Doris und die Männer

Doris war vor ihrem Karrieresprung ins Nationalratspräsidium langjährige Organisatorin der SPÖ. Dann folgte sie der verstorbenen Barbara Prammer nach.
Verkehrsministerin Doris Bures fördert Frauen - Spitzenbeamte fühlen sich diskriminiert.

Infrastrukturministerin Doris Bures, SP, setzt sich sehr ambitioniert für die Förderung von Frauen ein. Grundsätzlich sehr anerkennenswert. In Österreich sind Frauen in Spitzenpositionen nach wie vor unterrepräsentiert und Bures war schließlich auch einmal Frauenministerin. Die Steuerzahler allerdings könnte ihr Engagement teuer kommen. Bereits der zweite Spitzenbeamte im Verkehrsministerium fordert Schadenersatz – wegen Diskriminierung.

Christian Singer will vom Ministerium die runde Summe von 315.000 Euro nach Steuern. An aktivem Verdienstentgang und der Minderung von Pensionsansprüchen. Der Spitzenjurist fühlt sich aufgrund seines Geschlechts bei der Vergabe der Leitung der Gruppe „Telekommunikation und Post“ übergangen. Den Job bekam Sabine Joham-Neubauer, die von der Telekom-Regulierungsbehörde RTR ins Ministerium wechselte. Obwohl sie im Bewerbungsverfahren von der hausinternen Begutachtungskommission nur auf Platz vier gereiht wurde und Singer die höchste Punktezahl erhielt.

Das gelang mit einem höchst kreativen Kunstgriff. Die Bewertung wurde einfach in drei Kategorien eingeteilt. Alle, die mehr als 80 von 100 Punkten schafften, wurden als „höchst“ und damit „gleich“ qualifiziert eingestuft. Eine Bandbreite, die kein seriöser Personalberater durchgehen ließe. Wenn aber alle Bewerber gleichermaßen gut qualifiziert sind, muss laut Gleichbehandlungsgesetz die Frau den Job bekommen.

Aus Gewerkschaftskreisen, in der Kommission sitzen auch Personalvertreter, hört man zudem Bemerkenswertes. Die Kommissionsmitglieder sollten drei Bewerber, darunter Singer und die spätere Gewinnerin, gleich bewerten, nämlich mit rund 91 Punkten. Dafür soll, wird kolportiert, ein Formblatt ausgeteilt worden sein, in dem das Gesamtergebnis schon eingetragen war. Es waren nur noch die Einzelbewertungen entsprechend auszufüllen. Als sich die Gewerkschaft weigerte, soll das Formular schubladisiert worden sein. Singer erhielt schlussendlich 92,25 bzw. 97,5 Punkte, Joham-Neubauer rangierte um 10 bzw. 12 Prozentpunkte dahinter. Singer sowie das Ministerium wollten mit Berufung auf ein laufendes Verfahren gegenüber dem KURIER keinen Kommentar abgeben.

Der unterlegene Singer marschierte übrigens vor die Gleichbehandlungskommission. Diese wollte keine Diskriminierung feststellen. Dass auf die Hüterinnen der Geschlechterneutralität politisch Druck ausgeübt worden sei, ist sicher nur ein böses Gerücht.

Hätte für Bures jedenfalls nicht gut ausgesehen, wenn die Gleichbehandlungskommission ein zweites Mal gegen ihre Personalbestellungen entschieden hätte. Im Rennen um die Leitung der neuen Groß-Sektion „Verkehr“ verlor der Jurist Peter Franzmayr gegen die angebliche Bures-Vertraute Ursula Zechner. Ebenfalls mit dem Trick der breit gefassten Qualifikationskategorie. Franzmayr zog vor die Gleichbehandlungskommission, die beschied, dass die gleich gute Qualifikation von Zechner „sachlich nicht nachvollziehbar“ sei. Seltsam, dass die nur aus Frauen bestehende Kommission im praktisch gleich gelagerten Fall Singer anders argumentierte.

Franzmayr, der inzwischen als Beamter karenziert ist und bei der Anwaltskanzlei Schönherr jobbt, fordert 380.000 Euro Schadenersatz. Das Ministerium lehnte ab, bildete aber sicherheitshalber eine Rückstellung. Man weiß ja nie. Der Verwaltungsgerichtshof hob den abschlägigen ministeriellen Bescheid im Herbst 2013 wegen Rechtswidrigkeit auf. Eine neue Entscheidung des Ministeriums steht bis dato aus.

Doch die Frauenfreundlichkeit der Ministerin kann auch ihre Grenzen haben. Drei top-qualifizierte Managerinnen bei den ÖBB, die konzernintern für Aufsichtsräte von Tochtergesellschaften vorgesehen waren, wurden von den Kandidatenlisten wieder gestrichen. Wie es heißt, auf Wunsch von Bures.

Derzeit ist ein Posten im unmittelbaren Umfeld der Ministerin vakant. Kabinettschefin Maria Kubitschek kehrte wieder in die Arbeiterkammer zurück und übernimmt dort nach der Pensionierung von Günther Chaloupek die Abteilung für Wirtschaft. Fragt sich, ob Bures die Aufsichtsratsmandate von Kubitschek bei Asfinag, Austrian Institute of Technology und ÖBB-Infrastruktur neu vergeben wird. Gerüchte, Harald Stockbauer sei am Sprung zum neuen Kabinettschef, werden dementiert. Stockbauer verabschiedet sich nach acht Jahren als Konzernsprecher von Siemens-Österreich. Er wurde von Brigitte Ederer geholt und betreute neben Österreich-Chef Wolfgang Hesoun auch Ederer nach ihrem Aufstieg in den Konzernvorstand bis zu ihrem Abgang.

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