Deutschland: Auf halbem Weg zur Frauenquote

Deutschland: Auf halbem Weg zur Frauenquote
In zehn Jahren sollen 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten sitzen, fordert die Länderkammer. Doch der Bundestag bremst.

Die verpflichtende Frauenquote für die Wirtschaft – dieser Dauerbrenner von SPD und Grünen wird immer mehr auch in Teilen der Union zum Thema. Bisher ignorierten FDP und CSU das Thema im Bundestag. Nun müssen Deutschlands Parlamentarier es anfassen, weil der Gesetzesentwurf des SPD-regierten Hamburg überraschend mit CDU-geführten Bundesländern in der Länderkammer eine Mehrheit fand.

Dass auch der Bundestag den Entwurf noch vor der Wahl 2013 beschließt, ist wenig wahrscheinlich. Doch wird die Frauenquote damit zu einem Wahlkampfthema.

Höchst uneinig agierte bisher auch die Bundesregierung – und zwar ausgerechnet mehrere Ministerinnen: Die fachlich zuständige Familienministerin Christina Schröder (CDU) kämpft zäh gegen die verpflichtende Quote. Sie hat der Wirtschaft stattdessen eine "Flexi-Quote" angedient – mit dem vorsichtigen Rückhalt von Kanzlerin Angela Merkel, die den Koalitionspartner FDP nicht zu sehr reizen will. Die Liberalen sind strikt gegen mehr Eingriffe des Staates ins Wirtschaftsleben – und seien sie auch nur symbolisch.

Weil Schröders Freiwilligkeit praktisch unwirksam sei, machte sich ihre Parteikollegin Ursula von der Leyen in der Union zur Wortführerin der gesetzlich verpflichtenden Quote. Das tut die ehrgeizige Arbeitsministerin auch für andere Dauerbrenner von SPD und Grünen wie den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Sie hat eine Große Koalition mit der SPD im Blick und sich dabei notfalls als Alternative zur Kanzlerin.

40 Prozent

Mit diesem Kalkül und dem der zwei Länder mit schwarz-roter Regierung unter CDU-Ministerpräsidentinnen muss der Bundestag nun den Gesetzesantrag aus dem Bundesrat behandeln. Der sieht die Verpflichtung zu mindestens 20 Prozent weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern in börsennotierten Unternehmen ab 2018 und 40 Prozent ab 2023 vor.

Hamburgs Sprecherin im Bundesrat berief sich "stolz" auf EU-Kommissarin Viviane Reding, die bei ihrem Vorstoß in Brüssel den Hamburger Entwurf zugrunde gelegt habe. Dass in deutschen Topunternehmen nur 12 Prozent der Aufsichtsräte und in den größten 1000 Unternehmen nur 15 Prozent der Führungskräfte weiblich seien, werde sich nun ändern.

Ob es das so rasch tut, ist offen. Die Koalition wird den Entwurf vorerst einem Ausschuss zuweisen. Selbst bei einem Beschluss im Plenum noch vor 2013 wäre die volle Wirksamkeit fraglich: Die hauptsächlich steuerlichen Sanktionen sind für die Unternehmen leicht erträglich.

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