Deutsche Mietpreisbremse erzeugt ein Reformlüfterl in Österreich

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Das Mietrecht ist veraltet und überreguliert – ideologisch aber heiß umstritten.

Eines der zentralen Vorhaben der Großen Koalition in Deutschland soll ab dem kommenden Frühjahr gelten: die Mietpreisbremse. Neu abgeschlossene Mieten in Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt dürfen künftig nur noch höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Neubauten und "umfassend" renovierte Wohnungen sind davon ausgeschlossen. Deutsche Hauseigentümer warnen nun vor einem Preisschub, weil Vermieter bis zur Umsetzung des Gesetzes noch ihre Möglichkeiten ausschöpfen werden.

Liberalere Deutsche

In Österreich müsste die Reform Wasser auf den Mühlen von Grünen und Arbeiterkammer sein. Sie wollen die Mietpreise (weiter) beschränken, während die Gegner meinen, das würde das (schwarze) Ablöse-Unwesen wiederbeleben.

Schon jetzt gibt es übrigens europaweit kaum einen strenger regulierten Wohnungsmarkt als Österreich. Deswegen würden Hausherren über das Modell der SPD wohl eher jubeln. Es ist noch immer deutlich liberaler als das österreichische. Hierzulande wäre eine Mietrechtsreform längst überfällig. Teile davon stammen aus 1916/’17. Sie ist allerdings in ideologischen Grabenkämpfen stecken geblieben. Seit einem Jahr tagt eine Arbeitsgruppe im Justizministerium. Aber nicht einmal die nicht sehr knifflige Frage, ob Mieter oder Vermieter für den Ersatz einer kaputten Therme zuständig ist, lässt sich juristisch einwandfrei klären.

Preissprünge

Politisch werden in erster Linie die Mietpreise diskutiert. Und die sind laut einer WIFO-Studie seit 2005 deutlicher gestiegen als das allgemeine Preisniveau – im regulierten Markt aber interessanterweise kaum anders als im unregulierten, privaten. Die Wohnungsnachfrage in Wien wächst – aufgrund von Migration, höherer Studentenströme und mehr Single-Haushalten. Doch die Situation hat sich hier zuletzt wegen starker Bautätigkeit wieder etwas entspannt.

Was außerdem fast nie dazugesagt wird: Der Preisanstieg liegt vor allem an stark gestiegenen Gebühren der Kommunen. Außerdem sinkt seit geraumer Zeit die Zahl billiger Substandardwohnungen aufgrund von Renovierungen.

Wegen niedriger Zinsen gab es einen Kaufboom bei Immobilien – die Grundstückspreise in Ballungszentren sind explodiert. Auseinanderdriftende Eigentums- und Mietpreise bergen die Gefahr einer "Preisblase", weil die Rendite unattraktiv wird. Experten warnen bereits davor.

Was müsste sich am heimischen Mietrecht ändern? Das Gestrüpp unterschiedlichster und außerdem völlig veralteter Regeln wird nur mehr von vier bis fünf Experten wirklich durchschaut.

So gibt es bundesländerweise einen unterschiedlichen Richtwertmietzins. Wer aber glaubt, dass der in der Bundeshauptstadt am höchsten sind, irrt gewaltig: Er liegt mit 5,39 Euro pro Quadratmeter sogar am unteren Ende des Spektrums – künstlich niedrig, wie die Immobilienwirtschaft kritisiert. In Vorarlberg ist er mit 8,28 am teuersten, selbst in der Steiermark beträgt der Richtwert 7,44 Euro. Er gilt für Altbauwohnungen, die unter anderem vor 1945 errichtet und nach März 1994 angemietet wurden.

Ansonsten gibt es einen Kategoriemietzins mit Kategorien von A bis D. Vermieter können aber Lagezuschläge verrechnen (von U-Bahn-Nähe bis Möblierung). Falls die Wohnung nur befristet vermietet wird, muss die Miete günstiger sein. Und es gibt übrigens auch noch einen "angemessenen" und einen "erhöhten Hauptmietzins". Kennen Sie sich noch aus?

Zweigeteilter Markt

Prinzipiell ist der heimische Markt zweigeteilt: Hier der große geförderte Bereich plus billige Altmieten. (Jeder vierte Wiener wohnt im Gemeindebau.) Dort jene, die sich am freien Markt nach einer Bleibe umschauen müssen. Letztere zahlen unverhältnismäßig mehr, können aber ebenfalls um Mietzinsbeihilfe ansuchen.

Justizminister Wolfgang Brandstetter hält das von der deutschen Sozialdemokratie ausgearbeitete Modell der Mietpreisbremse jedenfalls für "durchaus interessant" und meint: "Wir werden uns das näher anschauen und jedenfalls in die Diskussionen um die Mietrechtsreform in Österreich einbringen. Vielleicht gelingt es damit, wieder etwas mehr Bewegung in die Diskussion zu bringen. Das wäre mir ein Anliegen."

Könnte die deutsche Mietpreisbremse Vorbild für Österreich sein? Im Büro von Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) ist man skeptisch: „Die Situation bei uns ist überhaupt nicht mit jener in Deutschland zu vergleichen“, gibt ein Sprecher zu bedenken. Der deutsche Wohnungsmarkt sei bisher vergleichsweise locker reguliert gewesen: „In weiten Bereichen konnten jegliche Mieten verlangt werden, die der Markt bereit war, herzugeben.“ Dies habe zu einer ausufernden Preisentwicklung geführt.

Die neue deutsche Regelung für Altbau-Wohnungen sieht vor, dass bei einem Mieterwechsel die neue Miete künftig maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen darf. „In Wien wäre es sehr schwer festzulegen, auf was sich diese zehn Prozent beziehen sollen.“ So würden in vielen Grätzeln extrem günstige Altbau-Wohnungen mit Uralt-Verträgen oder Gemeindebauten neben extrem teuren Dachgeschoß-Wohnungen liegen.

Schon mehr anfreunden kann man sich im Büro Ludwig mit der deutschen Reform der Maklergebühr. Künftig soll demnach nur noch jene Partei zahlen, die den Makler beauftragt hat.

Zuständig für eine Reform ist allerdings nicht die Stadt, sondern der Bund. „Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch“, betont der Ludwig-Sprecher. Beispielsweise mehr Transparenz bei dem Wildwuchs von Zuschlägen.

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