Eine Branche schwer unter Druck

Auftragsrückgänge und Konkurrenz aus Asien setzen Maschinenbauern zu

Seit Jahren heißt es in unserer Branche, schlechter kann es nicht mehr werden“, sagt ein deutscher Manager zum KURIER. „Aber es geht weiter bergab.“ Die Rede ist von der Druckereimaschinen-Branche. Drei deutsche Konzerne beherrschten lange den europäischen Markt: die börsennotierte Heidelberger Druckmaschinen AG, der Augsburger Hersteller Manroland und die Würzburger Koenig & Bauer AG (KBA), die ein Werk in Mödling bei Wien betreibt. Der jahrelange Auftragsrückgang im Zeitungs- und Katalogdruck (Rollen-Rotationsdruck) hat die Maschinenbauer in eine tiefe Krise schlittern lassen.

„Vor 25 Jahren, als ich bei KBA angefangen habe, haben wir 60 bis 70 Prozent des Umsatzes mit Rollen-Druckmaschinen gemacht“, sagt KBA-Sprecher Klaus Schmidt zum KURIER. „Heute sind es nur noch 15 Prozent.“ Nachsatz: „Wir sind aber der Einzige unter den Großen, einschließlich den Japanern, der von 2009 bis 2012 schwarze Zahlen geschrieben hat.“

Dabei setzt die Konkurrenz aus Asien den Deutschen, die 80 bis 90 Prozent ihrer Maschinen exportieren, stark zu: vor allem die japanischen Maschinenbauer Komori und Mitsubishi sowie der chinesische Konzern Shanghai Electric Group.

Japaner günstiger

„Die Japaner haben durch die Yen-Abwertung im Moment einen Riesen-Vorteil, ihre Maschinen sind so um 25 Prozent billiger geworden“, weiß Schmidt. Auch die Abwertungen in Brasilien, Indien und in der Türkei belasten den Verkauf. Zurück nach Europa: Die Krise währt schon lange. Im Jahr 2008 konnte sich Branchenführer Heidelberger (20.000 Mitarbeiter) nur mit Staatsbürgschaften über Wasser halten. Etwa eine Milliarde Euro Verlust wurde eingefahren, zwei Milliarden Euro Eigenkapital wurden verbrannt. Allein 2012 wurden 2000 Jobs gestrichen. Im Geschäftsjahr 2012/’13 setzten die Heidelberger mit 12.800 Mitarbeiter rund 2,73 Milliarden Euro um. Heuer wäre eigentlich der Turnaround geplant. Doch Umsatz und Auftragseingänge gingen zuletzt „weiter deutlich zurück“, berichtet das deutsche Finanzportal aktiencheck.de.

Manroland, früher Nummer zwei auf dem Markt (7200 Mitarbeiter), ist mittlerweile Geschichte. Die Augsburger mussten im November 2011 Insolvenz anmelden. Der Konzern wurde filetiert, die Werke in Augsburg und in Offenbach verkauft. „Man dachte sich, dass es nach Manroland für die anderen leichter wird“, sagt KBA-Sprecher Schmidt. „Leider ist der Markt aber von jährlich zwei Milliarden auf weniger als 500 Millionen Euro eingebrochen.“ Auch Koenig & Bauer (6400 Mitarbeiter, 1,1 Milliarden Euro Umsatz) ist nun ein Sanierungsfall. Der Konzern verpasst sich eine neue Struktur, bis zu 1500 Mitarbeiter sollen abgebaut werden. „Uns trifft der Einbruch bei Rollen- und Bogen-Maschinen härter, weil der Ausgleich durch die Wertpapier-Druckmaschinen nicht mehr gegeben ist“, sagt Schmidt.“

Diese Gelddruckmaschinen, die bisher Profit abwarfen, werden im Mödlinger Werk erzeugt. „Die Nachfrage wird aber deutlich schwächer, der sehr kleine Markt ist zum Teil gesättigt“, sagt Schmidt. „Es gibt weltweit nur 63 Kunden, davon sind 90 Prozent Staatsdruckereien.“

Wer braucht Druckmaschinen? Wegen der digitalen Revolution ist der Markt eingebrochen, daher bündelt die Firma KBA ihre Aktivitäten in Deutschland. 460 österreichische Mitarbeiter müssen gehen. Sie sind Opfer des Strukturwandels und sollten schnell umgeschult werden. Man kann ihre Empörung verstehen, weil der Standort noch profitabel war und die deutschen Vorstände ungeschickt kommuniziert haben.

Dennoch lässt sich eine wankende Firma nicht mit Arbeitsniederlegung aufrechterhalten. Betriebe sperren zu, weil man ihre Produkte nicht mehr braucht bzw. sie anderswo günstiger herstellen kann. Diesen Kapitalismus kann man verteufeln, aber das kommunistische Gegenkonzept einer gelenkten Staatswirtschaft hat auch nicht funktioniert. Der Streik ist problematisch: Da es in Österreich kein gesetzlich verbrieftes Recht dafür gibt, könnten die Arbeitnehmer bzw. ihre Vertreter dafür belangt werden. Und es sei die ketzerische Frage erlaubt, ob das Muskelspiel der Arbeiterkammer nicht auch ein klein wenig mit der AK-Wahl zu tun hat ...

Beim Druckmaschinenhersteller KBA Mödling gingen die Verhandlungen zwischen der streikenden Belegschaft und dem Vorstand Montag in die nächste Runde. Wie berichtet sollen nach Plänen der deutschen Konzernmutter Koenig & Bauer 460 von rund 750 Mitarbeitern in Österreich abgebaut werden. Der Standort Ternitz mit rund 70 Arbeitnehmern soll aufgelassen, der Betrieb am Standort Maria Enzersdorf massiv eingeschränkt werden.

Nachdem bisherige Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt hatten, trat die Belegschaft der KBA Donnerstag Mittag in den Streik – nachdem der Konzernvorstand ein Alternativkonzept des Betriebsrates in Bausch und Bogen abgelehnt hatte, weil es mit der Gesamtstrategie nicht vereinbar sei.

Die Gesprächsrunde am Montag startete am Vormittag und zog sich bis in die Abendstunden. Bei einer Betriebsversammlung heute, Dienstag, werden die Mitarbeiter über das weitere Vorgehen informiert. Der KURIER erreichte Arbeiter-Betriebsrat Alois Trobollowitsch in einer Verhandlungspause. „Man kann noch nicht abschätzen, ob der Streik weitergeht oder nicht“, erklärte er. Die Verhandlungen würden „zäh“ verlaufen, bisher hätte sich der Vorstand noch „keinen Millimeter bewegt“. Zuletzt standen einander die Konzepte von Konzern-Mutter und Betriebsrat gegenüberstanden, Montag wurde das Thema Sozialplan angesprochen.

Dürfen streikende Mitarbeiter fristlos entlassen werden? Diese Frage lässt sich nicht leicht beantworten und müsste wohl erst von einem Gericht geklärt werden. Denn es gibt in Österreich weder ein im Arbeitsrecht verankertes Streikrecht noch einen ähnlichen Fall, der bereits höchstgerichtlich entschieden wurde. Meistens enden Arbeitskonflikte mit Vergleichen. Auch bei der KBA-Mödling dürfte die Entlassungsdrohung eine Drohung bleiben.

Aus Sicht der Gewerkschaft ist das Streikrecht sowohl durch die Verfassung als auch durch die Menschenrechtskonvention eindeutig festgeschrieben. Das Vorgehen gegen streikende Mitarbeiter, die für ihre Rechte kämpfen, ist aus ihrer Sicht verboten. Dieses Streikrecht gilt auch für Lehrlinge, allerdings außerhalb ihrer Berufsschulzeit. Ferner dürfen laut Gesetz Leiharbeiter nicht als Streikbrecher eingesetzt werden. Gesetzlich klar geregelt ist eine Arbeitsniederlegung im Rahmen von Betriebsversammlungen. Hier dürfen in keinem Fall Kündigungen ausgesprochen werden.

Die Wirtschaftskammer sieht in der Arbeitsniederlegung sehr wohl einen möglichen Entlassungsgrund, nämlich das „unbefugte Verlassen der Arbeit bzw. beharrliche Pflichtenvernachlässigung“. Offen ist, ob diese allein durch die Streikteilnahme gerechtfertigt ist.

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