EU-China: Zur Zusammenarbeit verdammt

EU-China: Zur Zusammenarbeit verdammt
Der Handel zwischen der EU und China sowie der Kampf gegen die Schuldenkrise standen im Zentrum des Treffens in Brüssel.

Politik, Wirtschaftskrise, gegenseitige ökonomische Abhängigkeit und völlig unterschiedliche Vorstellungen von Demokratie und Pressefreiheit – diese Mischung prägte den 15. EU-China-Gipfel am Donnerstag in Brüssel.

Als Regierungschef Wen Jiabao an die EU-Vertreter appellierte, das seit 1989, dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, bestehende Waffenembargo aufzuheben und China als Marktwirtschaft anzuerkennen, wurde die Fernsehübertragung in das Pressezentrum plötzlich unterbrochen. Die chinesische Delegation forderte dies mit dem Hinweis, Wens Rede sei nicht mehr Teil des öffentlichen Auftakts.

Zuvor wurde die Pressekonferenz abgesagt, weil China keine Fragen zuließ. "Das ist Demokratie à la chinoise", äußerte ein EU-Diplomat kritisch. Der scheidende Premier Chinas räumte ein, dass es Differenzen "wegen unserer unterschiedlichen Kultur, Geschichte und Sozialsysteme" gebe.

Unterzeichnet wurden dann Abkommen, die den Austausch von Innovation das gemeinsame Vorgehen gegen Kartelle und mehr Klimaschutz regeln.

Die chinesische Seite äußerte ihre schweren Bedenken über negative Folgen der Schuldenkrise auf ihre Exporte und Marktchancen.

Sehr besorgt

EU-China: Zur Zusammenarbeit verdammt

"Die Schulden krise ist in der Wahrnehmung unserer großen Partner zu einer europäischen Krise geworden. In Asien ist man über die Krise in Europa sehr besorgt", sagte EU-Botschafter Hans Dietmar Schweisgut zum KURIER.

In China, aber auch in anderen asiatischen Ländern, geht die Angst um, dass aufgrund des Gewichts der EU die Gefahr bestehe, dass es zu einer systemischen Krise der Weltwirtschaft komme.

"Man befürchtet, dass die Situation Europas sehr negative Auswirkungen auf die globale Wirtschaft haben könnte", betont der Spitzendiplomat, der derzeit für die ganze EU in Japan tätig ist. Der ehemalige österreichische Botschafter in Brüssel war zuvor jahrelang Botschafter in Peking.

Der exzellente Kenner des asiatisch-pazifischen Raumes weiß, dass "das Interesse an der Stabilität des Euro-Raumes sehr groß ist". Umgekehrt gibt es aber auch "Druck auf die EU, glaubwürdige Maßnahmen zur Euro-Rettung zu setzen".

Chinas Konzerne kaufen um Rekordsummen in Europa ein

Die Schuldenkrise in Europa trifft allmählich auch China: Das Wirtschaftswachstum dürfte sich auf 7,7 Prozent verlangsamen, die Exporte sind im August im Jahresabstand um nur noch 2,7 Prozent gewachsen. Chinas Konzerne und der Staatsfonds aber haben noch prall gefüllte Kassen, mit denen sie in Europa auf Einkaufstour gehen.

Jüngstes Beispiel: Die zweitgrößte chinesische Bank, die China Construction Bank, ist laut Medienberichten auf der Suche nach einer Übernahme eines europäischen Geldinstituts. Bis zu 15 Milliarden Dollar will die chinesische Bank dafür ausgeben – eine derartig hohe Kaufsumme gab es bisher noch nie in der chinesischen Geschichte.

Beliebtestes Ziel der chinesischen Konzerne in Europa ist Deutschland. Dort hat das Staatsunternehmen Weichai Power erst vor wenigen Wochen 738 Millionen Euro für den Erwerb des Gabelstaplerherstellers Kion auf den Tisch gelegt. Spekuliert wird auch über eine Übernahme der ThyssenKrupp-Tochter, Tailored Blanks, durch die Chinesen. Mit einer Rekordinvestition von zwei Milliarden Dollar in Großbritannien ließ dieser Tage auch der chinesische Telekom-Konzern Huawei aufhorchen. Er will damit seine Präsenz in Europa ausbauen.

Österreich

Im Vorjahr ist ein chinesischer Großkonzern auch hierzulande präsent. Die Wolong-Gruppe hat den steirischen Motorenhersteller ATB aus der insolventen A-Tec heraus gekauft. 100 Millionen Euro war Wolong dieser Einstieg in den europäischen Motorenmarkt wert.

Österreichs Außenhandel mit China hat sich wegen der Wirtschaftskrise deutlich verlangsamt. Laut Wirtschaftskammer Österreich sind die heimischen Ausfuhren 2011 nur noch um vier Prozent auf 2,9 Milliarden Euro gewachsen und im ersten Halbjahr 2012 gar nur noch um 0,4 Prozent. 2010 legten die Exporte nach China noch um 40 Prozent zu. Die Importe aus China wachsen dagegen stärker: 2011 noch um 17,7 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro und im ersten Halbjahr 2012 um 13,7 Prozent. 2011 erreichte das Handelsbilanzdefizit mit China einen neuen Höchststand von 3,5 Milliarden Euro.

Das vor Jahren rasche Wachstum österreichischer Investitionen in China hat sich ebenfalls deutlich eingebremst. 44 Projekte mit einem Volumen von 105 Millionen Euro zählte die Wirtschaftskammer im ersten Halbjahr 2011 (minus 16,4 Prozent).

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