Draghi spielt wegen Eurohoch auf Zeit

Eilig hatten es Draghi (r.), EZB-Vize Constancio und Sprecherin Graeff nur auf dem Weg zur Pressekonferenz
Weil der Euro kräftig aufgewertet hat, vertagt die EZB ihre Entscheidung über das Ende der Anleihenkäufe.

Die kräftige Aufwertung des Euro bereitet der Europäischen Zentralbank (EZB) Kopfzerbrechen: Seit Jahresbeginn hat die Währung zum US-Dollar um 14 Prozent zugelegt. "Die jüngsten Schwankungen beim Wechselkurs sind eine Quelle der Unsicherheit", sagte EZB-Chef Mario Draghi in Frankfurt. Dieser sei wichtig für das Wachstum und die Inflation, man behalte ihn im Blick.

Eigentlich war erwartet worden, dass Draghi am Donnerstag Andeutungen dazu macht, wie die EZB ihr umstrittenes Anleihenkaufprogramm zurückfahren will. Das ist nun weiter aufgeschoben. Erst im Herbst will die EZB ihre Instrumente auf den Prüfstand stellen: "Wahrscheinlich wird der Großteil der Entscheidungen im Oktober getroffen." Im Moment kauft die EZB Staatsanleihen und andere Wertpapiere um 60 Milliarden Euro pro Monat. Mit Ende des Jahres läuft das Programm aus, irgendeine Form der Verlängerung gilt aber als wahrscheinlich. An den Niedrigstzinsen wird sich länger nichts ändern: Der EZB-Rat beließ den Leitzins bei null Prozent. Experten rechnen erst 2019 mit einer Anhebung.

EZB ist Feuerwehr, nicht Polizei

Auf lange Sicht wird die Eurozone ein "Re-Design" benötigen, sagte der renommierte Euro-Experte Paul de Grauwe bei einem Vortrag in der Wirtschaftskammer in Wien. Der Euro leide unter einem Geburtsfehler, der bis heute nicht behoben sei.

Er ist "eine Währung ohne eigenes Land": Durch die EZB-Gründung wurde den Regierungen eine Möglichkeit weggenommen, in Krisenzeiten gegenzusteuern. Im Gegenzug seien aber keine Stabilisatoren auf Eurozonen-Ebene geschaffen worden, kritisierte der Belgier, der an der London School of Economics lehrt.

Ein Anfang wäre eine europäische Arbeitslosenversicherung – mit "beschränkten Ressourcen". Ein dauerhafter Transfermechanismus solle das nicht sein, so de Grauwe. Der Kapitalismus sei zwar "fantastisch", um Wohlstand zu schaffen, neige aber zu manisch-depressivem Verhalten, zu Booms und Crashs. Die EZB sei dazu da, im Brandfall mit unbeschränkten Geldspritzen zu löschen – die "Polizei", die über die Regeln wacht, müssten andere sein, etwa die EU-Kommission oder der Europäische Rat.

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