Der gute Herr Piëch

Zwei sehr unterschiedliche Brüder: Hans Michel Piëch und ...
Der Bruder von Patriarch Ferdinand ist stiller, warmherziger und weniger machthungrig.

Dieser Mann bemüht sich redlich, ein Phantom zu sein. Nur eine Handvoll Leute hat freundschaftlichen Kontakt zu ihm. Es sind jene, die "Michi" zu ihm sagen dürfen.

Die Freundschaft zu Hans Michel Piëch (73), der mit einem Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro zu den reichsten Österreichern zählt und der Bruder des eiskalten Ferdinand Piëch ist, hat jedoch einen Preis. Und der heißt Diskretion. Der öffentlichkeitsscheue Milliardär hat seinen Vertrauten allesamt einen Maulkorb verpasst. Wer plaudert, fliegt aus dem inneren Kreis. "Ich habe vor einigen Jahren nur ein paar Sätze über den Michi einem Nachrichtenmagazin erzählt. Danach habe ich ihm versprochen, nie wieder über ihn zu sprechen. Das muss ich respektieren", bittet der Wiener Rechtsanwalt Hannes Pflaum um Verständnis, der seinen Freund schon seit über 40 Jahren kennt. Und setzt nach: "Dabei gäbe es viel Gutes über ihn zu berichten."

Reich, aber bescheiden

Tatsächlich scheint der Enkel des charismatischen Sportwagenbauers Ferdinand Porsche das genaue Gegenteil seines Bruders Ferdinand (78) zu sein. Zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der deutsche Spiegel beschreibt Bruder Ferdinand, der den erbitterten Machtpoker an der VW-Spitze gegen Martin Winterkorn verloren hat und sich von der VW-Spitze verabschieden musste, als Managertypen mit Gruselfaktor: "Kalter Herrschertyp", heißt es im Spiegel."Er lässt seit vielen Jahren Leute leiden. Sammelt Samurai-Schwerter." Ein Satz über ihn, von einem Verwandten: "Er schaut die meisten Menschen so stark an, dass sie wegschauen. Der gefürchtete Piëch-Blick."

Ganz konträr die wenig bekannten, aber dafür umso charmanteren Charakterzüge von Hans Michel Piëch. Das deutsche Manager-Magazin bezeichnet Hans Michel als den "Leisetreter" im steinreichen Piëch-Clan. Seine Freunde beschreiben ihn als Gentleman. "Er ist zurückhaltend, bescheiden, großzügig, unglaublich fair und korrekt. Genau das Gegenteil eines Spekulanten", erzählt ein Insider, der wenig überraschend anonym bleiben will. "Wenn man Hans Michel Piëch gegenübersitzt, merkt man nicht, dass er ein Multimillionär ist. Er ist vollkommen allürenlos."

Zurückgezogen

So hat Rechtsanwalt Hannes Pflaum, wie er einmal News verriet, erst Jahre nach dem ersten Kennenlernen im Wiener Eislaufverein beim Eishockeyspielen erfahren, dass sein Freund ein Porsche-Spross ist.

Großspurigkeit liegt ihm fern, er lebt das Understatement. Der "gute" Piëch meidet Jetset und High Society. Das Rampenlicht ist ihm ein Gräuel. Auch hier unterscheiden sich die Brüder. Ferdinand Piëch und seine Gattin Ursula nahmen beim GTI-Treffen am Wörthersee gerne das Bad in der Menge bei den PS-Freaks. Auch bei den Premieren der Salzburger Festspiele mischt sich Ferdinand ohne große Scheu unter die High Society.

Auch wenn Hans Michel Piëch über ein enormes Vermögen, einen eigenen Jet (er ist auch Flugschein-Inhaber und fliegt selbst), mehrere Anwesen in Österreich und Mallorca sowie Anteile an zahlreichen Firmen verfügt: Der sechsfache Vater (sein Bruder Ferdinand hat zwölf Kinder aus vier Ehen) ist am Boden geblieben.

Am liebsten hält er sich am Land und im Kreis seiner Familie auf. In Zell am See ist Hans Michel Piëch aufgewachsen, hier ging er zur Schule, das Jus-Studium führte ihn nach Wien. Seine Heimat, das Zeller Land, liegt dem Multimillionär nach wie vor am Herzen. Mehrmals hat er hier schon kräftig investiert.

Nachhaltiger Investor

Vor acht Jahren hat er die kleine, aber feine Molkerei Pinzgau Milch mit einem Umsatz von 64 Millionen Euro und 150 Beschäftigten mehrheitlich übernommen. Auch wenn im VW-Konzern der Profit die oberste Prämisse ist, bei solchen Projekten geht es dem sympathischen Gesicht im Clan nicht um den großen Gewinn. Es ist mehr ein Liebhaber-Projekt, um den Bauern vor Ort die Existenz zu sichern. Diese Attitüde zieht sich wie ein roter Faden durch seine privaten Investments. "Er investiert in das, was ihm Freude macht", sagt ein Insider. "Seine Geschäftspartner schätzen ihn, weil er Weitblick, Ruhe und Gelassenheit hat." Er kauft, aber mischt sich nicht groß in das tägliche Business ein.

So entwickelte sich die Pinzgauer Milch zum größten Bioproduzenten (50 Prozent Biomilch-Anteil). Die 175 Mitarbeiter steigerten Jahr für Jahr den Umsatz, der bei rund 85 Millionen Euro liegt. Auch das Restaurant Maria vom guten Rat im Innviertel hat Piëch gerettet. Er sanierte es großzügig. Bei den Restaurierungsarbeiten stieß man zufällig auf ein altes Bild des Gasthauses. Daraufhin wurden die Umbaupläne geändert und das Gasthaus vom renommierten Architekten Herman Czech in die ursprüngliche, markante Fassaden- und Giebelgestaltung umgebaut.

Falter-Miteigentümer

Ein Investment, das für sein gesellschaftspolitisches Verständnis spricht, ist das Engagement beim Wiener Stadtmagazin Falter. Seit 2000 hält Piëch gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Pflaum 24,9 Prozent.

Trotzdem ist auch bei Hans Michel Piëch Vorsicht angesagt. Wenn es sein muss, kann auch er eiskalt agieren. "Viele unterschätzen Hans Michel Piëch, weil er so nett ist, aber er kann auch zur Sache gehen. Ich kenne Erzählungen, wo er auch sehr hart werden kann", schildert ein Vertrauter. In gewissen Momenten knallhart zu sein, scheint bei den Piëchs zur Lebensschule zu zählen. Nur scheint Hans Michel bei diesem gefürchteten Charakterzug den goldenen Mittelweg gefunden zu haben.

Hans Michel Piëch (geboren 1942) ist Vater von sechs Kindern und lebt in Salzburg sowie in Wien. Seine Tochter Julia Kuhn-Piëch wurde nach dem Machtkampf zwischen seinem Bruder Ferdinand und Martin Winterkorn vor Kurzem in den Aufsichtsrat berufen. Hans Michel Piëch sitzt selbst im Aufsichtsrat von VW.

Er ist Eigentümer von Pinzgau Milch (Umsatz: 85 Millionen Euro, 175 Beschäftigte). Daneben hält er 10,66 Prozent am Flughafen in Zell am See und 12,51 Prozent an der Wochenzeitschrift "Falter".

Voll in seinem Eigentum stehen die HMP Immobilien Holding, die Dr. Hans Michel Piëch GmbH, sowie das Viersternehotel "Erlhof" in Zell und der Gourmettempel "Maria vom guten Rat" in Gstaig.

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