Indes sieht sich der Unternehmer Peter Peninger als Hauptopfer. „Ich habe mich immer gewundert und mich unzählige Male bei der Wien Energie darüber beschwert, dass meine Konkurrenten über Jahre meine Angebote auf den Cent genau kannten“, sagt Peninger zum KURIER. Er löste die späteren Ermittlungen aus.

Letztendlich schlitterte aber seine Firma Peter Peninger Pipelines (100 Mitarbeiter) Anfang 2012 in den Konkurs. Der Grund: Die Fernwärme war von den Aufträgen zurückgetreten und hatte die Zahlungen eingestellt. Laut PPP-Masseverwalter Michael Lentsch war „keiner dieser Vertragsrücktritte gerechtfertigt“. Der Masseverwalter hat sich dem Strafverfahren mit einem Schaden in Höhe von 54,84 Millionen Euro angeschlossen.

Aber auch die Wien Energie sieht sich geschädigt. Sie hat sich schon vor längerer Zeit aufgrund der Causa von sieben Mitarbeitern getrennt und einen Millionen-Schaden als Privatbeteiligter im Strafverfahren angemeldet. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind noch mehrere Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit der Fernwärme Wien/Wien Energie anhängig, die dem Vernehmen nach noch nicht abgeschlossen sind.

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