Die radikale Kosten-Diät der Bank Austria

Bank-Austria-Vorstandschef Willibald Cernko
70 Filialen werden zugesperrt, Hunderte Mitarbeiter abgebaut und die letzten Privilegien gestrichen.

Die Bank Austria muss ihr Privatkundengeschäft mit den rund 190 Filialen nicht verkaufen, aber drastisch zusammenstutzen. Willi Cernko, Chef der Bank Austria, gab sich am Dienstag bei der Bekanntgabe dieser "Richtungsentscheidung" überzeugt, dass er es schafft, mit dem krassen Sparplan, das Privatkundengeschäft bis 2018 in die schwarzen Zahlen zurückzuführen.

Zuvor war wochenlang darüber spekuliert worden, ob sich die Bank komplett von ihrem Filialgeschäft und damit Tausenden Mitarbeitern trennen wird. Der Betriebsrat hatte für diesen Fall schon einen Streikbeschluss in der Tasche. So hart wird es jetzt doch nicht. "Aber zum Feiern ist mir nicht zumute", erklärt Adolf Lehner Betriebsratschef der Bank Austria, im Gespräch mit dem KURIER. Denn nun stünden harte Verhandlungen über die Abgeltung der Einkommensverluste für jene Mitarbeiter an, die auf das ASVG-Pensionssystem und die Wiener Gebietskrankenkasse umgestellt werden müssten.

Pensionsprivileg

Eines der großen Probleme der Bank Austria sind jene hohen Kosten, die das Institut aus der Vergangenheit mitzieht – etwa aus der früheren Zentralsparkasse der Stadt Wien. 3300 der insgesamt 9000 Mitarbeiter sind noch über die Bank Austria direkt pensions- und bei der Krankenfürsorgeanstalt der Stadt Wien (KFA) krankenversichert. Das hat einige Vorteile. Für die Pension zählen die letzten 18 Arbeitsjahre und nicht wie beim ASVG die Lebensarbeitszeit. Und die KFA zahlt auch Wahlärzte. Damit ist es per Ende März 2016 vorbei. Die Ansprüche dieser Mitarbeiter werden an die staatliche Pensionsversicherung und die Wiener Gebietskrankenkasse übergeleitet.

2,1 Milliarden Euro an Rückstellungen hat die Bank Austria für diese Pensionen in der Bilanz gebildet. Das Geld wird zum Teil an die Pensionsversicherung überwiesen und zum Teil zur Abdeckung von Verlusten dieser Mitarbeiter verwendet. "Niemand soll künftig weniger bekommen. Die Abgeltung wird fair sein", betont Cernko. Die Bank erspare sich durch die Auslagerung der Pensionsansprüche künftig einen zweistelligen Millionen-Betrag pro Jahr. Und die Bank entledigt sich der Gefahr von Nachschüssen zu den Pensionen, wie dies etwa 2014 der Fall war. Damals musste sie eine Milliarde Euro an zusätzlichen Rückstellungen bilden, weil die Pensionshöhe wegen der niedrigen Kapitalmarktzinsen nicht mehr gesichert war.

Mit diesem Privilegien-Schnitt hat die Bank Austria den Großteil ihrer alten Kostenlasten abgebaut. "Golden Handshakes" mit Frühpensionierungen und hohen Abfindungen wie sie bis 2007 unter Vorstand Erich Hampel en vogue waren, wird es nicht mehr geben.

Der Sparkurs der Bank Austria trifft nicht nur die Mitarbeiter, sondern wird auch für die Kunden spürbar sein. Von den 190 Filialen werden 70 geschlossen. Übrig bleiben sollen Großfilialen, die länger offen haben und viele Kunden betreuen können.

Online-Banking soll weiter ausgebaut werden, bei den IT-Kosten will Bank-Chef Willi Cernko aber kräftig sparen. Den „normalen Privatkunden“ will die Bank künftig fünf bis acht Standardprodukte anbieten. „Ein Konto, zwei Anlageprodukte und Kredite“, umschreibt Cernko die Palette. Wichtig sei, dass der Produkt-Verkauf mit wenig Beratung möglich sei. Kräftig wachsen will die Bank Austria im Bereich der vermögenden Privatkunden. 22 Milliarden Euro umfasse dieses für die Bank einträgliche Geschäft. Auch bei den Firmenkunden, mit denen die Bank schon bisher gut verdient, sieht Cernko Potenzial.

„Wir schreiben Gewinne in Österreich, nicht aber mit den Privatkunden“, betont er. Fast 300 Millionen Euro verdient die Bank im Inland, obwohl sie im Privatkundengeschäft 41 Millionen Euro verliert. „Quersubventionierungen darf es künftig nicht mehr geben“, begründet Cernko den scharfen Sparkurs für die Filialen.

Dass er „Befehle aus Mailand“ ausführe, will der Bank-Austria-Chef nicht hören. „Wir haben im April begonnen, den Geschäftsplan bis 2018 zu überarbeiten.“ Sowohl Bank-Austria-Chef Cernko als auch Betriebsrat Lehner weigern sich, Zahlen über die Reduktion des Personalstands zu nennen. „Wir wollen betriebsbedingte Kündigungen vermeiden“, sagen beide.

Immobilien-Verkäufe

Allein durch Pensionierungen und Fluktuation werde die Mitarbeiterzahl bis 2018 um rund 700 sinken. Dazu kämen 290 Beschäftigte in der Immobilien-Holding. Alle Immobilien würden verkauft und die Beschäftigten zum neuen Eigentümer übersiedelt. Drei Viertel hat die Bank schon veräußert, offen sei noch ein Paket mit den Ekazent-Einkaufszentren.
Der Wien-Mitte-Gebäudekomplex mit dem Einkaufszentrum „The Mall“ (35.000 Quadratmeter, 50 Shops) ist schon an ein Konsortium unter Führung von Morgan Stanley verkauft. Laut Bank Austria war es Wiens bis dato größter Immobiliendeal. Über den Kaufpreis wurde Stillverweigen vereinbart.

Banken kann man vieles vorwerfen. In ihrer Gewinnmaximierung schießen sie immer wieder weit übers Ziel hinaus. Zumindest bis zur Finanzkrise hatten viele der Herren im Nadelstreif die Bodenhaftung verloren.

Für eines kann man den Geldinstituten allerdings schwerlich die Schuld umhängen: Dass durch das Internet Bankgeschäfte anders funktionieren als früher. Wenn die Bank Austria jetzt 70 Filialen schließen wird, hat das auch damit zu tun, dass die Laufkundschaft fehlt. Die ist nämlich zur Sitzkundschaft geworden, die ihre Überweisungen per eBanking fernab von Filialen erledigt. Für einfache Beratungen reicht auch Skypen.

Die Älteren bleiben dabei auf der Strecke. Kein Computer, kein Smartphone, und die nächste Filiale meilenweit weg – schon gibt es keinen Zugang zum Pensionskonto mehr. Jetzt ist Erfindergeist gefragt. Essen auf Rädern funktioniert ja auch, warum gibt es dann nicht so etwas wie Geld auf Rädern? Speziell für die ältere Bevölkerung auf dem Land braucht es neues Banking, das ganz analog daherkommt – etwa mit einem "Zaster-Laster". Dadurch würde Zahlungsverkehr eine ganz neue Bedeutung bekommen.

Kommentare