Ein "Silicon Valley" im Trentino

Ein "Silicon Valley" im Trentino
Trentino-Südtirol gilt als Aushängeschild für ein wirtschafts­starkes Italien: Investitionen in innovative Ideen und neue Unternehmen machen die Region zum "Silicon Valley" der Alpen.

In der Altstadt von Trient trifft sich in der Bar Italia auf der Piazza del Duomo nicht nur einheimisches, sondern auch internationales Publikum zum Aperitif.

In der Region haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Hightech-Firmen angesiedelt. Wissenschaftler aus aller Welt zieht es in die verschlafen wirkende Stadt an der Etsch. Auf Datenverarbeitung und Bildtechnik spezialisierte Experten von der Wiener Technischen Universität forschen in Trient. Siebzig Prozent aller Doktoranden an der renommierten International Doctoral School (ICT) kommen aus dem Ausland. Trentino-Südtirol genießt dank Forschungsinvestitionen der Provinzregierung, die über dem europäischen Durchschnitt liegen, einen Ruf als " Silicon Valley" der Alpen.

Ranking

Ein "Silicon Valley" im Trentino

Die Region gilt als Aushängeschild für ein wirtschaftsstarkes Italien – auch wenn die US-Ratingagentur Moody’s kürzlich die Bonität für Trient von A1 auf A3 herabgestuft hat. Die universitären Einrichtungen belegen in internationalen Rankings Spitzenplätze. Während landesweit die Arbeitslosenquote laut Statistikbehörde Istat auf 10,8 Prozent gestiegen ist, belegt das Trentino mit vier Prozent die niedrigste Quote im krisengeschüttelten Italien. Die Jugendarbeitslosigkeit in der Region beträgt 13 Prozent.

Auch wenn keine multinationalen Konzerne wie HP, Apple oder Intel vertreten sind, fehlt es nicht an bekannten Namen. Die Bruno-Kessler-Stiftung (FBK), führend auf dem Gebiet der Kernphysik, und Cosbi Microsoft Research, führend bei Synergien zwischen Informatik und biologischen Systemen, haben ihre Standorte und Zelte aufgeschlagen.

Im Frühjahr hat in Trient der italienische Ableger der europäischen Wissens-und Innovationsgemeinschaft EIT ICT Labs eröffnet. Weitere Zentren finden sich in Berlin, Paris, Stockholm, Helsinki und Eindhoven. Innovationen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie sollen beschleunigt werden.

Die Universität Trient arbeitet mit Unternehmen wie der Telecom Italia, dem staatlichen Forschungsinstitut CNR, sowie dem Forschungszentrum von Fiat zusammen. Aber: "Geld allein reicht nicht aus, wenn der Mut, Neues zu probieren, fehlt. Mit neuen Technologien schaffen wir Arbeitsplätze, das ist unser Weg aus der Krise", sagt Regionalpräsident Lorenzo Dellai.

Zwischen Italien und Österreich wurde dazu im Frühjahr ein bilaterales Abkommen geschlossen: die Unis Trient, Bozen und Innsbruck riefen ein Projekt "Erasmus der zweiten Generation" ins Leben mit Fokus auf Forschung und Qualitätsausbildung.

"Innovation entsteht an der Basis. Günstige Bedingungen von ´oben´ schaffen einen Humus für Start-ups, aus denen neue Arbeitsplätze entstehen", betont Fausto Giunchiglia , Leiter des Instituts für Informations- und Kommunikationstechnologie an der Universität Trient.

Aus OÖ

Ein "Silicon Valley" im Trentino

Julian Stöttinger lebt nach Forschungsaufenthalten in Amsterdam und Paris seit Juni 2011 in Norditalien. Der 31-jährige Oberösterreicher absolvierte sein Doktorat an der Technischen Universität Wien am Computer Vision Lab und forscht in Trient zum Thema Wissensmanagement. "Die Datenmengen werden immer größer, daher geht es darum, wie man dieses Wissen online abspeichert und wiederfindet", erklärt Stöttinger.

Firmen wie Google, ein Sponsor der Forschungsarbeiten in Trient, wissen nicht mehr, wie sie ständig größer werdende Datenmengen in der elektronischen Datenverarbeitung handhaben sollen. Es geht darum, bei Suchfunktionen die Zusammenhänge zwischen Bildern und Wörtern zu verbessern.

Stöttinger erklärt die Materie am Beispiel der Sucheingabe "Paris Hilton": "Da ist weder die französische Hauptstadt noch die Hotelkette gesucht , sondern die Celebrity. Anders, wenn man die Wörter getrennt eingibt."

Ein gutes Beispiel sei auch New York. Dass man bei Eingabe in der Suchmaschine sofort Infos zur US-Trendmetropole erfährt, und nicht etwas über die britische Grafschaft York und vielen Infos zu "new", ist Leuten wie Stöttinger zu verdanken.

Auch wenn der Bildverarbeitungs-Experte in seiner Freizeit die Berge genießt, wird Südtirol eine Zwischenstation bleiben: "Es ist in unserer Branche wichtig, Auslandserfahrungen zu sammeln." Ein anderer Forscher, Oswald Lanz, ist für Visionstechnologie an der Bruno-Kessler-Stiftung verantwortlich.

In der Praxis werden seine Arbeiten für ein auf Bildverarbeitung basierendes Personenverfolgungssystem genutzt. Das System führt eine Bewegungsanalyse für ein optimiertes Training von Athleten durch und kommt bei großen Sportevents, wie zuletzt bei den Olympischen Spielen in London, zum Einsatz.

Kampf gegen hohe Jugendarbeitslosigkeit

Die Sommerpause für Premier Mario Monti und seine Minister dauerte nur kurz. Am Freitag wurden im Ministerrat neue Maßnahmen zur Ankurbelung der maroden Wirtschaft diskutiert. Entlastung der Lohnnebenkosten für Unternehmen und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit standen unter anderem zur Debatte. Der 69-jährige Mailänder Wirtschaftsprofessor erklärte vorab, dass es nur grünes Licht für jene Vorschläge geben wird, die auch finanziell tragbar sind.

Priorität haben Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die laut Statistikbehörde Istat landesweit ein Rekordhoch von 34 Prozent erreicht hat. Die Krise macht auch Akademikern zu schaffen, deren Arbeitslosenquote im ersten Quartal 2012 gegenüber dem Vorjahr um 41,4 Prozent zunahm. Arbeitsministerin Elsa Fornero konkretisierte ihren Plan zur Reduktion der derzeit zu hohen Lohnnebenkosten. Sie plädiert für Steuer­entlastungen von Unternehmen, die gezielt Jugendliche anstellen.

Der Ausbau der Infrastruktur ist ebenfalls Teil des neuen Pakets. Italien benötigt dringend moderne Infrastruktur – die Kosten dafür belaufen sich auf geschätzte 300 Milliarden Euro. Mit Steuerentlastungen bei großen Infrastrukturarbeiten will man etwa die Bauwirtschaft wieder ankurbeln. 27.000 Unternehmen mussten krisenbedingt im vergangenen Jahr in der Bauwirtschaft schließen. Die Verteilung von Baugenehmigungen soll künftig transparenter und strenger gehandhabt werden, um Korruption zu stoppen. Die öffentliche Verwaltung soll mit neuen Technologien aufgerüstet werden. Die Regierung will zudem die Konditionen bei Unternehmensgründungen attraktiver gestalten und die Bürokratie eindämmen.

Ein Energieplan sieht vor, dass Investitionen in Gaspipelines aus Algerien verstärkt gefördert werden sollen. Italien soll sich als Drehscheibe für Öl- und Gasimporte aus Nordafrika und Zentralasien in Richtung Europa etablieren.

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