Österreicher lieben komfortablen PS-Rausch

Auch die VW-Tochter Skoda will mit neuem SUV Kodiaq bei PS-Freunden punkten
Von Jänner bis Ende September 2016 sind rund 76.000 Autos mit mehr als 144 PS neu zugelassen worden. Der Mehrheit sind sogenannte SUVs.

Die Österreicher fahren immer öfter auf schicke Brummer ab. Der Abgasskandal rund um den deutschen VW-Konzern bzw. die zu hohen Stickoxid-Emissionen bei Dieselfahrzeugen spielen beim Neuwagenkauf offenbar gar keine Rolle. Von Jänner bis Ende September 2016 wurden in Österreich insgesamt 252.200 Pkw neu zugelassen. Knapp 43.000 dieser Neuwagen haben kraftstrotzende Motoren zwischen 144 und 170 PS unter der Haube. In dieser PS-Klasse macht das bei den Neuzulassungen eine Steigerung von 61 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch im Top-Segment – Fahrzeuge mit mehr als 171 Pferdestärken – stieg der Neuwagen-Absatz laut Statistik Austria um 23 Prozent auf rund 33.000 Fahrzeuge.

Unterm Strich beträgt der Marktanteil dieser dicken Brummer bei den Neuzulassungen mittlerweile etwas mehr als 30 Prozent. Tendenz steigend.

Grund für den massiven Zuwachs ist die starke Nachfrage nach sogenannten Sport Utility Vehicles, besser bekannt als SUVs. Diese geländegängigen und sportlichen Fahrzeuge sind mittlerweile für viele Autofahrer eine Art Statussymbol geworden.

Österreicher lieben komfortablen PS-Rausch
Porsche Cayenne
Nicht nur die teuren Premium-Modelle wie Porsche Cayenne, Audi Q7, Range Rover Sport und BMW X-5 finden immer mehr Kunden. Fast jeder Auto-Hersteller hat auch kleinere und preisgünstigere SUVs für die Normalverbraucher im Programm. Zu diesen Modellen zählen der Mazda CX-5, der Nissan X-Trail, der Toyota RAV4 oder der VW Tiguan. Auch sie brettern mit rund 160 bis 180 PS über den Asphalt. Ab 30.000 Euro kann man in der Regel einen dieser hippen Straßen-Allradler erstehen (beachten Sie auch die heutige Motor-Beilage).
Österreicher lieben komfortablen PS-Rausch
"Wenn jemand von einer Limousine auf einen SUV umsteigt, dann kauft er auf jeden Fall einen stärker motorisierten SUV, damit er dieselbe Fahrleistung hat", erklärt Bernhard Geringer, Professor für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der Technischen Universität Wien, im Gespräch mit dem KURIER. "Denn der SUV ist höher gebaut, hat einen höheren Luft- und Rollwiderstand und auch mehr Gewicht – vor allem als Allrad." Nachsatz: "Die Leute sagen, sie fühlen sich in einem SUV sicherer und haben einen besseren Überblick." Detail am Rande: Nicht einmal 15 Prozent aller SUVs werden laut Geringer auch im Gelände gefahren.

Gewaltiger Komfort

Österreicher lieben komfortablen PS-Rausch
*temp*
"Den Trend zu den SUVs gibt es schon seit einigen Jahren. Das Premium-Segment ist sehr gewachsen. Der SUV bietet einen gewaltigen Komfort, den eine normale Limousine nicht hat“, sagt Burkhard Ernst, Mazda-Händler und Sprecher des Fahrzeughandels. „Man sitzt höher, und das ergibt ein subjektives Sicherheitsgefühl, das aber mit der objektiven Sicherheit wenig zu tun hat.“ Nachsatz: „Und wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, so steigt man aus so einem SUV auch leichter ein und aus.“ Bei einem normalen Mittelklassewagen sitzt man in der Regel deutlich tiefer und das Einsteigen ist bei einem hohen Gehsteig mitunter sogar unangenehmer.
"Die SUVs wiegen um die zwei Tonnen und sind daher stärker motorisiert", bestätigt Burkhard Ernst. "Bei jeder Neuerung und jedem neuen Modell werden es immer mehr PS." Nachsatz: "Der Mazda CX-5 ist eines der meistverkauften Modelle." Seit 2012 wurden rund 11.000 Mazda CX-5 in Österreich neu zugelassen.

Abgas-Schleudern

Nach der aktuellen Abgas-Norm Euro 6 dürfen Neufahrzeuge nur noch 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen. Doch das bleibt zum Teil "reine" Theorie. Denn im Realbetrieb auf der Straße werden diese Werte bei vielen Fahrzeugen deutlich überschritten. Dazu kommt, dass die SUVs generell höhere Abgasemissionen aufweisen.

"Ausgerechnet diese hochmotorisierten Fahrzeuge machen in den Ballungszentren mit hohen Stickoxid-Belastungen besonderen Kummer", stellt der deutsche Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer, Gründer und Direktor des CAR - Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen, fest. In Deutschland war das Kaufverhalten in den ersten neun Monaten nicht anders als in Österreich. Bei unseren nördlichen Nachbarn hat ein heuer zugelassener Pkw im Durchschnitt 148 PS. "Ein Diesel-Fahrzeug hat im Schnitt 163 PS, ein Benziner nur 136 PS", weiß Dudenhöffer. Bei den PS-starken Diesel-Pkw handelt es sich auch in Deutschland überwiegend um SUVs. Dudenhöffer: "Bereits heute ist so gut wie sicher, dass im Jahr 2017 in Deutschland die psychologische Grenze von 150 PS pro Neuwagen übersprungen wird. Die Deutschen bleiben im PS-Rausch." Damit sind sie nicht alleine.

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