Eisenbahner-Wohnungen: ÖVP attackiert Kanzler Kern

Kanzler Kern: Als ÖBB-Chef vom Betriebsrat ausgebremst
Weil der Betriebsrat blockierte, ist ein Teil der Wohnungen desolat.

Am 4. Oktober steht ein heißes Thema auf der Tagesordnung des Aufsichtsrates der ÖBB-Holding. Die Bahn will die 6000 Wohnungen, die auf 550 Häuser in ganz Österreich verteilt sind, künftig doch bewirtschaften. Die Eisenbahner-Quartiere waren zehn Jahre lang vernachlässigt worden, sodass ein Teil in desolatem Zustand ist. Teils aber befinden sich die Wohnungen in besten Lagen, dort logieren billigst auch Ex-Vorstände der Staatsbahn.

Die neue Immobilienstrategie sieht vor, dass ein Teil verkauft und der restliche Bestand aus dem Erlös auf Kategorie-A-Niveau saniert wird. Der Investitionsbedarf dürfte sich auf rund 300 Millionen Euro belaufen. Nach Abzug des kalkulierten Verkaufserlöses plus laufenden Mieteinnahmen klaffe aber eine gewaltige Finanzierungslücke von 150 bis 200 Millionen Euro – rechnet ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger vor.

"Wo werden diese Mittel im Bahn-Budget abgezwackt und wie werden sie finanziert?", will Ottenschläger wissen. Zusätzliche Kredite seien außerdem Maastricht-relevant.

Stimmt nicht, heißt es bei der Bahn. Der Zwischenfinanzierungsbedarf betrage nur 126 Millionen Euro, die über einen Kredit zu sehr günstigen Konditionen finanziert würden. Auf Details will sich ÖBB-Sprecherin Christine Stockhammer nicht einlassen. Sie verweist lediglich auf die Erarbeitung der Immobilien-Strategie, in deren Rahmen das Portfolio nachhaltig gestaltet werde.

Die Wohnungen gehören der Infrastruktur-Gesellschaft der Bahn, deren Vorstand war der heutige Bahn-Chef Andreas Matthä. Er saß im Aufsichtsrat der Immobilien-Tochter der ÖBB, die laut Gesetz zur "bestmöglichen Bewirtschaftung" des Bestandes verpflichtet ist.

Die ÖVP macht auch Ex-Bahn-Boss Christian Kern für den Investitionsstau verantwortlich, "er war schließlich der oberste Chef" (Ottenschläger). Der Bundeskanzler müsse sich die Frage gefallen lassen, "warum es über all die Jahre zu keinen Entscheidungen kam und er sich gegen die Belegschaftsvertreter nicht durchsetzen konnte. Am Ende des Tages muss der Steuerzahler dafür gerade stehen".

Das war nicht so einfach. Der Betriebsrat blockierte zehn Jahre lang sowohl Verkaufspläne als auch Erhöhungen der äußerst bescheidenen Mieten. Die Wohnungen gelten als Wohlfahrtseinrichtungen. Daher wurde lieber nicht investiert.

Für die Bewirtschaftung wird dem Aufsichtsrat eine Stiftungslösung vorgelegt. Deren Sinn kann Ottenschläger nicht erkennen, "das wäre mit den bestehenden Strukturen auch machbar".

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