E10: "Verbraucher entscheidet"

E10: "Verbraucher entscheidet"
Deutschlands Umweltminister Norbert Röttgen sieht beim Biosprit E10 keine anhaltenden Probleme. Letztlich habe der Kunde die freie Wahl.

Im KURIER-Interview sprach der deutsche Umweltminister über neue Geschäftsmodelle, die verhindern sollen, dass überschüssiger deutscher Windstrom künftig zu billig nach Österreich fließt. Bei heiklen Themen, wie einem etwaigen österreichischen Atomstrom-Importverbot oder der Einführung des Biotreibstoffs E10, blieb der CDU-Politiker betont ausweichend.

KURIER: In Österreich soll kommendes Jahr E10, also Benzin mit einem Anteil von zehn Prozent Bioethanol, eingeführt werden. Angesichts der anhaltenden Probleme in Deutschland: Raten Sie davon ab?
Norbert Röttgen:
Das muss jedes Land selbst entscheiden. Anhaltende Probleme in Deutsdhland kann ich nicht erkennen. Es handelt sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die uns verpflichtet, die Einführung von E10 zu ermöglichen. Ob es tatsächlich angeboten wird, darüber entscheidet die Mineralölwirtschaft. Der Staat schafft die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass die Produktion von Biokraftstoffen nachhaltig erfolgt. Es gab keine technischen Probleme bei der Einführung, gerade hat ein zweiter großer Anbieter die flächendeckende Einführung angekündigt. Und um ein oft verbreitetes Missverständnis auszuräumen: In Deutschland wird E10 zwar angeboten, es herrscht aber kein Zwang. Jeder, der es tanken will, kann es tun - oder auch nicht.

Hat E10 Zukunft?

Unter den genannten Voraussetzungen: ja. Letztlich entscheidet der Verbraucher.

Österreichische Umweltorganisationen forcieren vehement ein Atomstrom-Importverbot. Wie würde Deutschland reagieren, wenn es tatsächlich dazu kommt?

Aus deutscher Sicht möchte ich das nicht kommentieren. Das ist eine innerstaatliche Angelegenheit, die in Österreich selber debattiert und entschieden werden muss. Aber natürlich stehen wir zum europäischen Strommarkt, weil er für die Verbraucher gut ist.

Wenn ein Importverbot beschlossen wird, dann würde es aber natürlich auch Deutschland betreffen, die grenzüberschreitenden Stromflüsse zwischen den beiden Ländern, auch mit Atomstrom, sind ja noch auf Jahre hin Realität.

Warten wir ab, wie diese Debatte in Wien ausgeht.

Wie realistisch ist ein Atomstrom-freies Europa?
Die Entscheidungen über den Energiemix sind in den einzelnen Ländern zu treffen. Für Deutschland haben wir festgelegt, innerhalb einer Dekade sukzessive auf Kernenergie zu verzichten und auf modernere und sichere Technologien zu setzen.

In deutschen Boulevard-Medien gab es unlängst einen Aufschrei, wieso Deutschland seinen überschüssigen Windstrom billigst nach Österreich verkauft, dieser dort in Pumpspeicherkraftwerken veredelt wird und dann teuer nach Deutschland zurückverkauft wird. Was ist Ihre Meinung?

Dass wir Strom-Importe und -Exporte haben ist kein Spezifikum der Windenergie. Hier geht es z.B. auch um konventionelle Kraftwerke, die aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht dauernd hoch- und runtergefahren werden. Wir (die Umweltminister der vier deutschsprachigen Länder, Anm.) haben bei unserem Treffen allerdings über Möglichkeiten gesprochen, wie man durch eine Kooperation bei den Speichern und den Erneuerbaren Energien Angebot und Nachfrage besser regeln könnte.

Wie könnte so eine Kooperation aussehen?
In Deutschland erzeugter Strom aus Wind oder Fotovoltaik könnte in den Alpen mittels Pumpspeicherkraftwerken gespeichert werden, um ihn in Zeiten des Bedarfs verwenden zu können.

Das ist ja bereits gelebte Praxis. Es geht wohl um einen, auch für Deutschland, wirtschaftlich interessanten Unterbau.

Genau, hier könnten sich ganz neue Geschäftsmodelle zwischen den Ländern entwickeln.

Angesichts einiger AKW-Abschaltungen kam in Deutschland jüngst die Frage auf, ob die Stromversorgung im Winter gewährleistet ist. Auch in Österreich wurde nachgefragt, ob im Bedarfsfall Strom über die Grenze geliefert werden kann. Ist Deutschland gewappnet?
Wir haben beachtliche Reservekapazitäten über die bislang gemessene Höchstnachfrage hinaus. Aber wir haben uns auf der Basis eines Vorschlags der Bundesnetzagentur auf alle Eventualitäten vorbereitet.

Welche Hoffnungen setzen Sie in die Klimakonferenz in Durban/Südafrika Ende November? Wie realistisch ist ein neues Klimaabkommen?

Keiner geht davon aus, dass es ein verbindliches Abkommen geben wird. Aber wir arbeiten daran, dass das, was in Cancun beschlossen wurde, jetzt auch umgesetzt wird und dass auf dem Weg zu einem rechtsverbindlichen Abkommen einige konkrete Schritte zurückgelegt werden.

Also wieder nur ein Gipfel, der den nächsten Gipfel vorbereiten soll?
Nein, es müssen Entscheidungen getroffen werden. Es geht um ein Paket, bestehend aus Technologiekooperationen, der Unterstützung von Entwicklungsländern, Waldpolitik und um die konkrete Bemessung von Fortschritten. Auch wenn der Prozess mühsam ist, darf man nicht aufgeben.

Zur Person: Norbert Röttgen

Berufspolitiker Mit 17 Jahren trat der Jurist Norbert Röttgen (46) bereits der CDU bei. Seit 2009 ist er Minister für Umwelt und Reaktorsicherheit, seit 2010 stellvertretender Vorsitzender der CDU. Er gilt als enger Vertrauter von Angela Merkel. Ihm werden Kanzler-Ambitionen nachgesagt.

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