Die Bilanz von Bahnchef Christian Kern

Viele Vorwürfe basieren auf falschen Zahlen. Die Passagiere sind mit der Bahn zufriedener.

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bezeichnete in einem Interview den ÖBB-Chef und möglichen neuen SPÖ-Chef Christian Kern als "sehr teuren Manager". Lopatka ortet eine Bilanz Kerns zu Lasten der Steuerzahler. Konkret seien die Zuschüsse des Staates seit Kerns Amtsantritt um 1,3 Milliarden auf mehr als 5 Milliarden Euro gestiegen. Allein 2,1 Milliarden fließen laut Lopatka in die ÖBB-Pensionen. Ein Faktencheck zeigt: Lopatkas Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen.

Der KURIER-Faktencheck

  • Der Staat muss nicht nur zu den ÖBB-Pensionen, sondern zu allen Pensionssystemen zuschießen. Erstens muss der Staat Zuschüsse zu allen Pensionssystemen zahlen. Zweitens sind die ÖBB ein Sonderfall: Seit 1995 werden alle neu eintretenden Eisenbahner nach den Bedingungen des ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) angestellt. Und zahlen auch ihre Beiträge in den ASVG-Topf. Die meisten Eisenbahn-Pensionisten bekommen ihre Pension aber noch aus dem alten bahneigenen Pensionssystem ausbezahlt. Daher wird dort die Lücke immer größer.
  • Auch der Vorwurf, dass die ÖBB-Mitarbeiter in den den letzten Jahren immer stärkere Lohnerhöhungen bekamen als etwa Beamte, greift nur zum Teil. Denn Verhandler für die Eisenbahner-Löhne sind nicht ÖBB-Chef Christian Kern und der ÖBB-Betriebsrat, sondern der Fachverband der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer und die Gewerkschaft vida. Die Gehälter der "alten" beamteten Eisenbahner bekommen dann die gleichen Lohnerhöhungen. Detail am Rande: Die Arbeitgeber-Chefverhandler - Thomas Scheiber von den Innsbrucker Verkehrsbetrieben und ÖBB-Finanzchef Josef Halbmayer - sind "tiefschwarz".
  • Darüber hinaus in Lopatkas Berechnung enthalten sind die so genannten Gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL). Das ist die Abgeltung von Verkehrsdienstleistungen, die der Bund, die Länder und die Gemeinden bei der Bahn bestellen. Für 2010 waren das 1,08 Milliarden Euro, 2015 einschließlich Subventionen für den Güterverkehr 1,01 Milliarden.
  • Ebenfalls vom Staat kommt das Geld für den Infrastrukturausbau. Diese Investitionen betrugen 2010 1,36 Milliarden Euro, 2015 waren es wegen der teuren Tunnelstrecken durch die Koralm, durch den Brenner und durch den Semmering rund 1,7 Milliarden.

Fazit

Die Bahn bleibt zwar teuer, die Bilanz von Christian Kern in den vergangenen fünf Jahren kann sich aber sehen lassen. Erstmals kommt das Unternehmen mit weniger als 40.000 Mitarbeitern aus, seit Kerns Amtsantritt verringerte sich die Belegschaft um rund 2500 Mitarbeiter.

Unterm Strich stehen 200 Millionen Euro Gewinn. Diese Summe ist notwendig, damit die ÖBB zumindest ihre Kapitalkosten verdienen. Die Schulden der Bahn steigen weiter - wegen der Investitionen auf Pump in die Infrastruktur im Auftrag des Staates. Aber sie steigen nicht so schnell wie das Anlage-Vermögen, das mit den Schulden geschaffen wird.

Das Verkehrsmittel Bahn ist außerdem - das ergeben auch regelmäßige Passagierbefragungen - pünktlicher und komfortabler geworden. Alles in allem hat Kern einen besseren Job gemacht als seine Vorgänger.

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