Die Geldbörse der Zukunft

Alleskönner Smartphone: Neue Services orientieren sich an den Bedürfnissen der Kunden und stellen Usability in den Vordergrund.
Österreichische Banken entwickeln rund um mobiles Zahlen und Online-Banking-Apps die Kundenservices der kommenden Jahre.

"Das Kundenverhalten hat sich durch die Digitalisierung in den letzten Jahren radikal verändert. Unsere Vision ist, das Leben unserer Kunden mit intelligenter und mitwachsender Technologie zu erleichtern und Finanzdienstleistungen nicht nur einfacher, schneller und unkomplizierter zumachen, sondern ihnen gleichzeitig Persönlichkeit zu verleihen." So fasst Erste-Bank-Vorstand Thomas Schaufler die Aufgabe zusammen, vor der die heimischen Banken stehen. Die Antwort der Sparkassen besteht dabei aus zwei Teilen, die im Idealfall zusammengehören. Zum einen bieten immer mehr Banken ihren Kunden mobiles Zahlen auf dem Smartphone an, zum anderen werden kontaktlose Transaktionen mit NFC ermöglicht. Die moderne Technologie setzt auf die SIM-Karten der Handys, die wie die Chips von Bankkarten funktionieren und mit der NFC-Funktion erweitert werden.

Angebote der Banken

Neben der Erste Bank bieten auch andere Banken ihren Kunden bereits die Bankomatkarte Mobil. Bei der Bawag P.S.K nennt sich dieses Service Kontokarte Mobil – eine virtuelle Kontokarte, die verschlüsselt auf der SIM-Karte des Smartphones gespeichert ist. Mit der im Google Play Store gratis erhältlichen BAWAG P.S.K. SmartPay App können Kunden mit ihrem Android Smartphone analog zur physischen NFC-Kontokarte durch bloßes Hinhalten ihres Smartphones an NFC-fähigen Handelskassen bezahlen. Und das weltweit. Peter Steinbauer, Leiter der Abteilung "Zahlungsverkehr Retail" der BAWAG P.S.K., über die Erfahrungen seiner Bank mit dem neuen Service: "Unsere neue Handy-Bezahlfunktion via Kontokarte MOBIL in unserer SmartPay App ist seit zwei Monaten am Markt und wird von unseren Kunden sehr gut und sehr gerne angenommen. Wir arbeiten laufend daran, die 'Customer Experience' und Convenience der Kontokarte MOBIL zu optimieren, damit das Zahlen via Handy bald flächendeckende Kundenakzeptanz erhält."

Auch Barbara Liebich-Steiner, Leiterin eBusiness und SelfServices der Bank Austria, bestätigt das Interesse vonseiten der Kunden: "Grundsätzlich sehen wir bei unseren Kunden ein großes Interesse am Zahlen mit dem Smartphone. Aus einer Umfrage über unser Kundenforum geht hervor, dass jeder dritte Kunde sehr wahrscheinlich bzw. wahrscheinlich mit dem Smartphone bezahlen möchte." Die Bank Austria bietet allen Android-Nutzern, deren SIM-Karte NFC-fähig ist, in ihrer Mobile Banking App die Möglichkeit, mittels BankCard Mobil vor Ort kontaktlos zu bezahlen. Für Bezahlungen im Internet verwendet die BankCard Mobil den Maestro SecureCode. Mit der BankCard Mobil nutzen Bank Austria-Kunden außerdem automatisch das CashBack-Service der Bank Austria. Die mehr als 50.000 kontaktlosen Zahlterminals in Österreich können auch schon Kunden der Oberbank nutzen. Diese bietet eine Bankomatkarte Mobil App mit der Kunden mit dem Smartphone statt mit der Bankomatkarte bezahlen können. Bei allen Anbietern gilt, dass für die kontaktlose Bankomatkarte am Handy die gleichen strengen Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen wie für herkömmliche NFC-Bankomatkarten. Die Bankomatkarte Mobil ist eine virtuelle, vollwertige, sichere Bankomatkarte mit Kontaktlos-Funktion, gespeichert auf der SIM-Karte des Smartphones.

Die ganze Geldbörse in der App

Darüber hinaus entwickeln die Banken mobile Banking-Services, die den Kunden ein intuitiveres und individuelleres Finanzerlebnis bieten sollen als die bisherigen Portale. Besonders umfangreich ist etwa George von der Erste Bank. Das Portal und die App wurden grundlegend neu gestaltet und mit den Kunden neu entwickelt. Darin inkludiert sind nicht nur Online-Banking-Services, wie Überweisungen, sondern unter anderem auch die Kontrolle über die eigenen Bankkarten, ein direkter Kontakt zum Terminkalender des Betreuers oder ein Plug-in Store, mit dem man das eigene Banking individuell um spezielle Funktionen erweitern kann. "Wir richten uns hier nach dem Verhalten und den Wünschen unserer Kunden und entwickeln derzeit auch neue Services, die den Kundennutzen erhöhen", erklärt Thomas Schaufler. "Zu diesen Services werden datenbasierte Anwendungen gehören, die Kunden Vorschläge auf Basis ihres Ausgabenverhaltens machen – Stichwort Budgetplanung." George wird zum persönlichen Finanzassistenten, der das Geldleben übersichtlicher macht. Schaufler betont dabei die Datensicherheit der Banken, die Daten in einem Zwiebelsystem absichern und diese – im Gegensatz zu anderen Anbietern aus Übersee – niemals an Dritte verkaufen würden.

Services und Funktionen

Auch die Oberbank setzt auf ein einheitliches digitales Online-Bankingerlebnis über alle Plattformen hinweg und bietet neben möglichst einfachen Überweisungen, Überblick über die Konten, Karten und Depots, auch Finanz-News direkt auf das Handy. Die eBanking App der Bawag P.S.K vereint ebenso mehrere Funktionen. Dazu gehören Kontokarten-Administration, ein kurzer Blick auf den Kontostand oder die Möglichkeit, mittels SmartCash-Funktion schnell und einfach Beträge bis zu 400 Euro bei einem Geldausgabeautomaten der Bawag P.S.K. zu beheben. Mit Scan&Transfer gibt es hier die Möglichkeit, IBANs unterwegs bei Überweisungen nicht mühsam abzutippen, sondern diese einzuscannen. Marcus Kapun, Leiter des Bereiches "Digital Banking" der BAWAG P.S.K. über den Erfolg dieses Services: "Scan&Transfer ermöglicht es, Überweisungsaufträge noch rascher als bisher zu erledigen. Einfach die Zahlscheindaten einscannen und den Auftrag anschließend freigeben. Weiters können im Inlands- und SEPA-Überweisungsformular vorgedruckte IBANs mittels der IBAN-Scanfunktion erfasst (übernommen) werden. Und zuletzt bietet der QR-Scanner die Möglichkeit, die in einem QR-Code enthaltenen Zahlungsdaten in das Überweisungsformular zu übernehmen." Die Mobile Banking App der Bank Austria setzt wie der Mitbewerb auf Sicherheit und viele Funktionen. Dazu gehören etwa die Möglichkeit, den eigenen IBAN für Überweisungen mit Kontakten zu teilen, ein Widget für den Finanzüberblick und einen QR-Code-Scanner für das schnelle Zahlen via Code. Die ELBA-App von Raiffeisen bietet unter anderem umfangreiche Börseninformationen, Möglichkeiten rasch Ein- und Auszahlungen beim Online-Sparen zu tätigen, oder Sicherheitsfunktionen wie das Geo Control zu steuern.

Kein Daten-Verkauf an Dritte

Für ein intelligentes Online-Banking braucht es aber neben einwandfreier Usability auch höchste Sicherheit. Im Gegensatz zu den großen Anbietern wie Apple, Google oder Amazon, stellen hiesige Banken ihre Daten niemals Dritten zur Verfügung, sondern werden nur für den Kunden selbst aufbereitet. Thomas Schaufler fasst dies so zusammen: "Wir können Mehrwert generieren, indem wir Kunden ihr eigenes finanzielles Verhalten transparent machen. Es ist mein Anspruch, die Informationen für die Kunden so einfach und intelligent wie möglich aufzubereiten. Wir geben ihnen somit die Daten für ihr finanzielles Leben in strukturierter Form wieder zurück. Das ist auch genau das, was eine Bank von den Googles dieser Welt unterscheidet."

- von Martin Mühl

Die Nutzung von digitalen Bankgeschäften steigt in Österreich seit Jahren kontinuierlich an. Wie hoch ist der Anteil des Digital Bankings bei der Erste Bank?

Thomas Schaufler: Das Kundenverhalten hat sich durch die Digitalisierung in den letzten Jahren radikal verändert. Unsere Vision ist, das Leben unserer Kunden mit intelligenter und mitwachsender Technologie zu erleichtern. Finanzdienstleistungen sollen nicht nur einfacher, schneller und unkomplizierter werden, sondern gleichzeitig auch persönlicher. Das schafft man nicht mit einer Aufhübschung eines in die Jahre gekommenen Online-Bankings. Deswegen haben wir viel investiert und mit George unser individuelles, digitales Banking entwickelt. Derzeit nutzen George schon mehr als 600.000 Kunden der Erste Bank und Sparkassen.

Wird es in 15 Jahren noch Bankfilialen im herkömmlichen Sinn geben?

Im Jahr 2001 hatten 17 Prozent der Österreicher ein Konto mit Internetbanking – 2015 waren es bereits 45 Prozent der Österreicher. 55 Prozent wollen ihre täglichen Bankgeschäfte nicht über das Internet abwickeln und besuchen dafür eine Bankfiliale. Die Leidenschaft zum persönlichen Kontakt mit dem Kunden ist und bleibt uns extrem wichtig. Es geht darum, was die Kunden möchten – die schnelle, tägliche Erledigung der Bankgeschäfte oder eben fundierte Beratung. Wir brauchen den richtigen Mix an Zugangsmöglichkeiten, aus dem Kunden nach Lust und Laune auswählen können.

In Schweden denkt man bereits laut über die Abschaffung des Bargelds nach. Ist das auch in Österreich denkbar?

In der Erste Bank ist sowohl das Transaktionsvolumen als auch die Menge an Noten und Münzen steigend. Wir spüren keinen Rückgang der Bargeldentwicklung. Ich halte die aktuellen Diskussionen für übertrieben und stehe absolut nicht dahinter. Jeder Kunde sollte selbst entscheiden können, ob er mit Bargeld, Kreditkarte oder elektronisch zahlt.

Wie sicher ist der digitale Zahlungsverkehr in Österreich?

Unsere Schutzmechanismen sind wie ein Zwiebel-Schicht-System organisiert. Im innersten Kern liegen die Transaktionsdaten der Bank. Das entspricht den höchsten Sicherheitsstandards.

Wie wird die NFC-Technologie das bargeldlose Zahlen beeinflussen?

Was wir jetzt schon sehen, ist, dass Kleinstbeträge vermehrt mit der Bankomatkarte kontaktlos gezahlt werden und die Zahlen steigen jeden Monat. Das ist darauf zurückzuführen, dass für Beträge bis 25 Euro keine Code-Eingabe erforderlich ist. Kurz- bis mittelfristig sehen wir aber keine großen Auswirkungen. Langfristig gesehen und vor allem wenn die Smartphone Produzenten den NFC-Chip auf ihren Smartphones standardmäßig inkludieren und für die App-Entwickler technisch zugänglich machen, könnte am Ende des Tagesdas bargeldlose Zahlen endlich abheben.

In den USA gelten ganz andere Datenschutzrichtlinien als in Europa. Wie kann ich als österreichischer Kunde verhindern, dass US-Großkonzerne von Amazon bis Apple meine Daten an Dritte verkaufen?

Die Bereitschaft, Finanzdienstleistungen bei den Internet-Riesen in Anspruch zu nehmen, ist noch gering. Laut einer Umfrage sind sich 74 Prozent aller Österreicher sicher, dass ihre eigenen Daten bei der Bank vor dem Zugriff Dritter geschützt sind. Nur 1 Prozent glaubt das bei Google. 81 Prozent bezeichnen ihre Bank als vertrauenswürdig, 3 Prozent sagen dasselbe von Facebook. Wir als Bank würden diese Daten niemals weiterverkaufen. Es ist uns sogar gesetzlich verboten. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zu den großen Techfirmen – und ein großer Wettbewerbsvorteil für uns.

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