Ein Energie-Markt für alle 28

Eine Verstärkung der grenzüberschreitenden Stromleitungen könnte den EU-Staaten jedes Jahr Ersparnisse in Milliardenhöhe bringen.
Eine Energie-Union soll die EU unabhängiger, Energie billiger machen.

Es gibt mehrere Ebenen, auf denen das Thema Energieversorgung derzeit intensiv diskutiert wird: Nach ökologischen Gesichtspunkten, wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß zu senken und die Energie-Effizienz zu erhöhen. Nach ökonomischen Kriterien, wenn es um die Preise geht, die Privatkunden und Industrie für ihre Energieversorgung zahlen müssen. Und nicht zuletzt aus geopolitischer Sicht, wenn es darum geht, dass sich die EU-Staaten angesichts der Ukraine-Krise unabhängiger machen wollen von russischem Gas.

Einkaufsgemeinschaft

Die EU-Kommission will mit einem Masterplan, dessen Grundzüge am Mittwoch in Brüssel präsentiert wurden, all das und noch mehr auf einmal anpacken. Mit einer "Energie-Union" will man drei große Ziele verfolgen: Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Dahinter steckt zum Teil ein Ausbau bestehender Ziele: Der "Vorrang für Energieeffizienz" etwa oder der "Übergang auf eine dauerhaft CO2-arme Gesellschaft" sind nicht neu – schon jetzt haben sich die EU-Staaten Klimazielen verschrieben, die darauf abzielen. Andere Punkte sind kontroversieller, weil sie eine Abkehr von der stark national geprägten Energiepolitik bedeuten würden.

So will es die Kommission Staaten leichter machen, gemeinsam Energie einzukaufen. Rund die Hälfte des Energiebedarfs in der EU wird durch Importe gedeckt; manche Staaten im Osten sind praktisch vollständig von Russland abhängig. Einkaufsgemeinschaften sollen hier eine stärkere Verhandlungsposition sichern. Gleichzeitig will man – etwa durch den Südlichen Gaskorridor – grundsätzlich unabhängiger werden. Und: Die Kommission fordert mehr Transparenz bei Importen. Das könnte heißen, dass Staaten und Unternehmen nicht nur ihre Lieferverträge in Brüssel vorlegen, sondern die Kommission in die Verhandlungen einbinden müssen.

Das dürfte auf Widerstand stoßen, ebenso, wie man wohl beim Energiemix – Atomkraft ja/nein – auch künftig Entscheidungen auf nationaler Ebene treffen wollen wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Energieflüsse sollen "so behandelt werden, als ob sie die fünfte Grundfreiheit der EU wären", heißt es. Statt 28 nationaler Märkte soll es auch bei Energie einen echten Binnenmarkt geben. Davon, sagt die Kommission, würden die Verbraucher profitieren: Ein besser verbundenes Energie-Netzwerk könnte pro Jahr bis zu 40 Milliarden Euro einsparen.

Fünfte Grundfreiheit?

Der Binnenmarkt der EU basiert auf vier Grundfreiheiten: Freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, freier Kapital- und Zahlungsverkehr, Dienstleistungsfreiheit. Geht es nach der EU-Kommission, soll der gemeinsame Energiemarkt bald Grundfreiheit Nummer fünf bilden.

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