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Auf der Suche nach neuen Märkten
Mitterlehner, Kurz und Rupprechter wollen Österreichs Handelsvolumen rasch verdoppeln.
Drei Jahre war kein österreichisches Regierungsmitglied in China, seit Montag sind es dafür gleich drei, Vizekanzler Mitterlehner und die Minister Kurz und Rupprechter. Dazu führt Kammerpräsident Leitl eine riesige Wirtschaftsdelegation an, und der Präsident der Akademie der Wissenschaft, Zeilinger, ist mit vielen anderen Forschern da.
Österreich will mit China mehr Geschäfte machen. Ganz ohne Klischees geht es aber nicht. Ein Internet-Portal wurde am Montag präsentiert, da werden in den sozialen Medien und per Internet-TV die Stärken Österreichs gezeigt. Schönbrunn und die Sisi dürfen nicht fehlen, es werden aber auch starke Industriemarken präsentiert.
Außenminister Kurz war beim abendlichen Empfang ein beliebtes Motiv für Fotos und Selfies. Männer in seinem Alter üben in China bestenfalls das Tragen von wichtigen Aktentaschen.
Bis 2020 soll das Handelsvolumen auf 20 Milliarden Euro verdoppelt werden, wobei Präsident Leitl aufmerksam macht, dass die Dienstleistungen noch schneller wachsen als die Produktion. Vizekanzler Mitterlehner findet es symptomatisch, dass der chinesische Vizepremier Wang freimütig den enormen, gesundheitsgefährdenden Smog angesprochen hat. Es werde offen über Probleme gesprochen. Auch die Rechtssicherheit für Investitionen, die noch eher bescheiden ist, soll verbessert werden. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei tagt gerade dazu.
Das Wirtschaftswachstum hat sich in China um die 7 Prozent eingependelt, mehr wolle man nicht, sagt die kommunistische Führung, die Belastungen der Umwelt sind schon jetzt gewaltig. Dafür soll die Forschung verstärkt werden, und hier ist man auf der Suche nach Partnern. Für die Forschungsförderungsgesellschaft ist Henrietta Egerth angereist. Sie will Abkommen abschließen, wodurch österreichische Unternehmen leichter Geld und Partner in der Region finden. Egerth sagt, dass die Schweizer schon oft vor uns da waren, auch Christoph Leitl meint: "Die Kreativität haben wir, aber wir müssen schneller werden. "
Auch die Politik Chinas wird thematisiert. Die Unruhen in Hongkong haben sowohl Mitterlehner als auch Kurz angesprochen, ohne nennenswerte Reaktion. Die Spannungen zwischen der EU und Russland beschäftigten Vizepremier Wang. "Politische Probleme müssen politisch behandelt werden, Sanktionen schaden allen, wir sind Freunde von Russland und Europa," sagte Wang zu den Österreichern. Präsident Leitl applaudierte, was man bei solchen Gesprächen sonst nicht macht, wie er selbst gestand.
Die Regierung müsse wiederkommen, so Mitterlehner. Es muss ja nicht die ganze sein, wie das inzwischen die Deutschen praktizieren. Kanzlerin Merkel war in den letzten beiden Jahren sieben Mal in China.
Applaus von den Chinesen
Christoph Leitl ist ein internationaler Mann, ist er doch auch Chairman der Global Chamber Platform. Also begrüßt er die Teilnehmer des österreichisch-chinesischen Wirtschaftsforums 2014 in Peking mit einem fröhlichen Zao shang hao - Guten Morgen. Dafür gibt es Applaus von den Chinesen.
Leitl verwies darauf, dass in China inzwischen die Dienstleistungen stärker wachsen als die Industrieproduktion. Ein Projekt sieht die Schaffung eines Wintersportorts vor, das Weingut Heinrich aus Deutschkreutz wird mit einem Importeur kooperieren, Umwelttechnologie ist in dem Smog geplagten Land auch willkommen.
Schattenseiten
Freilich gibt es an dem vielgelobten chinesischen Wachstum auch Zweifel. Das größte Problem des Landes ist die Korruption, dazu kommt eine enorme Landflucht. Um die vielen Wanderarbeiter einzugliedern, müssen alleine dafür rund 20 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Zentralkommitee der Kommunistischen Partei tagt gerade, um die Einführung von mehr Rechtssicherheit zu beraten. Aber wie soll ein Rechtsstaat funktionieren, wenn allmächtige Partei immer das letzte Wort haben will? Diesen Widerspruch wird niemand auflösen können. Aber vorerst garantiert die Partei auch Stabilität. Das Suchen Unternehmer in diesen wirtschaftlich so schwierigen Zeiten.
„Können hier Russland-Verluste kompensieren“
Der Mond-Knochen ist ein kleines Stück Knorpel am Schulterblatt von Schweinen. „In Österreich wird das meist weggeworfen, weil wir keine Verwendung dafür haben“, erzählt der Waldviertler Unternehmer Alfred Dachsberger jun. vom gleichnamigen Fleischerzeuger. „Wir waren gestern in einem normalen Supermarkt in Peking, und da ist mir aufgefallen, dass der Mond-Knochen teurer verkauft wird als das Schweinsfilet.“
Dachsberger ist mit einer großen Wirtschaftsdelegation von Agrarminister Andrä Rupprechter im Land der Mitte. Ziel der Reise: Chinas Importbestimmungen für österreichische Fleischprodukte zu öffnen. Der Markt war bisher verschlossen. „In China sind viele Teile vom Schwein, die wir wegschmeißen, eine Delikatesse, die wir für gutes Geld verkaufen können“, sagt der Unternehmer. Also etwa Schweinekopf, Schweinebauch und eben spezielle lokale Delikatessen wie der Mond-Knochen.
Minister Rupprechter hatte erst vor wenigen Tagen in Seoul, Südkorea, einen Deal unterzeichnet, um den südkoreanischen Markt für verarbeitetes Schweinefleisch für Österreichs Exporteure zu öffnen. Nun war er auch in China erfolgreich: „Wir können zufrieden feststellen, dass wir heute beim Leiter der Veterinärbehörde grünes Licht bekommen haben“, berichtet Rupprechter. „Das Abkommen ist fertig ausgehandelt.“ Jetzt müssen noch die Exportbetriebe in Österreich von den Chinesen zertifiziert werden. „Unsere Wirtschaft kann sich nun darauf einstellen, ab kommendem Jahr exportieren zu können.“
Beziffern, wie groß die Exporte nach China werden könnten, traut sich noch niemand. Aber der chinesische Markt mit rund 1,36 Milliarden Menschen ist grundsätzlich riesig. „Ich denke, wir werden mit den Deals in Korea und China die Verluste, die wegen Russlands Importstopp entstanden sind, mehr als kompensieren können.“