EVN gibt Gas bei Windenergie

EVN gibt Gas bei Windenergie
Bis 2020 will die EVN der größte Windkraftbetreiber Österreichs werden. Aber auch Gaskraftwerke sind in Planung.

Die EVN will 800 Millionen Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken. Warum Gaskraftwerke dennoch ein Thema sind und warum er im stillgelegten AKW Zwentendorf nicht tanzen wird, erklärt EVN-Chef Peter Layr im KURIER-Interview.

KURIER: Die EVN will Gaskraftwerke in Niederösterreich bauen. Ein Blick auf die Verbund-Misere in Mellach zeigt, dass Gaskraftwerke derzeit keinen ökonomischen Sinn machen. Sind die Baupläne wirklich Ihr Ernst?

Peter Layr: Mellach ist ja offenbar für Dauerbetrieb ausgelegt. Wir haben, rein vorsichtshalber, in unsere Planungen flexible Gaskraftwerke, die geringe Einsatzzeiten haben werden, mit einbezogen. Wenn der Ausbau der Erneuerbaren so boomt, wie es sich derzeit abzeichnet, wird es notwendig sein, eine schnelle Reserveenergiequelle zur Hand zu haben – für die Zeiten, wenn einmal kein Wind weht oder keine Sonne scheint. Ob sie wirklich gebaut werden: Großes Fragezeichen.

Auch neue Pumpspeicher stehen auf eurer Projektliste.

Richtig, wir planen mehrere 100 Megawatt Pumpspeicher in Österreich. Einerseits Erweiterungen bestehender Anlagen und auch Neubau entlang der Donau. Dort, wo es große Höhenunterschiede zu benachbarten Hügeln gibt. Da sind wir in der Planung schon wesentlich weiter als bei den Gaskraftwerken.

Werden die Standorte schon verraten? Die Wachau ist ja wohl tabu?

Ja, das schon. Aber die Bürger sind natürlich sensibilisiert. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, wenn der Bürger weiß, warum etwas notwendig ist, dann bringt man’s auch leichter durch. Transparenz ist wichtig. Faktum ist: Unser Ausbau ist erneuerbar. Um die Energiewende abzusichern, sind wir bereit, auch in Reservenergiequellen zu investieren.

Was ist Ihr Ziel bis 2020?

Wir wollen der größte Windkraftbetreiber Österreichs werden. Momentan ist das Burgenland vorne. Wir haben jetzt knappe 200 Megawatt Windkraft. Das wollen wir vervierfachen. Für den Ausbau der Erneuerbaren nehmen wir rund 800 Millionen Euro in die Hand.

Sind die Stromnetze für den Ausbau stark genug?

Das wird eine Herausforderung, da müssen alle mithelfen. Unsere eigene Netztochter, der Transportnetzbetreiber APG und auch die kleineren Windparkbetreiber. Denn die Kosten müssen schon Verursachergerecht aufgeteilt werden.

Da dürfte es Widerstände geben.

Unser eigener Windparkbetreiber EVN Naturkraft sagt, dass das möglich ist. Das Ökostromgesetz gibt das her. Wenn man nicht bereit ist, einen kleinen Teil der Rendite in den Netzausbau zu stecken, wird es eben Verzögerungen geben.

Rechnen Sie mit stabilen Einspeisetarifen beim Ökostromgesetz?

Ich wünsch es mir. Der politische Mut ist ja in der Vergangenheit schon einmal verloren gegangen. Wenn man wirklich eine Energiewende machen will, dann sollten die Tarife bis 2020 stabil bleiben.

Apropos Energiewende: Global 2000 veranstaltet zu Pfingsten ein Musikfestival unter dem Motto "Atomstromfreies Europa". Stattfinden wird es im AKW-Gelände in Zwentendorf, das ja der EVN gehört. Werden Sie in der ersten Reihe mittanzen?

(lacht) Da möchte ich doch die Kirche im Dorf lassen. Die Bands sind außerhalb meiner Reichweite. Meine Kinder kennen sie aber. Ich finde, dass der Ansatz von Global 2000 wirklich innovativ ist. So kann man die Jugend wieder für gesellschaftliche Themen interessieren.

Werden Sie das europäische Atomausstiegs-Volksbegehren unterzeichnen?

Ja, ich denke, das klingt vernünftig.

Die E-Control wird nicht müde zu tönen, dass die Strompreise zu hoch sind. Zockt die Branche die Kunden ab?

Es gibt Dinge im Leben, die sind immer jedem zu teuer. Wenn die Margen so übergroß wären, dann wären ja enorm viele ausländische Anbieter am Markt. Das ist aber nicht der Fall. Bei Margen von einem Cent bei sechs bis neun Cent Endpreis von übertrieben zu sprechen, das ist schon weit hergeholt. Im europäischen Preisvergleich schneidet Österreich durchaus gut ab.

Dennoch sagt die E-Control: Im Vergleich zu den Großhandelspreisen sind die Endkundenpreise um zehn Prozent zu hoch.

Das kann man – unter dem Motto: Setzen wir mal etwas in die Welt – leicht sagen. Die Entwicklung der Gestehungskosten bei Strom zeigt, dass das einfach nicht der Fall ist. Ich seh’s sportlich: Die Behörde würde sich selbst infrage stellen, wenn sie nicht so etwas behauptet.

Die E-Control wollte diese Behauptung mit Fakten untermauern und hat die E-Wirtschaft vergangenen Herbst aufgefordert, ihr Einblick in die Einkaufspreis-Daten zu gewähren. Nach dem kollektiven "Nein" der Branche liegt es nun an den Höchstgerichten, eine Entscheidung zu fällen. Ihre Einschätzung zum Ausgang dieses Matches?

Die aufschiebende Wirkung ist uns jetzt einmal zuerkannt worden. Das deutet schon an, in welche Richtung die Entscheidung gehen wird. Gegen eine Erhebung mit Maß und Ziel hat die Branche ja nichts gehabt. Aber es wurden teilweise Daten verlangt, die wir in dieser Tiefe und Detailliertheit gar nicht haben. Bei manchen Daten war gar kein Sinn dahinter, was die E-Control damit anfangen hätte können.

Auch vom Wirtschaftsminister droht mit der Verschärfung des Wettbewerbsrechts Ungemach. Stichwort: Beweislastumkehr. Künftig sollen die Energieversorger den Behörden beweisen, dass ihre Preise nicht zu hoch sind – und nicht umgekehrt, wie bisher.

Natürlich sagt die Branche: Hier wird ein Gesetz missbraucht. In Deutschland beispielsweise ist die Wettbewerbsbehörde massiv gegen diese Bestimmungen aufgetreten – weil der Wettbewerb abgewürgt wird. Denn welcher neue Anbieter wagt sich auf den Markt, wenn die Primärversorger per Gesetz gezwungen werden, immer auf den Preis des Billigstanbieters zu gehen. Aber wenn man mit EU-Kommissar Oettinger spricht ist die Frage nicht mehr: Wie bekommen wir Wettbewerb? Sondern: Wo kommt die Energie in den nächsten zehn Jahren her? Da findet ein Paradigmenwechsel statt. Auch bei den Kunden merken wir das.

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