Der Krieg der Werber

Agentur-Chef Grill: "Der Streit ist ein Armutszeugnis"
In der Wiener Werbewirtschaft fliegen die Fetzen. Das Match heißt Grün & Rot gegen Schwarz & Neos. Der neue KV gilt nicht und die Unternehmer sind stinksauer über den Streit.

Dass es zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern hart her geht, ist nichts Ungewöhnliches. Dass aber zwischen den Vertretern der Unternehmer ein heftiges parteipolitisches Hauen und Stechen tobt, hat Seltenheitswert. Anlass ist der Kollektivvertrag 2017 für die Wiener Werbewirtschaft, die erste Lohnrunde, die von einem grünen Arbeitgeber-Funktionär abgeschlossen wurde.

Schon die Verhandlungen mit der Gewerkschaft, die im Vorjahr begannen, standen unter keinem guten Stern. Monatelang wogte das Tauziehen um die Lohnerhöhung für die rund 14.000 Mitarbeiter der 4500 Unternehmen in der Werbung & Marktkommunikation. Die Gewerkschaft (GPA-djp) affichierte sogar öffentlich wenig schmeichelhafte Plakate über die Arbeitgeber.

Als sich die Gewerkschaft im Frühjahr knapp vor einer Einigung mit weiteren Forderungen einstellte, beschlossen die vier Vertreter im Verhandlungsausschuss der Arbeitgeber, die Gespräche abzubrechen. Das kann im Muskelspiel um Lohnerhöhungen schon mal vorkommen.

Es gab dann doch eine Einigung, allerdings nur ausverhandelt vom grünen Fachgruppen-Obmann Stephan Gustav Götz und seinem ersten Vize Konrad Maric vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband. Die zweite Stellvertreterin, die Wirtschaftsbündlerin Birgit Kraft-Kinz, (Schwester des Raiffeisen-Spitzenbankers Georg Kraft-Kinz)und Mathias Miller-Aichholz von den Unos (Neos) waren nicht dabei. Das Ergebnis ist eine Lohnerhöhung rückwirkend mit 1. März um 1,33 Prozent sowie ein zusätzlicher freier Tag. Was für die Betriebe eine aufwendige Aufrollung ihrer Lohnverrechnung bedeutet.

Wirtschaftsbund und Unos schäumen. "Auf die Unternehmen kommt eine Kostenlawine zu. Dieser KV ist ein eklatanter Wettbewerbsnachteil für die Wiener Unternehmen", protestiert Kraft-Kinz. Dazu muss man wissen, dass nur die Wiener Werber einen Kollektivvertrag haben. In den anderen Bundesländern werden die Mitarbeiter nach KVs entlohnt, die wesentlich flexibler sind, beispielsweise nach den Regelungen für die IT-Branche. Weshalb ohnehin bereits, moniert Kraft-Kinz, Unternehmen in den Speckgürtel rund um Wien abwandern würden.

Jetzt stellt sich heraus, dass der Lohnabschluss gar nicht gültig sein dürfte. Die Rechtsabteilung der Wiener Kammer meint jedenfalls in einer Stellungnahme, der Abschluss sei nicht rechtswirksam.

Chefverhandler Götz gibt sich gelassen und spricht von einer Formalität. Noch im April wird ein größeres Kammer-Gremium, der Fachgruppen-Ausschuss, abstimmen. Dort ist zwar eine Pattstellung zwischen den politischen Fraktionen zu erwarten, aber Götz hat das Dirimierungsrecht. Er erinnere alle daran, meint der ehemalige Radio-Moderator, "dass wir für die Branche da sind".

Die Unternehmen sind gar nicht amused. "Dieser Streit ist ein Armutszeugnis und beschädigt die ganze Branche. Als ob wir derzeit keine wichtigeren Themen hätten", ärgert sich Alois Grill (Agentur Loys) über die Grünen. Der KV sei "alles andere als zum Wohl der Wirtschaft". Vor allem der rückwirkende Abschluss "trifft kleine Betriebe massiv". Die Branche stehe mitten in einem Strukturumbruch und "erfindet sich gerade neu und dann kommt sowas". Christoph Bösenkopf (Agentur Wirz) hält den bereits 40 Jahre alten Kollektivvertrag grundsätzlich "für dringend reformbedürftig". Gerade in einer Branche, "die nicht zuletzt auch durch die Digitalisierung einem enormen und raschen Wandel unterworfen ist". Von einer Reformierung sind die Streithanseln aber noch meilenweit entfernt.

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