Dollar-Crash und US-Pleite: Wirklich undenkbar?

Dollar-Crash und US-Pleite: Wirklich undenkbar?
Die US-Regierung reißt gerade Billionen Dollar große Löcher ins Budget. Eine überaus riskante Strategie.

Wie können sich die Amerikaner das alles leisten? Keine Rede mehr von einem ausgeglichenen Haushalt: US-Präsident Donald Trump hat für 2019 ein 4,4 Billionen Dollar teures Budget vorgeschlagen – mit mehr Geld fürs Militär und für die Mauer zu Mexiko, dafür weniger Mitteln für Ältere, Bedürftige, das Außenamt und den Umweltschutz.

Dazu kämen noch die geplanten 1,5 Billionen Dollar für Infrastruktur-Investitionen und die Steuerreform, die auf Dauer ebenfalls ein Loch von einer Billion Dollar ins Budget reißen wird. Sicher, die kaputten Straßen, bummelnden Eisenbahnen und einfallenden Brücken haben Investitionen dringend nötig – aber alles auf einmal, in einer blühenden Wirtschaftsphase und fast nur auf Pump?

Stellt sich die Frage, wie lange ausländische Investoren dabei noch mitspielen und darauf vertrauen, dass die USA alle Schulden zurückzahlen werden. Oder sind die jüngste Verunsicherung an den Börsen und die unerklärliche Dollar-Schwäche bereits erste Vorboten einer Vertrauenskrise?

Dollar-Crash und US-Pleite: Wirklich undenkbar?
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Der Dollar wird's scho richten

Viele sind der Ansicht, die USA könnten gar nicht pleite gehen, weil der Dollar die Welt-Leitwährung ist. Ein "unverschämtes Privileg", schimpfte Frankreichs Finanzminister Giscard d’Estaing schon in den 1960ern. Wie äußert sich das?

Geld drucken

Die USA kostet es ein paar Cent, einen Hundert-Dollar-Schein zu drucken. Andere Länder müssen Waren oder Dienstleistungen im vollen Gegenwert liefern, um an die Währung heranzukommen, die etwa für den globalen Rohstoffhandel benötigt wird. Im Ausland sind geschätzte 900 Milliarden Dollar im Umlauf. Dieser Gewinn ist freilich mickrig gemessen an anderen Vorteilen.

Sicherer Hafen

Wenn es an den Märkten turbulent wird, suchen Investoren traditionell Zuflucht in sicheren Anlagen. Dazu zählen Anleihen des US-Finanzministeriums. Bizarr: Die USA standen einige Male kurz vor der Staatspleite, weil sich die Demokraten und Republikaner nicht einig wurden. In ihrer Panik griffen Investoren dennoch zu US-Schuldtiteln. Ausgerechnet.

Reserven

Notenbanken haben US-Papiere im Wert von rund fünf Billionen Dollar in den Tresoren liegen. Die konstante Nachfrage hält die Zinskosten tiefer als für andere Staaten – und ermöglicht es den USA, Jahr für Jahr weit mehr Waren aus dem Ausland zu konsumieren, als sie selbst produzieren.

Schulden

Weil die USA ihre Auslandsschulden ausschließlich in Dollar haben, können sie diese notfalls mittels Gelddrucken begleichen und "weginflationieren". Das würde einen schwächeren Dollar-Kurs erklären, ginge aber voll auf Kosten ausländischer Investoren und Exportnationen. Griechenland konnte sich 2010 so nicht retten, weil es keinen Zugriff auf die Europäische Zentralbank hatte.

Heimvorteil

Die großen Bonitätswächter sind amerikanisch (Moody’s, Standard&Poor’s) oder US-dominiert (Fitch). Das erklärt womöglich die Topratings (AAA, AA+) trotz der hohen Schulden. Die chinesische Dagong gesteht den USA nur noch die fünftbeste Kreditwürdigkeit (BBB+) zu.

Vertraute Szenarien

Heißt das, dass die USA nie pleite gehen können? Nein. Währungsexperte Barry Eichengreen, Professor der Uni Kalifornien, hat zwei Drohszenarien beschrieben: Eine Konfrontation mit China, ausgelöst etwa durch Handelskonflikte oder Streit über Nordkorea, könnte dazu führen, dass die Asiaten ihre Guthaben und US-Papiere unerwartet auf den Markt werfen. Das sei aber unwahrscheinlich: "Es könnte sein, dass wir noch einen Dollar-Crash erleiden, aber nur wenn wir ihn selbst verursachen. Die Chinesen werden uns das nicht antun." Sie würden damit nämlich ihre eigenen Ersparnisse entwerten.

Das größere Risiko sei eine hausgemachte Budgetkrise, ausgelöst durch sinkende Staatseinnahmen (also Steuerreform) und ausufernde Ausgaben (etwa durch Konjunkturpakete). Klingt nach dem üblichen Trump-Bashing? Keineswegs. Das hatte Eichengreen im Jahr 2011 geschrieben ("Exorbitant Privilege: The Rise and Fall of the Dollar"). Und da war von einem Präsidenten Trump noch lange keine Rede – der hat damals noch als TV-Star Lehrlinge gefeuert.

Vor einigen Wochen hatte US-Präsident Trump hohe Strafzölle auf Waschmaschinen und Solarpanele aus Südkorea und China verhängt. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Seit Dienstag müssen alle Firmen, die die Chemikalie Styrol für die Kunststofferzeugung liefern, in China eine „Kaution“ von fünf bis elf Prozent hinterlegen. Ob diese als Einfuhrzoll einbehalten wird, sei noch nicht entschieden, hieß es in Peking.

Das soll ganz klar US-Firmen treffen, die 2017 Styrol um vier Milliarden Dollar nach China exportiert hatten. Geprüft werden auch Zölle auf Hirse und Sojabohnen. Das würde ebenfalls den USA schaden: Sie haben im Vorjahr Agrargüter im Wert von 15 Milliarden Dollar geliefert.

Die US-Regierung hat angekündigt, ihrerseits Importe von großen Stahlrohren, Aluminiumblechen oder Sperrholz ins Visier zu nehmen. Das nährt Befürchtungen, dass sich der Konflikt zum Handelskrieg hochschaukelt.

Trump hat sich wiederholt für einen Kurs der Abschottung stark gemacht. Er verspricht sich davon, verloren gegangene Industriejobs in die USA zurückzuholen.

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