Digitalsteuern: Registrierkassa für Amazon & Co.

Digitalsteuern: Registrierkassa für Amazon & Co.
Die EU-Finanzminister zerbrechen sich die Köpfe, wie sie Online-Konzerne fair besteuern sollen.

Der Bär ist noch nicht erledigt, sein Fell aber schon verteilt. Die Steuerkonzepte von SPÖ, ÖVP und FPÖ wollen aus dem Kampf gegen die Steuervermeidung internationaler Konzerne hohe Beträge lukrieren: Reichlich optimistisch, denn der Vorstoß steht am Anfang.

Das Problem: Konzerne wie Google, Facebook, Amazon und Co. zahlen für digitale Services viel weniger Steuern als alteingesessene Firmen, die Waren handeln. Ein klarer Vorteil für die digitalen Newcomer – und die sind keine Start-ups, sondern die gemessen am Marktwert größten Konzerne der Welt.

Das Ratsvorsitzland Estland (PDF, englisch, 4 Seiten) klopft am Samstag in Tallinn die Meinungen der EU-Finanzminister ab, damit bis Dezember eine EU-Position gefunden wird.

Diskutiert werden:

Der große Wurf

Das Steuersystem setzt derzeit an einer völlig veralteten Definition der Betriebsstätte an, die für das Online-Zeitalter untauglich ist. Um das zu ändern, müssten sich alle EU-Staaten einstimmig einigen. Länder wie Irland und Niederlande, wo viele Internet-Konzerne angesiedelt sind, haben jedoch wenig Interesse an einer Reform.

Schnelle Reparaturen

Die Großen ( Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien) sind vorgeprescht und wollen, dass die Internetkonzerne Steuern auf Basis ihres Europa-Umsatzes zahlen. Diskutiert werden fünf Prozent Aufschlag auf die Umschlagsteuer – das wäre neu, denn bisher bemessen sich die Körperschaftsteuern am Gewinn. Weitere Ideen: die Ausweitung von Werbesteuern auf Online-Inserate, eine Steuer auf Videostreams (Netflix & Co.) analog zu DVD-Steuern, eine Abgeltungssteuer auf Transaktionen bzw. eine "Klick-Steuer" auf Basis von Zugriffszahlen – mit der heiklen Frage, was ein Klick kostet.

Mehr Euro – ja, aber viel später

Unterdessen war das Treffen der Eurofinanzminister geprägt von den Reaktionen auf den Vorstoß von EU-Kommissionschef Juncker, der die Eurozone auf alle EU-Staat ausweiten will. Dabei waren sich alle einige: Grundsätzlich sei das Fernziel einer Ausweitung der Eurozone zu begrüßen.

Aber, so sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, kein Staat könne gezwungen werden, dem Euro beizutreten: "Ich glaube nicht, dass wir das von oben herab beschleunigen können." Deutschlands Finanzminister Schäuble betonte, dass die ökonomischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Nur Frankreichs Bruno LeMaire schlägt eine leicht andere Richtung ein. Er beharrt auf der Vertiefung der Eurozone: Klarer Fokus auf das stärkere Zusammenwachsen der 19 Euro-Länder statt Erweiterung.

Digitalsteuern: Registrierkassa für Amazon & Co.
Estonian Finance Minister Toomas Toniste (L) welcomes French Economy Minister Bruno Le Maire for an Informal meeting of economic and financial affairs ministers (ECOFIN) in Tallinn, on September 15, 2017. / AFP PHOTO / RAIGO PAJULA
Aber auch Dijsselbloem stellte fest: "Wir sollten die Debatte damit beginnen, was der Eurozone fehlt: Widerstandsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Solidarität."

Lockerung der Fesseln für Athen

Ihrem Sorgen-Mitglied Griechenland haben die Euro-Finanzminister bei der Umsetzung des Sparprogrammes erhebliche Erfolge zugestanden. Ende des Monats wollen die EU-Staaten deshalb über den Vorschlag der Kommission beraten, Athen aus dem Verfahren zur übermäßigen Verschuldung zu entlassen.

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