Ein Jahr Pferdefleisch-Skandal in Österreich

Fleischer Josef Freitag hat seinen Betrieb mittlerweile umbenannt. Es gebe nach wie vor Würste mit und ohne Pferdefleisch - jetzt sei allerdings alles korrekt deklariert.
Vor einem Jahr wurde nicht deklariertes Pferd in Kärntner Wurstprodukten entdeckt. Erstaunliche Kehrtwende: Pferdefleisch ist heute beliebter als vor dem Skandal. Eine Chronologie.

Wir schreiben den 20. Februar 2013. In den Würsten des Lavanttaler Fleischers Josef Freitag wird neben Rind und Schwein auch - nicht deklariertes - Pferd entdeckt.

Vor genau einem Jahr hat der europaweite Lebensmittelskandal um nicht deklariertes Pferdefleisch damit auch eine österreichische Dimension bekommen. Die Ermittlungen in dem Fall - es geht um Betrugsverdacht - waren zuletzt noch am Laufen, man wartete auf ein Ergänzungsgutachten.

Würste in ganz Österreich vertrieben

Der damalige SPÖ-Gesundheitsreferent Peter Kaiser (heute Landeshauptmann) hatte den Fall publik gemacht. Demnach führten anonyme Hinweise die Lebensmittelaufsicht zu der Lavanttaler Fleischerei, bei den Sorten "Kärntner Hauswürstel" und "Lavanttaler Bauernwurst" wurden die Kontrolleure tatsächlich fündig (mehr dazu ...). Der Pferdefleischanteil in den Produkten lag bei 18 bzw. 27,2 Prozent, auf der Verpackung war davon aber nichts zu lesen. Die Kärntner Würste waren in ganz Österreich vertrieben worden, wurden aber mit Aufkommen des Skandals aus den Regalen genommen.

Pferdefleisch für den Geschmack

Der Fleischer wies den Vorwurf zunächst zurück. Er wisse nicht, wie das Pferd in seine Würste gekommen sei. Wenige Tage später legte er bei der Polizei ein Geständnis ab (mehr dazu ...). Der Fleischer gab zu, über eineinhalb Jahre Pferdefleisch aus der Steiermark und aus Deutschland verwendet zu haben. Dies habe er getan, um Qualität und Geschmack zu verbessern. Zum Vorwurf des Betrugs war der Fleischer nicht geständig. Allerdings bekam er mit dem Geständnis ein weiteres Deklarationsproblem: "Kärntner" Würste dürfen kein importiertes "Fremdfleisch" enthalten, so der Leiter der Kärntner Lebensmittelaufsicht, Klaus Dutzler.

Weitere Funde

Neben den Würsten waren im Zuge des Skandals weitere Pferdefleisch-Funde in Kärnten gemacht worden. In der Fleischerei Freitag fand man als Rind deklariertes "Wurstfleisch", ein zur Weiterverarbeitung bestimmtes Rohprodukt. Laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bestand es zu hundert Prozent aus Pferd (... mehr dazu). Weiters wurde in einem Tiefkühllager in Klagenfurt Pferdefleisch ungeklärter Herkunft gefunden. Das Lager gehörte dem Fleischer Freitag, er gab jedoch an, es an seinen steirischen Lieferanten vermietet zu haben.

"Wir produzieren weiter, die selbe Schiene"

Zu den inzwischen ein Jahr alten Vorwürfen gegen ihn wollte Fleischer Josef Freitag gegenüber der APA nicht Stellung beziehen. Seinen Betrieb hat er umbenannt, aber "wir produzieren weiter, die selbe Schiene", sagte er. Es gebe nach wie vor Würste mit und ohne Pferdefleisch, jetzt sei allerdings alles korrekt deklariert. Das Pferdefleisch sei weiterhin Importware, Rind und Schwein stamme aus Österreich.

Härtere Strafen für Betrüger

Wenn in Produkten "nicht das drinnen ist, was drauf steht", drohen den Schuldigen in Österreich mittlerweile saftige Strafen bis hin zum Freiheitsentzug, so Christoph Ertl, Sprecher des Gesundheitsministeriums. Zudem wurden auf Initiative von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) in der Zwischenzeit höhere Mindeststrafen eingeführt und die Verwaltungsstrafen allgemein nach oben geschraubt. 300 Euro werden jetzt bereits fällig, wenn Feinkost-Mitarbeiterinnen in Supermärkten zum wiederholten Mal keine Häubchen tragen. 700 Euro beträgt nach der Novelle im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz die Mindeststrafe, falls Fleisch vorsätzlich falsch gekennzeichnet wurde.

Auch die EU unternahm Anstrengungen, um einen solchen Lebensmittelskandal kein zweites Mal zu erleben. Ab 1. April 2015 muss neben der bereits bestehenden verpflichtenden Kennzeichnung der Herkunft von Rindfleisch auch die Herkunft von Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch gekennzeichnet werden. Dazu erließ die EU-Kommission im Dezember 2013 eine Durchführungsvorschrift.

Pferdefleisch beliebter als vorher

Interessantes Detail am Rande: Das Image von Pferdefleisch dürfte durch den Skandal nicht gelitten haben. Carolin Krejci, Leiterin der Abteilung Lebensmittelrecht, -sicherheit und -qualität im Gesundheitsministerium, zufolge wurde die Neugier auf Pferdefleisch geweckt, so dass Pferdefleischhauer direkt nach dem Skandal einen starken Zulauf hatten, der immer noch anhält.

15. Jänner 2013: In Großbritannien und Irland werden in Hamburgern Spuren von Pferdefleisch entdeckt. Der irischen Lebensmittelaufsicht FSAI zufolge werden die als Rindfleisch gekennzeichneten Lebensmittel unter anderem von den Supermarktketten Aldi und Lidl verkauft (mehr dazu ...).

15. Februar 2013: Der Pferdefleisch-Skandal kommt auch in Österreich an. Die AGES, die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, findet in einer Probe nicht deklariertes Pferdefleisch. Bei dem positiv getesteten Produkt handelt es sich um "Tortelloni Rindfleisch", das von einem Hersteller in Deutschland stammt und vom Diskonter Lidl verkauft wird (mehr dazu...).

20. Februar 2013: Nicht nur Fertigprodukte sind von dem Skandal betroffen: In einer Kärntner Fleischerei werden mehrere Produkte mit nicht deklariertem Pferdefleisch entdeckt. Bei den Sorten "Kärntner Hauswürstl" und "Lavanttaler Bauernwurst" werden Spuren von Pferdefleisch nachgewiesen, in der Rohware "Wurstfleisch" finden die Kontrolleure der AGES zufolge sogar 100 Prozent Pferde-DNA statt jener von Rindern (mehr dazu ...).

6. August 2013: Das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz in Österreich wird durch eine Novelle verschärft. Erstmals sind Haftstrafen für die vorsätzliche falsche Kennzeichnung von Fleisch vorgesehen, die Mindeststrafen werden erhöht. Wiederholungstaten werden mit bis zu 100.000 Euro Geldstrafe geahndet.

14. Dezember 2013: Die EU-Kommission beschließt neben der bereits bestehenden Regelung für Rindfleisch eine entsprechende Durchführungsverordnung bezüglich der Angabe des Ursprungslandes bzw. Herkunftsortes von frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Die Regelung tritt mit 1. April 2015 in Kraft.

6. Februar 2014: Kein Ende des Betrugs: Niederländische Behörden beordern rund 28.000 Tonnen verdächtiges Fleisch zurück, das möglicherweise mit Pferdefleisch vermischt ist. Eine Großschlachterei muss die gesamte Produktion der vergangenen zwei Jahre vom Markt nehmen, teilt die Kontrollbehörde für Nahrungsmittel in Utrecht mit (mehr dazu ...).

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