Erderwärmung: Kurs auf 4 Grad plus bis 2100

2.) Eine extreme Dürre von Juni bis September führt im mittleren Westen der USA zu Ernteausfällen.
Vor dem Gipfel in Doha sieht ein Weltbank-Bericht den Klimawandel als größte Herausforderung für soziale Gerechtigkeit.

Der Countdown für den 18. Weltklimagipfel, der von 26. November bis 7. Dezember in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar, abgehalten wird, läuft. Ob Klimawandel-Negierer oder Alarmisten - rechtzeitig bringen sich Apologeten auf beiden Seiten in Stellung.

Der jüngste Klima-Report der Weltbank sorgt nun für neues Futter: Darin warnt die Weltbank eindringlich vor den drastischen Folgen der Erderwärmung und ruft die Regierungen weltweit dazu auf, die rund eine Billion Dollar (etwa 775 Milliarden Euro) schweren Subventionen für Kohle und andere fossile Brennstoffe in alternative Energietechniken zur Senkung der Treibhausgase umzulenken.

Der Report basiert auf einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Organisation Climate Analytics (Berlin). Demnach befindet sich die Welt auf einem Kurs, der schon bis Ende des Jahrhunderts zu einer Erderwärmung von vier Grad Celsius führen dürfte.

Die dadurch verursachten Risiken liegen nach Angaben des PIK außerhalb der Erfahrung unserer Zivilisation: "Dazu zählen Hitzewellen, besonders in den Tropen, ein Hunderte Millionen Menschen betreffender Anstieg des Meeresspiegels und Missernten, welche die globale Ernährungssicherheit gefährden." Betroffen seien vor allem die Armen dieser Welt, für die eine wirtschaftliche Entwicklung ohne globalen Klimaschutz nach Lage der Fakten kaum möglich sei.

"Aggressive" Maßnahmen

Erderwärmung: Kurs auf 4 Grad plus bis 2100

Weltbankpräsident Jim Yong Kim fordert "aggressive" Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels: "Die Zeit ist sehr, sehr knapp."  Wenn die Versprechen zum Kampf gegen den Klimawandel nicht eingehalten würden, könnte die Erderwärmung bereits in den 2060er Jahren vier Grad Celsius betragen. Selbst wenn die Staaten ihre jetzigen Zusagen erfüllten, bestehe eine 20-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 vier Grad betrage.

"Die Zeit ist sehr, sehr knapp"

Eine Begrenzung der allgemein als unvermeidlich angesehenen Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius gilt unter Regierungen, Forschern, Umweltschützern und anderen Experten als entscheidend, um die Auswirkungen des Klimawandels in einem halbwegs kontrollierbaren Rahmen zu halten. Das Zwei-Grad-Ziel dient explizit auch als Bezugspunkt für die internationalen Klimaverhandlungen. Die nächste UNO-Klimakonferenz beginnt am 26. November im Golfemirat Katar.

"Wir werden die Armut nie besiegen können, wenn wir nicht gegen den Klimawandel angehen", sagte Kim. Dies sei eine der größten Herausforderungen für die soziale Gerechtigkeit. Konkrete Maßnahmen nannte Kim nicht. Er kündigte aber an, bei der Förderung durch die Weltbank auf erneuerbare Energien zu setzen. "Wir werden alles tun, was wir können, um nicht in Kohle zu investieren." Kohlendioxidemissionen sind hauptverantwortlich für den Treibhauseffekt. Die Weltbank hatte den jetzt vorgestellten Bericht beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (Pik) angefordert.

Bereits die erste Weltklimakonferenz, die 1979 in Genf abgehalten wurde, bezeichnete den Klimawandel als ein vordringlich zu lösendes Problem. Meilensteine der Folgekonferenzen waren:

Rio de Janeiro 1992: Die Staaten vereinbarten, den Ausstoß der Treibhausgase so zu begrenzen, dass sich "die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können" und "die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird". Aus Sicht von Klimaforschern kann dieses Ziel erreicht werden, wenn die mittlere globale Temperatur nicht stärker als zwei Grad Celsius über den Wert vor der Industrialisierung steigt. 194 Staaten haben die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ratifiziert, darunter auch die USA. Zudem beschloss die Konferenz die Konventionen zur Artenvielfalt und zur Wüstenbekämpfung.

Kyoto 1997: Das Protokoll von Kyoto gilt als erster konkreter Schritt, um die Ziele der Rio-Konvention umzusetzen. Die Industriestaaten verpflichteten sich im japanischen Kyoto, den Ausstoß der wichtigsten Treibhausgase bis 2012 um mindestens fünf Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Die Entwicklungsländer erhielten damals noch keine Auflagen. 192 Staaten sind dem Protokoll beigetreten, nicht jedoch die USA.

Kopenhagen 2009: Da die erste Phase des Kyoto-Protokolls 2012 endet, sollte rechtzeitig ein neues Abkommen vereinbart werden. In diesem Punkt scheiterte die Konferenz. Die Staaten nahmen lediglich "zur Kenntnis", dass die Erdtemperatur um nicht mehr als zwei Grad ansteigen sollte.

Cancun 2010: Das Zwei-Grad-Ziel wurde offiziell in den UN-Verhandlungsprozess eingeführt. Zahlreiche Staaten legten unverbindliche Klimaschutzziele vor, die zusammen jedoch nicht ausreichen, um das Ziel einzuhalten. Die Konferenz beschloss einen Klimafonds, zur Anpassung ärmerer Staaten an den Klimawandel und für ihre klimafreundliche Entwicklung. Er soll ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (74 Milliarden Euro) bereitstellen.

Durban 2011: Bei dem längsten Klimagipfel aller Zeiten hat die EU einen Fahrplan zu einem Weltklimavertrag durchgesetzt, der auch Klimasünder wie die USA, China und Indien in die Pflicht nimmt. Das Abkommen soll bis 2015 erarbeitet werden und bis 2020 in Kraft treten. Einen Tag nach der Weltklimakonferenz ist Kanada als erster Staat aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen.

Rio+20 2012: 20 Jahre nach dem ersten Klimagipfel bleiben die Ergebnisse eher mager. Das weitgehend unverbindlich formulierte Abkommen enthält ein Bekenntnis zu einer "grünen Wirtschaft" sowie Vorschläge für den Kampf gegen Armut, Klimaerwärmung, Wüstenbildung und andere Probleme der Erde. Die in dem Papier formulierten Ziele für ein nachhaltiges Wirtschaften sollen auch die UN-Millenniumsziele fortschreiben, wenn diese im Jahr 2015 auslaufen.
 

Die so wichtigen Vereinigten Staaten sind (wie der Chronologie oben zu entnehmen) also oft nicht mit von der Partie. Zumindest rhetorisch kommt aber wieder Bewegung hinein: US-Präsident Barack Obama will in seiner zweiten Amtszeit einen neuen Anlauf im Kampf gegen den Klimawandel wagen. Dies sei eine "Pflicht gegenüber künftigen Generationen", sagte Obama vergangenen Mittwoch bei seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Wiederwahl. Konkrete Vorhaben nannte der Präsident aber nicht.

Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen im Jahr 2009 hatte Obama versprochen, dass die USA die CO2-Emissionen in einem ersten Schritt bis 2020 um 17 Prozent im Vergleich zu 2005 senken würden. Ein Gesetz zum Klimaschutz scheiterte aber im Kongress am Widerstand der Republikaner. Zudem werden die USA zur Ölmacht Nummer Eins aufsteigen, der KURIER berichtete.

Im Wahlkampf mit seinem Herausforderer Mitt Romney spielte die Klimapolitik praktisch keine Rolle. Nur durch den schweren Wirbelsturm "Sandy", der Ende Oktober die US-Ostküste heimsuchte, wurde das Thema kurz auf die Agenda gehoben.
 

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