Die Geschichte der bargeldlosen Zahlung

Die Marktentwicklung zeigt: Immer mehr Menschen zahlen immer öfter bargeldlos.
Seit dem Mittelalter gibt es Systeme für bargeldlosen Geldverkehr – deren Standardisierung die Weltwirtschaft erst möglich machte.

Je nach Auslegung und Interpretation ist die bargeldlose Zahlung sogar älter als das Bargeld selbst. Ab dem Frühmittelalter hat sich auch im arabischen Raum und dem vorderen Orient ein eigenes Hawala-Finanzsystem entwickelt, das den raschen Geldtransfer auch über größere Entfernungen hinweg ermöglichte. Da dieses System informell ist und auf Vertrauen der Handelnden untereinander basiert, ist es zwar kostengünstiger als offizielle Transfers, dafür aber auch nicht durch offizielle Stellen kontrollierbar. Im europäischen Raum gilt der Wechsel, der im Mittelalter in Italien entwickelt wurde, als frühe Form des bargeldlosen Transfers. Es gab zwar auch andere Bezahlmodelle, aber nur der Wechsel blieb erhalten. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre der Scheck, und in weiterer Folge alle anderen heute gebräuchlichen Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.

Der Wechsel

Entscheidend für die Bedeutung und die Wichtigkeit von Wechsel als Zahlungsmittel waren die prosperierenden Seestädte im 10. und 11. Jahrhundert. Vor allem Venedig und der Mittelmeerraum spielten eine zentrale Rolle beim Handel der italienischen Kaufleute. Die Expansion ihrer Tätigkeiten und die Ausbildung eines europäischen und darüber hinausgehenden Handelsnetzwerkes erforderten neue Mittel und Techniken. Engpässe bei den Edelmetallen einerseits, hohe Liquiditätserfordernisse bei den Kaufleuten andererseits, führten zur Entstehung neuer Zahlungssysteme. Die ältesten Formen bargeldlosen Zahlungsverkehrs wurden vermutlich im Raum Genua entwickelt. Dabei handelte es sich um notariell beglaubigte Kredit- und Transferformen, die es ermöglichten, Beträge sicher und schnell über weite Entfernungen zu schicken – ohne teuer und risikoreich Edelmetall zu transportieren: Der Wechsel war erfunden. Dieser machte das bis dahin nötige Korrespondentennetz überflüssig und bezeichnet im Grunde ein Wertpapier, in dem der Aussteller festlegt, dass ein oftmals Dritter von einer bestimmen Stelle oder Person einen Geldbetrag ausgehändigt bekommt. Der Wechsel war ein Zahlungsauftrag mit dem der Aussteller jemand anderen beauftragte eine Schuld an seiner statt zu bezahlen. Wechsel wurden anfangs hauptsächlich innerhalb von Unternehmen und Handelshäusern ausgestellt – um Geldtransfers in der eigenen Organisation auch über weite Entfernungen hinweg zu organisieren. Erst mit der Zeit wurde diese Form der Finanztransaktion auch zu einem gängigen Zahlungsvorgang zwischen verschiedenen Handelshäusern. In weiterer Folge wurden Wechsel auch eingesetzt um einerseits Kreditgeschäfte festzuhalten, und andererseits um Kursdifferenzen zwischen Währungen auszunutzen.

Ab dem 16. Jahrhundert standen mit Indossamenten und Diskonten weitere Finanzierungsinstrumente zur Verfügung deren Einsatz unmittelbar mit der Entwicklung des Börsenhandels zusammenhängt. Indossamente waren Inhaberpapiere, die im Gegensatz zu Orderpapieren formlos übertragen werden konnten. Ein Diskont ist ein Zinsabzug, wenn Schulden früher als nötig beglichen werden. Zusammen mit den europäischen Kolonial-Bestrebungen verbreiteten sich die Finanz- und Handelsinstrumente auch außerhalb Europas und etablierten sich vor allem in Nordamerika und in Teilen der Karibik.

Ein weltweites Netz

Wechsel sicherten Liquidität die sonst kaum oder gar nicht abzusichern gewesen wäre. Im 18. Jahrhundert wurden etwa rund 44 % der Gesamtausgaben zwischen England und Indien bargeldlos transferiert. Zu diesem Zeitpunkt schloss der internationale bargeldlose Zahlungsverkehr neben Europa über St. Petersburg das Russische Reich, und über Konstantinopel das Osmanische Reich mit ein. Fortschritte im Verkehrswesen wie die Eisenbahn, Dampfschiffe oder Telegrafen knüpften dieses Netz immer enger – London entwickelte sich zum Weltfinanzzentrum. Letztlich gelang im Jahr 1869 mit der Festlegung des Wechselkurses zwischen San Francisco und Yokohama der Anschluss des pazifischen Raumes.

Maßgebliche Entwicklungen fanden aber weiterhin in Europa statt. So führte im 19. Jahrhundert die Stabilisierung des italienischen und des deutschen Reiches zur Durchsetzung des Geldstandards. Kleinere Wechselplätze wurden aufgelassen und bald verfügte jeder Staat nur mehr über einen zentralen Finanz- und Wechselmarkt. Um 1900 wurde New York als gleichberechtigter, außereuropäischer Standort ins weltumspannende Finanznetzwerk aufgenommen. Damit war das Fundament für ein stabiles, globales System der Finanztransaktionen bereits vor dem ersten Weltkrieg geschaffen. Ohne diese Entwicklungen wäre eine Weltwirtschaft, wie wir sie heute kennen, nicht möglich gewesen.

In Mitteleuropa gewann zu dieser Zeit der bargeldlose Transfer an Bedeutung. Die Wirtschaft konnte nun über ihre Bargeldreserven hinaus mit Finanzmittel versorgt werden. Sogenannte Landesbanken wurden zu den zentralen Stellen des Zahlungsverkehrs – und übernahmen die Funktionen des Giroverkehrs. Dazu gehörten damals Überweisungen, Scheck, Lastschriften, Wechsel oder auch Abbuchungsaufträge. Die Sparkassen mussten diese Transfers über die Girozentralen schleusen, da nur diese Verrechnungskonten über das eigene Institut hinaus führen konnten. Diese Reglements wurden Mitte des 20. Jahrhundert neu organisiert und vereinheitlicht.

Banken in Österreich

In Österreich wurde die erste Bank 1703 gegründet. Ihr war nur ein kurzes Dasein beschieden, denn sie ging als reiner Schuldendienst für den Staat 1705 Bankrott. Auch der Nachfolger, die Wiener Stadtbank, diente ausschließlich der Finanzierung absolutistischer Herrscherhäuser. Erst mit der industriellen Revolution begannen Banken Zahlungen zwischen Privatleuten und der Wirtschaft zu organisieren, ab dem 19. Jahrhundert spezialisierten sie ihr Angebot. Unterschiedliche internationale Bankenhäuser und deren Töchter bemühten sich um das Geschäft in Österreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil der Banken verstaatlicht, um dann ab den 1990er-Jahren wieder privatisiert zu werden. Banken sind heute die wichtigsten Anbieter von Geldtransferservices an die Kunden, bekommen aber seit einigen Jahren immer mehr Konkurrenz.

- von Martin Mühl

Worin liegt das große Potenzial von mobilem Bezahlen auf dem Handy, vor allem auch was Nutzerfreundlichkeit und Kundenbindung betrifft?

Gerald Gruber: Das Smartphone ist bereits heute unser ständiger Begleiter und aus dem Alltag kaum noch wegzudenken. Ich sehe hier zwei große Bereiche: einerseits bietet sich Banken die Chance, ihren Kunden bessere Möglichkeiten zum persönlichen Finanzmanagement in die Hand zu geben. Komfort – dazu gehören Transaktionsübersichten, Ausgabenrechner oder auch Ratenzahlungen – und Sicherheit, also Transaktionsbenachrichtigungen oder biometrische Authentifizierungsverfahren, stehen hier im Vordergrund. Und andererseits können Händler die Einkaufserlebnisse für ihre Kunden mobil unterstützen mit Location-based Services, In-store Navigation und Multi-Channel-Management, ohne Systembruch und der Möglichkeit, alles mit einem Gerät abzuschließen. Zu den spannenden Beispielen zähle ich die Restaurantkette wagamama aus UK oder, in Österreich, McDonald’s mit Quick Mac.

Auch die Digital Giants wie Apple, Samsung oder Google bieten Bezahllösungen auf Basis von MasterCard an. Wo liegt der Unterschied zwischen deren Angebot und dem der Banken?

Alle genannten Lösungen setzen auf MasterCard/Maestro-Standards auf und haben damit am Ende des Tages dieselbe Akzeptanz im Handel. In der Zukunft können hier aber sogenannte Value-added Services, wie ein übergreifendes Loyalty System oder händlerspezifische Initiativen, durchaus eine größere und differenzierende Rolle spielen. Die regulativen Rahmenbedingungen für das eigentliche Bezahlen werden mittlerweile weitestgehend auf europäischer Ebene definiert und sind für "Digital Giants" dieselben wie für Banken. Anders sieht es bei den erwähnten Mehrwertdiensten aus, die im wesentlichen datenschutzrechtliche Implikationen haben, die zwischen einzelnen europäischen Ländern divergieren können. Die österreichischen Konsumenten gehören hier sicherlich zu den am besten geschützten.

Auch MasterCard arbeitet an zukünftigen Lösungen wie Token oder auch der Cloud. Wie sehen diese Lösungen aus und welche Vorteile bieten sie?

Der Vorgang der "Tokenisierung" ist essenziell beim Übergang von einer Bezahlkarte aus Plastik zu ihrer digitalen Version, die am Smartphone oder beliebigen anderen Endgeräten, wie etwa Uhren, Armbändern oder auch Kühlschränken, zur Verfügung stehen soll. Dabei wird die Kartennummer, die Sie heute von der Karte ablesen können, durch einen gerätespezifischen Token, also eine alternative Nummer, ersetzt. Dieser Token ist jetzt nur mehr in Verbindung mit einer Gerätekennung zum Bezahlen geeignet. Kein Angreifer kann damit ohne das zugehörige Gerät etwas anfangen. Die "Cloud" wird auch beim mobilen Bezahlen in Zukunft eine größere Rolle spielen. Heute werden die für den Kauf notwendigen Informationen auf dem EMV-Chip der Plastikkarte und in Smartphones auf einem eigenen Chip, dem sogenannten Secure Element, gespeichert. In Zukunft – und diese Zukunft ist in anderen Ländern bereits Realität – werden diese Informationen eben in der Cloud gespeichert und beim Bezahlen in Echtzeit bereitgestellt.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Selfie Pay?

"Selfie Pay" ist eine von MasterCard entwickelte Methode, die die Authentifizierung, also quasi die Echtheitsbestätigung eines Kunden, über ein Selfie ermöglicht. Das macht im Supermarkt an der Kassa keinen Sinn. Anders sieht es aber aus, wenn man z. B. in der U-Bahn sitzt, in seiner Facebook-Timeline am Smartphone ein spannendes Produkt angezeigt bekommt und sich spontan entschließt, das zu kaufen. Dann ist jeder Ansatz, diesen Einkauf komfortabler und einfacher zu machen, willkommen. Ganz grundsätzlich werden biometrische Verfahren, also neben dem Selfie etwa der Fingerabdruck oder auch das EKG-Muster, verstärkt zur Authentifizierung herangezogen werden, um PINs oder Passwörter zu substituieren – wenn damit der Einkaufs- und Bezahlprozess verbessert, also einfacher bzw. sicherer gemacht werden kann. In Österreich startet Selfie Pay ab 2017.

Die Kreditkarte wurde 1887 von Edward Bellamy erstmals in seinem Roman Looking Backward erwähnt. Die ersten realen Kreditkarten wurden wenig später von großen US-amerikanischen Unternehmen an ihre besten Kunden ausgegeben, die damit sofort Waren beziehen konnten, aber erst später bezahlen mussten. Dazu gehörten Mineralölkonzerne, Restaurantketten oder Fluglinien. Ebenfalls in den USA wurde 1950 – von Diners Club – die erste generelle Kreditkarte ausgegeben. Sie sollte von Club-Mitgliedern verwendet werden, um in ausgewählten Restaurants und Läden einzukaufen. Doch schon bald wurden Branchen- und Ländergrenzen überschritten und 1951 bot die Franklin National Bank mit der ersten Mastercard eine generelle Kreditkarte an. Kreditkarten sollten damals v.a. Vielreisenden ihren Konsum-Alltag unterwegs vereinfachen. Um dem Wildwuchs – auch von Bankkreditkarten – vorzubeugen, wurden ab Ende der 60er staatliche Reglementierungen eingeführt. Zu den größten Anbietern zählt Mastercard, die 1966 aus dem Zusammenschluss mehrerer US-Bankkreditkartenvereinigungen als Interbank Card Association ihre Erfolgsstory startete und sich 1979 in MasterCard umbenannte. Vorläufer der Visakarte wurden ab 1958 von der Bank of America ausgegeben, ab 1974 war die Visakarte dann auch international nutzbar. Beide Unternehmen und ihre Mitbewerber bieten heute diverse Formen von Kreditkarten und Services an.

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