Ende eines Machtkampfs: Airbus-Chef Enders geht 2019

Tom Enders geht 2019.
Airbus-Chef Enders verzichtet auf eine dritte Amtszeit. Hubschrauber-Chef Faury übernimmt die Flugzeug-Sparte. Macron und Merkel wollen sich nicht einmischen.

Airbus bekommt in den nächsten eineinhalb Jahren ein komplett neues Top-Management. Vorstandschef Tom Enders, der in einer Korruptionsaffäre unter Druck geraten war, lässt seinen im April 2019 endenden Vertrag auslaufen und verzichtet auf eine dritte Amtszeit, wie der europäische Flugzeugbauer am Freitag bestätigte.

Um die Nachfolge könnte nun ein Tauziehen zwischen Deutschen und Franzosen entbrennen, befürchten Experten. Enders' interner Rivale, der für das Geschäft mit Verkehrsflugzeugen verantwortliche Franzose Fabrice Bregier, verlässt Airbus schon im Februar. Es hatte sich abgezeichnet, dass der bisherige Chief Operating Officer (COO) als Nachfolger von Enders nicht mehr in Frage kommen würde. Verwaltungsratschef Denis Ranque sprach von einem Generationswechsel.

"Brauchen frische Kräfte"

"Für die 2020er-Jahre brauchen wir frische Kräfte", sagte Enders. Der Deutsche stand seit 2012 an der Spitze des Konzerns. Er wolle nun für eine reibungslose Übergabe sorgen. Noch vor wenigen Monaten hatte der 58-Jährige eine Vertragsverlängerung fest angesteuert. Doch dann geriet er in einen Machtkampf, der durch eine Korruptionsaffäre rund um den Verkauf von Flugzeugen ausgelöst wurde. In Frankreich wurde Enders vorgeworfen, er gehe zu aggressiv bei der Aufarbeitung der Affäre vor. Zugleich wurde darauf verwiesen, dass Enders die betroffene Sparte einige Jahre lang selbst geführt hatte. Bei Airbus hofft man nun auch, mit einem personellen Neustart die Behörden in Frankreich und Großbritannien zu besänftigen, die in der Bestechungsaffäre ermitteln. Der Konzern strebt eine gütliche Einigung an.

"Enders hat sich jetzt Zeit gekauft", sagte ein Insider. Bis zu seinem Abgang 2019 habe er nun die Unterstützung des Verwaltungsrates. Dass Enders selbst mit dem Abschied von Bregier als inoffizieller Nummer zwei im Konzern zu tun haben könnte, wurde im Umfeld von Airbus zurückgewiesen. In der Mitteilung hieß es, der 56 Jahre alte Franzose habe sich entschieden, sich nicht um die Nachfolge von Enders zu bewerben, und wolle "andere Interessen verfolgen". Bregier gehört etwa dem Verwaltungsrat des französischen Energiekonzerns Engie an.

Aktienkurs nahe dem Höchststand

"Ich verstehe Fabrices Entscheidung und seine Motive. Und ganz ehrlich: Ich hätte es nicht anders gemacht", sagte Enders. Noch am Mittwoch hatte sich Bregier "überrascht" gezeigt über Berichte, er könnte Airbus bald verlassen. Er kümmere sich nur darum, dass der Flugzeugbauer sein Ziel erreiche, in diesem Jahr mehr als 700 Maschinen zu verkaufen. In einem Brief schrieb der Franzose nun am Freitag, er sei zuversichtlich, die Herausforderung zu meistern. Er kann auf einen Rekord-Auftragsbestand verweisen, der Aktienkurs ist nahe dem Höchststand. Auf den Führungswechsel reagierten die Papiere zum Wochenausklang kaum.

Als der Verwaltungsrat am Donnerstagabend tagte, besuchte Bregier gerade Kunden in Asien. Er arbeitet seit 25 Jahren in den unterschiedlichsten Funktionen für Airbus. "Fabrice (...) war sehr beliebt bei den Fluggesellschaften, weil er schnell reagiert hat und auf Details achtete", sagte Ryanair-Manager Peter Bellew, vorher Chef von Malaysia Airlines. Zuletzt arbeitete Bregier daran, einen Auftrag aus Katar zu retten, den Airbus zu verlieren drohte.

Franzose Faury übernimmt

Sein Nachfolger an der Spitze der größten Airbus-Sparte steht bereits fest: Der Franzose Guillaume Faury (49) leitet bisher das Hubschrauber-Geschäft. Er gehöre schon zur nächsten Generation, sagte Enders. Als COO, Bregiers zweitem Posten, komme Faury aber nicht infrage, sagen Konzerninsider. Ein Nachfolger für Enders soll intern und extern gesucht werden und so rechtzeitig feststehen, dass er von den Aktionären im April 2019 offiziell bestätigt werden kann.

Der Verwaltungsrat hatte sich heuer bereits mit Kandidaten für das Top-Management beschäftigt, was Bregiers Zweifel an seinen Erfolgschancen wachsen ließ. Zwei Vertraute berichten, er habe zunehmend frustiert gewirkt. Insider sagten, er habe die französische Regierung gebeten, sich hinter ihn zu stellen, und Rückhalt bei Verwaltungsratschef Ranque gesucht - vergeblich.

Deutschland und Frankreich halten jeweils noch elf Prozent an dem früheren Staatsunternehmen. Doch der Einfluss der Politik war vor vier Jahren beschnitten worden - vor allem auf Betreiben des damaligen Präsidentenberaters und heutigen Präsidenten Emmanuel Macron. "Das Schlimmste, was bei Airbus in den nächsten 12 bis 24 Monaten passieren könnte, ist, dass wieder politische Rücksichtnahmen in den Vordergrund treten", sagte Analyst Sandy Morris von Jefferies. Seit der Fusion von Aerospatiale und Dasa im Jahr 2000 hatten sich Deutsche und Franzosen an der Spitze von Airbus abgewechselt. Die Bundesregierung trat dem Eindruck entgegen, sie wolle Einfluss auf Enders' Nachfolge nehmen. "Bis 2019 ist er ja noch im Amt", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Alles Weiteres werde man sehen. Das Vorschlagsrecht habe der Verwaltungsrat von Airbus.

Macron und Merkel

Der französische Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel haben Airbus zugesagt, dass sich der Staat nicht wieder in die Unternehmensführung einmischen will. "Die Lösung ist nicht, dass die Staaten wieder in den Verwaltungsrat einziehen werden", sagte Macron am Freitag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel in Brüssel.

Er erwarte aber, dass die Unternehmensführung in den kommenden Wochen Vorschläge für die Zukunft des Konzerns vorlegt. Ziel müsse eine vorbildliche Unternehmensführung sein. Das Gleichgewicht zwischen den Anteilseignern Deutschland und Frankreich solle gewahrt bleiben. Auch Merkel sagte: "Auf jeden Fall wird jedes Land an einer wichtigen Position vertreten sein."

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