Hält das Bio-Sackerl was es verspricht?

der Sonnbergmarkt im 19. Bezirk
Die gute Nachricht: Wo Bio drauf steht, ist meist auch Bio drin. Es gibt aber auch Ausreißer.

Gutes Gewissen ist käuflich – etwa indem man für Bio mehr Geld auf den Tisch legt als für konventionelle Ware. Bio ist zu einem Riesengeschäft geworden. Der KURIER wollte wissen, ob im Bio-Sackerl auch immer Bio steckt.

Bei einer Einkaufstour in Wien (Merkur, Interspar, Hofer, denn’s) wurden 15 Obst- und Gemüse-Proben – von Bio-Bananen über Avocados, Karotten und Tomaten bis hin zu Paprika – eingekauft und geprüft.

Radieschen

Das Ergebnis des deutschen Instituts TÜV Rheinland Agroisolab GmbH: Zwei Proben (österreichische Radieschen der Marke Ja! Natürlich, gekauft bei Merkur, sowie spanische Bio-Gurken der Marke Spar-Natur-Pur) kamen definitiv nicht wie ausgezeichnet aus ökologischer Landwirtschaft, so das Testergebnis. Bei zwei weiteren Artikeln (Bio-Karotten und Avocados) hat das Institut weitere Prüfungen empfohlen.

Das Institut stellt aufgrund der Isotopen-Verhältnisse fest, ob Mineraldünger eingesetzt wurde. Durch diese Methode kann – sofern Referenzwerte vorhanden – neben der Düngung auch nachvollzogen werden, wo die Pflanze gezogen wurde. „In diesen beiden Fällen (Anm. Radieschen und Gurken) kam definitiv nicht zulässiger Mineraldünger zum Einsatz. Solche Werte können mit Rindermist nicht generiert werden“, erklärt Markus Boner, Experte vom TÜV Rheinland.

Hält das Bio-Sackerl was es verspricht?

Das Handelshaus Spar hat laut eigenen Angaben unabhängig von den KURIER-Recherchen beim betroffenen Bio-Gurken-Lieferanten bereits Konsequenzen gezogen. „Wir überprüfen unsere Bio-Produkte sehr genau. Die Spar-Qualitätssicherung hat daher bei einer Routineüberprüfung der Bio-Gurken bereits Anfang Jänner Qualitätsprobleme entdeckt. Der Lieferant wurde sofort gesperrt, und es gibt bereits keine Gurken dieses Herstellers mehr bei uns im Sortiment“, versichert Spar-Sprecherin Nicole Berkmann.

Feldproben

Auch das Handelshaus Rewe (Billa, Merkur, Penny, Adeg) hat den Prüfbericht ernst genommen. „Wir haben den Bauern bzw. das Feld gleich am nächsten Tag von der Austria Bio Garantie prüfen lassen“, erklärt Martina Hörmer, im Rewe-Konzern für die Bio-Marke Ja!Natürlich zuständig. „Mag sein, dass der TÜV Rheinland Agroisolab einen Verdachtsmoment hat, aber dieser hat sich in unseren Untersuchungen nicht bestätigt. Wir weisen die Vorwürfe daher entschieden zurück.“

Rewe schließt nach eigenen Untersuchungen auch aus, dass zu den Radieschen des untersuchten Feldes zusätzlich konventionelle Ware in die Verpackung gekommen sein könnte. „Das haben wir mit der Chargennummer überprüft“, so Hörmer.

Fest steht: Allein in Österreich setzt die Bio-Branche mittlerweile mehr als 300 Millionen Euro jährlich um – Tendenz weiter stark steigend. Neun von zehn Euro fließen in die Kassen der großen Lebensmittelketten, die im Gegensatz zu Kollegen in anderen Ländern früh auf den Bio-Zug aufgesprungen sind. Europaweit ist das Bio-Geschäft rund 21 Milliarden Euro schwer.

Die Weltbevölkerung und der Nahrungsmittelbedarf steigen. Doch in der EU wird über die Stilllegung von sieben Prozent der landwirtschaftlichen Flächen diskutiert. Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums, sieht daher „in einer nachhaltigen Intensivierung der Produktion“ die einzige Lösung. Bei den Zuckerrüben ist es gelungen, in den vergangenen drei Jahrzehnten die Stickstoffdüngung zu halbieren und den Ertrag zu verdoppeln. Laut OECD-Berechnungen wird eine Steigerung der Produktion um 60 Prozent in den nächsten 40 Jahren nötig sein, um den Bedarf an Lebensmitteln zu decken. Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski verlangt daher ordentliche Rahmenbedingungen für solche Ertragssteigerungen, vor allem ein ausreichend dotiertes EU-Agrarbudget. Darüber wurde bei der „Wintertagung“ des ökosozialen Forums diskutiert.

Ein Projekt zur Intensivierung der Produktion und Reduktion von Importen ist die Initiative Donau-Soja. „Es gibt eine gewaltige Eiweiß-Lücke, die es zu schließen gilt“, so Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich. Europa importiert 23 Millionen Tonnen Sojaschrot und 12,5 Millionen Tonnen Sojabohnen. Der Großteil kommt aus Südamerika und wird für die Schweinezucht verwendet.

Soja-Anbau

Am Wochenende wurde in Berlin die Donau-Soja-Erklärung unterzeichnet. Mit dabei sind Kroatien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, sowie die Schweiz, Deutschland, Slowenien, Ungarn und Österreich. Laut Schätzung von Experten können die Erträge im Donauraum auf fünf Millionen Tonnen Soja gesteigert und in einem weiteren Schritt auf zehn Millionen Tonnen gentechnikfreies Soja ausgeweitet werden.

Berlakovich drängt auf EU- Unterstützung. „Wenn es in den nächsten Monaten darum geht, die Ausgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik zu finalisieren, möchte ich die Eiweiß-Strategie darin enthalten wissen.“

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