Kein Scherbengericht bei Volkswagen
Die 56. Hauptversammlung des Volkswagen-Konzerns am Mittwoch in der Halle 3 des Messegeländes in Hannover platzte aus allen Nähten – vor allem der Ansturm frustrierter Klein-Aktionäre war enorm. Jene, die erste Ergebnisse bei der Aufklärung der Software-Manipulation von elf Millionen Diesel-Pkw erwarteten, wurden bitter enttäuscht.
Auch Pötsch erinnerte an den Compliance-Vorgaben: "Volkswagen duldet keine Regel- und Gesetzesverstöße, die Vorwürfe widersprechen allem, wofür Volkswagen steht." Der Chefaufseher gab aber auch bekannt, dass die VW-Vorstände 2015 - trotz des Diesel-Skandals - insgesamt 63,2 Millionen Euro Honorar kassierten. Die Manager stimmten aber zu, dass 30 Prozent ihrer variablen Vergütungen für drei Jahre aufs Eis gelegt werden. Die spätere Freigabe der Gelder hängt vom künftigen VW-Aktienkurs ab. Laut Pötsch wurden die Boni um 57 Prozent reduziert. Pötsch: "Mir ist bekannt, dass einige von Ihnen die Vorgangsweise für nicht ausreichend halten."
Keine Pflicht verletzt?
Zugleich forderte er die aktienrechtliche Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrats, weil die Anwälte von VW – trotz der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig – keine Pflichtverletzungen der (Ex-)Führung in Sachen Schummelsoftware feststellen konnte. Die VW-Juristin Christine Hohmann-Dennhardt wies den Vorwurf der Markmanipulation durch VW zurück. VW sei nach wie vor der Überzeugung, dass die kapitalmarktrechtlichen Pflichten erfüllt wurden. Ermittelt wird gegen Ex-VW-Boss Martin Winterkorn und den aktuellen VW-Markenchef Herbert Diess. Die Vorwürfe werden zurückgewiesen. Zur Erklärung: Pötsch war vor Platzen der Affäre Finanzvorstand von VW, gegen ihn wird aber nicht ermittelt.
"Die Entlastung bedeutet keinen Verzicht auf Schadenersatzforderungen", sagte der Aufsichtsratschef, dessen Rolle wegen seiner früheren Vorstandstätigkeit von Kleinaktionären heftig kritisiert wurde. Das Stichwort heißt: Interessenskonflikt. "Ich werde alles tun, dass die Vorgänge restlos aufgeklärt werden – ohne Ansehen der Person", räumte Pötsch ein, der für die nächsten fünf Jahre AR-Chef von VW sein wird.
Saftige Klagen
Allein der Tübinger Anwalt und Kapitalmarktexperte Andreas Tilp, der schon der Deutschen Telekom das Fürchten lehrte, vertritt 280 institutionelle Anleger, darunter auch Fonds, die 3,3 Milliarden Euro Schadenersatz von VW fordern. Sie klagen jene enormen Kursverluste ein, die durch den Abgasskandal eingetreten sind. VW weist die Vorwürfe zurück. Dazu kommen noch mehr als mehr als 1000 Kleinanleger, die ihren hohen Kursschaden über Tilp einklagen.
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