Das Netz richtig verstehen

Es ist wichtig, dass alle Altersklassen das Netz richtig verstehen lernen.
Der Alltag wird zunehmend technischer: Wie wird man zum digital mündigen Bürger?

Wir sind online, tagtäglich – insgesamt 524 Minuten konsumierten die Österreicher im Jahr 2015 Medien, 188 Minuten davon verbrachten sie im Netz. An das Doppelleben in der virtuellen Parallelwelt müssen sich viele erst gewöhnen. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen schließt unsere eigene Identität nicht aus. Das zunehmende Verlangen, persönliche Daten im öffentlichen Raum, der auch soziale Medien miteinschließt, zu präsentieren, birgt Gefahren. Medienkompetenz und die Fähigkeit, Informations- und Kommunikationstechnologien sicher und kritisch anzuwenden wird daher immer wichtiger – für alle Generationen. Die UNESCO widmet der Informationskompetenz eine eigene, umfassende Initiative, Informationskompetenz wird zur Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts.

Medienpädagogik an Schulen

Um diese Schlüsselkompetenz zu erlernen, müsste schon im Schulalter angesetzt werden. "Media Literacy in den Schulen zu vermitteln ist ein ganz großes Ziel. Wir arbeiten derzeit im Rahmen des Projekts 'Sparkling Games' des BMWF mit drei Schulklassen zusammen und sehen ganz deutlich, welche Probleme Jugendliche mit dem Thema Datenschutz oder Big Data haben und welche Wissenslücken diesbezüglich existieren", sagt Gerit Götzenbrucker, Vizedekanin für Nachwuchsförderung am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien. Für die Zukunft wäre es sinnvoll, Medienpädagogik fix im Lehrplan zu verankern – dies sei allerdings ein längerfristiger Prozess, an dem aktuell gearbeitet werde.

Big Data, Big Brother

Das Problem des fehlenden Bewusstseins über Privatsphäre im Netz betrifft nicht nur Jugendliche, sondern alle Generationen. Das soziale Netzwerk Facebook konnte 2015 täglich rund zweieinhalb Millionen aktive Nutzer aus Österreich verzeichnen, 3,2 Millionen Menschen nutzten die Plattform zumindest monatlich. Meldet sich ein Nutzer bei einem Onlinedienst an, hinterlässt er bereits erste, über Suchmaschinen auffindbare, Spuren im Netz. Je mehr Profile man auf Seiten wie Facebook, Google oder auch Amazon anlegt, desto klarer wird das Personenbild, das man im Netz schafft. "Wenn Sie diese Dienste alle nutzen, ist das Personenprofil natürlich eindeutig. Wir wissen auch von Google zum Beispiel, dass die Aktionen von Internetspielern im Spiel verfolgt werden, um individuelle Persönlichkeitsprofile zu erstellen", so Götzenbrucker. Für Unternehmen ist die große Menge an verfügbaren Kundendaten nützlich – je mehr über das Kaufverhalten und die Bonität bekannt ist, desto gezielter kann geworben werden. Letztendlich helfe dagegen nur Datensparsamkeit, rät Götzenbrucker von der Universität Wien.

Nutzer sollten sich genau überlegen, welche Daten sie auf welchen Seiten wirklich preisgeben wollen und ob diese auch tatsächlich notwendig sind. Dies gilt vor allem bei sensiblen Daten wie der Wohnadresse, dem Geburtsdatum oder der Telefonnummer.

Wer Fotos und Videos online stellt, sollte bedenken, dass das Internet nicht oder nur sehr langsam vergisst und viele Inhalte jahrelang auffindbar sind. Mittlerweile ist Google nach einer Entscheidung des EuGH allerdings verpflichtet, Links, die auf persönliche Inhalte abzielen, aus der Suchmaschine zu löschen. Dazu müssen Privatpersonen ein Formular ausfüllen, in dem die zu löschenden Links mit Begründung angeführt werden.

Digital Literacy betrifft allerdings nicht nur die Nutzung des Internets am PC. Das ständige Auftreten neuer Technologien führt bei sehr vielen Menschen zu einem Verlust der Technikkompetenzen. "Devices wie Smartphones oder Tabletts sind sehr verführerisch, weil sie an der Oberfläche sehr leicht zu bedienen sind. Fotos aufnehmen, Telefonieren und Apps benutzen ist kein Problem – was im Hintergrund passiert, wissen aber die wenigsten. Die Datenflüsse, die hier zustande kommen, werden nicht wahrgenommen. Die meisten Menschen durchschauen nicht, was sie hier alles preisgeben", erklärt Götzenbrucker. Um die Sicherheit von Apps auf dem Smartphone zu gewährleisten, empfiehlt es sich, nur Applikationen aus den offiziellen App-Stores zu verwenden. Bei der Installation ist es wichtig, die Zugriffsberechtigungen zu überprüfen – eine Taschenlampen-App braucht beispielsweise nicht unbedingt Zugriff auf den aktuellen Standort. Insgesamt werde es hier, laut Götzenbrucker, auch in den kommenden Jahren noch viel Aufklärung brauchen, um das Bewusstsein über preisgegebene Daten zu schärfen.

- von Yasmin Vihaus

Um dem entgegenzuwirken und gleichzeitig den Aspekt des lebenslangen Lernens aufzugreifen, ist es besonders wichtig, dass auch älteren Generationen die Möglichkeit gegeben wird, neue Medien kennenzulernen und zu verstehen. Informationen und Lernmaterialien finden sich beispielsweise auf der Website saferinternet.at, die im Rahmen der EU-Informations-Initiative "Safer Internet" entstanden ist. Kurse werden oft lokal von verschiedensten Organisationen angeboten, der Mobilfunkkonzern A1 bietet mit dem Programm "Internet für Alle" Schulungen in mehreren österreichischen Städten an. Die Kurse und Workshops am A1 Campus in Wien, Klagenfurt und Salzburg sind für Erwachsene und Senioren gratis – das Angebot reicht von Basic-Kursen wie "Erste Schritte im Internet" bis hin zu "Einfach kommunizieren mit Skype & Co" oder "Fotobearbeitung im Internet".

Kommentare