Faymann: "Jetzt darf Europa beim Sparen nicht nachlassen"

Faymann: "Jetzt darf Europa beim Sparen nicht nachlassen"
Nach Polit-Beben in Athen und Paris warnt der Regierungschef vor einem leichtfertigen Kurswechsel. Für die deutsche Kanzlerin Merkel steht der Fiskalpakt "nicht zur Diskussion".

Bei führenden Politikern in Europa herrscht Alarmstimmung nach den Polit-Beben in Athen und Paris – so auch bei Bundeskanzler Werner Faymann. Er mahnt, dass Europa jetzt beim Sparen nicht nachlassen dürfe. Denn, so Faymann im KURIER-Gespräch: "Wir wollen unabhängig von Finanzmärkten sein." Ohne Schuldenbremse gebe es kein Geld für Beschäftigung, Bildung und Forschung. Natürlich müsse dafür auch gleichzeitig in ein Wachstumspaket investiert werden. Geld dafür erhofft sich Faymann aus einer neuen Finanztransaktionssteuer, aus Mitteln der Europäischen Investitionsbank und aus dem Durchforsten der Haushaltsbudgets.

 

Sollten sich die Griechen gegen diesen Kurs entscheiden und die Eurozone verlassen, müssten sie auch die Konsequenzen tragen. Das hieße auch, dass ihre Sparbücher gefährdet seien und man für Kredite deutlich höhere Zinsen zahlen müsse – denn die seien ja in Euro aufgenommen worden, in Zukunft verdiene man aber Drachmen. Das Kapital werde (noch weiter) ins Ausland flüchten.

Auch François Hollande werde rasch erkennen, dass es nicht um Sparen oder Investieren gehe – beides sei nötig, sonst ernte man neue Abhängigkeit durch hohe Zinszahlungen. Hollande sei aber prinzipiell pro-europäisch, meint sein österreichischer Parteikollege.

Empfang mit "offenen Armen"

Faymann: "Jetzt darf Europa beim Sparen nicht nachlassen"

Noch am späten Wahlabend hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Hollande angerufen und ihn nach Berlin eingeladen. In ihrer Pressekonferenz am Montag nahm sie erstmals zum Wechsel in Paris Stellung, den sie im Wahlkampf mit deklarierter Sympathie für Amtsinhaber Nicolas Sarkozy zu verhindern versucht hatte.

"Präsident Hollande wird von mir rasch nach der Amtsübergabe mit offenen Armen empfangen werden", sagte Merkel "Es war, wenn ich nicht irre, mein erstes Gespräch, und es war ein sehr gutes. Und dann schau’n wir mal", gab sich Merkel gelassen – mit der Flucht in eine ihrer beliebtesten Floskeln.

Inhaltlich ließ sie aber keine Zweifel daran, dass sie von ihrer Politik nicht abrücken will und Hollandes Wahlkampfschlager, die Abkehr vom Sparen hin zu einer schuldenfinanzierten Wachstumspolitik, für falsch hält. Der EU-Gipfel im Dezember habe "sich damit schon ausführlich beschäftigt und festgestellt, dass die Konsolidierung der Finanzen Voraussetzung für die Bewältigung der Euro-Krise ist, aber eben nicht hinreichend: Wir brauchen beides." Die Wachstumsagenda der EU sei schon längst für den Gipfel im Juni geplant.

Der Kern sei, "ob wir schuldenfinanzierte Programme brauchen oder Reformen", so Merkel. Ohne Hollandes Argumente zu nennen, kritisierte sie, dass "die Diskussion nicht von Fakten geleitet wird: Wir zahlen ja keine Schulden zurück, sondern fahren nur die Neuverschuldung zurück. Niemand redet von Rückzahlung, sondern nur davon, ob man zehn oder drei Prozent Defizit im Jahr macht, also wie viel neue Schulden. All dies werde ich ganz offen und ganz freundlich mit Hollande diskutieren." Der Fiskalpakt, den Hollande aufkündigen will, stehe "nicht zur Diskussion". Es sei gute Tradition, dass sich jede EU-Regierung an die unterschriebenen Verträge ihrer Vorgänger halte.

Bei Griechenland versuchte Merkel jeden Anschein von Einmischung zu vermeiden, gab sich aber klar besorgter: "Das Ergebnis ist nicht unkompliziert", die Griechen müssten es "selbst auswerten". Es sei "aber von allergrößter Wichtigkeit, dass der bisherige Weg fortgesetzt wird". Eine Mitverantwortung an den Wahlergebnissen in Frankreich und Griechenland durch ihre Politik verneinte Merkel.

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