Der Dow Jones tickt nicht richtig

Der Dow Jones ist immer noch der meistzitierte Index – für die Profis sind andere bereits wichtiger.
Das wertvollste Unternehmen, Apple, könnte endlich in den Index Eingang finden.

Eine Apple-Aktie um 600 Dollar oder sieben Papiere zu je 85,7 Dollar – nach Adam Riese macht das wenig Unterschied. Der Elektronikgigant plant jedoch den Aktiensplit, um attraktiver für Einzelanleger zu werden. Monika Rosen-Philipp kann dem Argument etwas abgewinnen: Die Chefanalystin im Private Banking der Bank Austria sieht den Schritt als Geste für Anleger, die der hohe Preis abschrecken könnte. Zudem dürfte Apple damit ein weiteres Manko wettmachen. Ausgerechnet das mit rund 520 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung wertvollste Unternehmen der Welt ist bisher nicht im bekanntesten US-Börsenindex, dem Dow Jones, vertreten. Das liegt vor allem an dessen Eigenart und hat historische Gründe. Das medial viel beachtete Börsenbarometer wird nämlich (fast) genauso berechnet wie vor 130 Jahren. Damals hat Charles Dow, später Herausgeber des Wall Street Journal (WSJ), die Kurswerte für elf Aktien, die ihm bedeutsam schienen, addiert und durch 11 geteilt. Von einem repräsentativen Industrieindex war der Dow weit entfernt – Industriewerte galten als hochspekulativ; die "Blue Chips" der Zeit waren Eisenbahngesellschaften. Gleich neun fanden sich im ersten Dow Jones Average. Daneben hatten nur eine Dampfschiffgesellschaft und Finanzdienstleister Western Union Platz. Der eigentliche Dow Jones Industrial Average (DJIA) feierte schließlich 1896 Premiere (siehe Artikelende).

Megatrend "Rise of the Consumer"

Der Dow Jones tickt nicht richtig
The leaf on the Apple symbol is tinted green at the Apple flagship store on 5th Ave in New York April 22, 2014. Employees and signage have been themed green to mark Earth Day. REUTERS/Brendan McDermid (UNITED STATES - Tags: ENVIRONMENT SCIENCE TECHNOLOGY)
Warum Apple bis heute fehlt? Mit einem Kurs von 600 Dollar war die Aktie für den Dow schlicht zu teuer. Dessen Berechnungsmethode ist bis heute – mit kleineren Anpassungen – dieselbe. Während ausgefeiltere Börsenindizes nach dem Gesamtwert der Unternehmen (der Marktkapitalisierung) gewichtet sind, ist der DJIA preisgewichtet. Das bedeutet: Visa hätte mit einem Kurs von rund 220 Dollar im Index ein fast vier Mal so hohes Gewicht wie Apple (nach dem Split), obwohl das Unternehmen nur halb so viel wert ist.

Kein Wunder, dass der S&P500 dem Dow in der Fachwelt längst den Rang abgelaufen hat. Im Dow-Diamonds-Exchange-Traded-Fund (ETF), der dem Dow folgt, sind rund 12 Mrd. Dollar Vermögen veranlagt; im SPDR S&P500 ETF, der den gleichnamigen Index abbildet, sind es hingegen fast 160 Mrd. Dollar. "Die Aufnahme in den S&P500 ist für eine Aktie ein wirklicher Ritterschlag", sagt Rosen-Philipp. Schließlich stehen Fonds, die darauf basieren, für 5,1 Billionen Dollar Gesamtvolumen. Die Aufnahme in den Dow sei hingegen eher eine Prestigesache – der Index stelle ein Abbild der US-Wirtschaft und des Gesellschaftswandels dar: "Allein deshalb würde Apple die Aufnahme hundertprozentig verdienen." Sollte dafür ein infrastrukturlastiger Technologiewert wie Cisco oder Intel rausfallen, wäre es ein weiteres Signal für den Aufstieg des Konsumenten, sagt Rosen-Philipp. Die letzte Dow-Anpassung gab es im Herbst 2013: Damals haben Goldman Sachs, Nike, und Visa den Rohstoffriesen Alcoa, die Bank of America und Hewlett-Packard ersetzt.

Historie des Dow Jones: 30 Industrieaktien

Der Dow Jones tickt nicht richtig
Dow, Jones & Company wurde 1882 von Charles Dow, Edward Jones und Charles Bergstresser gegründet. Der erste Dow-Jones-Index wurde 1884 berechnet und im Customer’s Afternoon Letter veröffentlicht – dieser Börsebrief wurde noch von Hand unter den Händlern verteilt. 1889 entstand daraus das Wall Street Journal. Bis heute bestimmt die Redaktion über die Zusammensetzung des Index, der einem Joint-Venture von McGraw Hill, der CME Group und der News Corporation gehört. Den Dow Jones Industrial (Dow 30) gibt es seit 1896 – damals umfasste er 12 Werte, heute sind es 30. General Electric war schon damals darunter, heute gehören unter anderem auch 3M, Coca-Cola, Goldman Sachs, Exxon, Intel, Pfizer oder Walt Disney dazu.

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