Die Sopranos und die TV-Revolution
Alle schwärmen dieser Tage von " House of Cards" und ja, wir wissen es mittlerweile: Intelligentes Kino spielt sich heutzutage (oft) im Fernsehen ab. Was noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre, sehen wir dieser Tage in der Wiener U-Bahn beworben: Ein Oscar-prämierter Schauspieler (Matthew McConaughey, für "Dallas Buyers Club") in einer TV-Serie – "True Detective" (HBO, bei uns auf Sky).
"Wir hatten uns das Fernsehen seit Jahren nachts in unsere Wohnzimmer geholt, doch plötzlich hatten wir einen Grund, es auch am Morgen danach zu respektieren", beschreibt Alan Sepinwall das Phänomen der neuen Fernsehqualität. Sein Buch "Die Revolution war im Fernsehen" handelt von den Umwälzungen der Fernsehlandschaft und von Qualitäts-Serien wie "The Sopranos", "Mad Men", bis "Breaking Bad". Dass er Fan dieser Serien ist, zeichnet Sepinwall allein noch nicht aus. Doch gelingt es dem amerikanischen Fernsehkritiker, seine Begeisterung in eine profunde Analyse eines kulturellen Umbruchs zu übersetzen. "What’s Alan watching" heißt der Blog, den der Medien-Journalist, der als Kritiker bei der Tageszeitung The Star Ledger begann, seit den Neunzigerjahren betreibt und er hat ihn zu einem der bekanntesten Medien-Experten Amerikas gemacht. Seine Art der Fernsehkritik war neu: Sepinwall begann, täglich Episoden der wichtigsten Fernsehserien zu besprechen und einzuordnen und war 2007 der einzige Journalist, dem "Sopranos"-Erfinder und Chef-Autor David Chase nach dem Ende der einzigartigen Serie ein Interview gewährte.
Untrügliches Zeichen: Hollywood-Stars im TV
Die besten TV-Serien aller Zeiten
In seinem Buch erläutert der Fernseh-Chronist die Umstände, unter denen das Fernsehen aus dem Schatten des Kinos treten konnte und behandelt in einzelnen Kapiteln zwölf Serien der letzten fünfzehn Jahre. Was Sepinwall als "Revolution" bezeichnet, begann nicht einfach mit talentierten Entwicklern – kreative Genies hat es immer schon gegeben. Entscheidend aber war, dass viele Führungskräfte erkannten, dass es sich lohnte, Formate für eine kleineres Publikum zu konzipieren. Auch mit einem kleinen, aber umso leidenschaftlicheren Publikum lasse sich Geld verdienen.
Viele dieser "modernen Meisterwerke" wie "The Wire", die mit der "Gewissheit begonnen hatten, dass niemand sie anschauen würde", bekamen ihre Chance mit der Rollenverschiebung im Filmgeschäft: Das Aussterben des mittelgroßen Films, der keinen Platz mehr zwischen Blockbuster und Kunstfilm fand, war für das Fernsehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Glücksfall.
Chancen, die ihm zunächst keiner bot, erkämpfte sich auch Autor Sepinwall: Sein Buch gab er im Eigenverlag heraus – es wurde von der New York Times 2012 zum "Book of the year" gekürt.
KURIER-Wertung:
INFO: Alan Sepinwall: „Die Revolution war im Fernsehen“ Verlag Luxbooks. 457 Seiten. 24,80 Euro.
Vergangenes Jahr wählte die Writers Guild of America "The Sopranos" zur besten Fernsehserie aller Zeiten. Die von 1999 bis 2007 produzierte HBO-Serie um die Vorstadtganoven aus New Jersey wurde auf Platz eins einer Liste der 101 besten Fernsehserien gesetzt.
Es folgen die in den USA ungemein erfolgreiche 90er-Sitcom "Seinfeld", die vor allem in den sechziger Jahren beliebte "Twilight Zone" und noch vor "MASH" kommt "All in the Family", die amerikanische Variante von "Ekel Alfred". Doch auch wenn es auf vier der fünf ersten nicht zutrifft: Die Hälfte der "besten Serien" stammt aus den vergangenen zehn Jahren.
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