EU will bei den Bauern sparen

EU will bei den Bauern sparen
Agrarministerin Elisabeth Köstinger möchte Agrar-Förderung von Qualitätsstandards abhängig machen.

Der gemeinsame Agrarmarkt der EU ist in Teilbereichen eine Fehlkonstruktion. Das aktuelle Fördersystem belohnt niedrige Produktionsstandards etwa bei der Tierhaltung oder dem Einsatz von Antibiotika oder der Anwendung der Gentechnik. Vor allem osteuropäische Länder mit niedrigen Standards bekommen von der EU die höchsten Agrar-Förderungen. Die billigen Agrarprodukte aus dem Ausland verdrängen heimische Lebensmittel mit höheren Standards aus den Regalen.

Ruf nach Reform

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger tritt daher für eine grundsätzliche Änderung des Agrar-Fördersystems in der EU ein: "Warum sollen wir die niedrigen Standards mitfinanzieren?" Geld von der EU sollten die Bauern künftig vor allem als Ausgleich dafür bekommen, wenn mit höheren Standards produziert wird. Also etwa weniger Tiere pro Fläche oder Verzicht auf Gentechnik.

Minus 14 Milliarden

Hintergrund sind die Sparpläne im Agrarbereich. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger möchte das EU-Agrarbudget um 14 Milliarden Euro kürzen. Köstinger ist strikt dagegen. Eine lineare Kürzung des Agrarbudgets um eine solche Summe würde für viele Familienbetriebe in Österreich das Aus bedeuten.

Dazu kommt weiteres Ungemach wie der Brexit und das geplante Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Brasilien ist der größte Fleischexporteur der Welt. Die Mercosur-Staaten verlangen als Gegenleistung für die Marktöffnung zusätzliche Exportkontingente für Rindfleisch und Zucker.

Niedrige Preise

Die Zuckerpreise sind nach der Abschaffung der Produktionskontingente in der EU bereits deutlich gesunken. Daher haben auch die Rübenbauern deutlich weniger Einkommen. Ähnliches könnte nun auch den Rinderbauern passieren. Ministerin Köstinger und Bauernbund-Präsident Georg Strasser verlangen Änderungen im Abkommen, das noch nicht fertig ausverhandelt ist. Der Freihandel dürfe nicht auf Kosten der Bauern gehen.

Wegen des EU-Austritts des Nettozahlers Großbritannien wird künftig wohl Geld in der Haushaltskasse in Brüssel fehlen. Dazu kommt, dass Irland bisher einen Großteil seiner beträchtlichen Agrarproduktion nach England exportiert hat. Niemand weiß, wie viel davon künftig auf dem Kontinent angeboten werden wird. Die Preise für Milchprodukte oder Fleisch könnten unter Druck kommen.

Unlautere Praktiken

Es gibt aber auch positive Nachrichten für die Landwirte. Noch im Frühjahr soll es eine Mitteilung der EU-Kommission in Sachen Wettbewerbssicherung geben. Angedacht ist ein Verbot von "unlauteren Handelspraktiken". Derzeit wird über einen entsprechenden Maßnahmenkatalog diskutiert.

Dazu gehört etwa ein Verbot der rückwirkenden Änderung von Verträgen betreffend Mengen, Qualitätsstandards und den Preisen zwischen den Bauern und dem Lebensmitteleinzelhandel. Es wird darüber nachgedacht, ob es weiter erlaubt sein soll, dass den Bauern Kosten für Absatzförderung und Marketing verrechnet werden dürfen.

Die Verhandlungen über die künftige gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU stehen unter Zeitdruck. Im Mai 2019 finden Europa-Wahlen statt. Zu Jahresbeginn wird der Wahlkampf im Europaparlament bereits laufen. Daher soll es bis Herbst eine Einigung in den wesentlichen Fragen geben. Ob es dazu kommen wird, ist offen.

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