EU muss Wachstum wiederbeleben

EU muss Wachstum wiederbeleben
In etlichen Ländern Europas schrumpft die Wirtschaftsleistung. Grund genug für Brüssel, Reformen aufzuzeigen.

Unter dem strengen Blick Brüssels erstellen die Mitgliedsländer künftig ihre Budgets sowie die jeweiligen Wirtschafts- und Reformpläne. Wie die Realität aussieht und wo jedes Land derzeit steht, hat die EU-Kommission in einem geheimen „Diskussionspapier“, das dem KURIER vorliegt, analysiert und an Hand von aktuellen Statistiken dargestellt. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat die darin enthaltenen Zeugnisse beim EU-Gipfel vergangene Woche den Staats- und Regierungschefs verteilt und manchen auch die Leviten gelesen.

Die Noten für Österreich sind generell gut, bei der Beschäftigung und niedrigen Arbeitslosigkeit schon traditionell sogar sehr gut. In einem Punkt schneidet Österreich jedoch sehr schlecht ab, nämlich beim Pensionsantrittsalter. Nur in Luxemburg gehen die Arbeitnehmer noch früher in die Rente. „Es gibt nur einen Weg, das Pensionsantrittsalter anzupassen“, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann. Über die Anhebung des faktischen Antrittsalters, das in Österreich nach wie vor unter 60 Jahren liegt, während es in vielen Industrieländern der Welt bereits jenseits der 65 Jahre angesiedelt ist.

Teure Arbeit

Österreich zählt auch zu den Ländern mit hohen Arbeitskosten. Brüssel mahnt insbesondere zu einer steuerlichen Entlastung des Faktors Arbeits, vor allem für Geringverdiener. Nach Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Ungarn und Lettland hat Österreich die siebenthöchste Steuerlast auf Arbeit – deutlich über 40 Prozent. Nur in Irland, Malta, Luxemburg und Großbritannien liegt die Steuerlast auf Arbeit unter 30 Prozent.

Überhaupt listet die EU-Kommission etliche Politikbereiche auf, wo wachstumsfreundlicher vorgegangen werden müsste. Bildung, Forschung und Innovation kommen dabei größte Bedeutung zu. Denn, die „vorhergesagte wirtschaftliche Stagnation 2012 lässt die Notwendigkeit ernsthafter Maßnahmen zur Wiederbelebung des Wachstums in ganz Europa deutlich werden.“ Ebenso „ernsthaft“ müsse aber auch die Haushaltskonsolidierung vorangetrieben werden.

Schweden

Nur Schweden erwartet heuer einen Budgetüberschuss, alle anderen EU-Mitglieder kommen auf teils erschreckend hohe Defizite. Auch Österreich liegt weiterhin über der erlaubten Maastricht-Grenze von drei Prozent. Die Notverstaatlichung der ÖVAG und viele offene Punkte im neuen Sparpaket machen die Erreichung eines ausgeglichenen Haushaltes nicht gerade einfacher. Gute Noten erhält Österreich bei der Effizienz der Bürokratie oder beim relativ geringen Anteil an Schwarzarbeit, schlechte Noten gibt es etwa beim Anteil an Risikokapital – hier ist Österreich an fünftschlechtester Stelle in der EU.

In jenen Bereichen, in denen Österreich nicht gut positioniert ist, erwartet Brüssel Maßnahmenvorschläge bzw. müssen diese im österreichischen Stabilitäts- und Wachstumspakt berücksichtigt werden. Jedes EU-Mitglied muss im April seine Pläne der EU-Kommission vorlegen. Sollten die Vorhaben, wie Budgetdisziplin und Wirtschaftsreformen, nicht eingehalten werden, hagelt es nicht nur Kritik, im äußersten Fall gibt es hohe Strafen.

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