CETA: Deutsche Höchstrichter geben grünes Licht

Die deutsche Bundesregierung darf das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada vorläufig auf den Weg bringen.

In Deutschland ist nun der letzte Stolperstein für das umstrittene Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada aus dem Weg geräumt. Vier Klagen, denen sich hunderttausende Bürger angeschlossen hatten, hatten dagegen geklagt und argumentiert, dass CETA gegen das deutsche Grundgesetz verstoße. Mit Eilanträgen wollten sie verhindern, dass die deutsche Bundesregierung ihr Okay für das Abkommen gibt und dieses am 27. Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel in Brüssel unterzeichnet.

Nun entschied das Verfassungsgericht in Karlsruhe aber: Die deutsche Bundesregierung darf CETA zustimmen (Begründung hier). Sie muss dafür aber bestimmte Bedingungen einhalten. Das Urteil sagt noch nichts aus über die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerden. Über sie will das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt im Detail verhandeln. Dieses Urteil dürfte allerdings erst in ein bis zwei Jahren ergehen.

Kern will sich an Karlsruher Urteil orientieren

Ein Stopp von CETA ist also immer noch möglich. Im Eilverfahren hatten die Richter nur zu prüfen, ob in der Zwischenzeit nicht wieder gut zu machende Nachteile entstehen.

Der Spruch des deutschen Verfassungsgerichts ist auch eine Richtschnur für Österreich. "Wenn das Gericht in Karlsruhe Ja sagen würde, dann wäre das mit Sicherheit eine wichtige Entscheidungsgrundlage", sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) heute im Ö1-Morgenjournal des ORF. In seiner Partei gibt es Widerstände gegen das geplante Abkommen.

Urteil: Drei Mal Ja, aber

Der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, nannte drei Auflagen, die erfüllt sein müssen, damit die Bundesregierung zustimmen darf.

Erstens: Eine Besonderheit von CETA liegt darin, dass zwar der Großteil des Vertrages im Einflussbereich der EU liegt. Ein Teil des Abkommens - etwa geistiges Eigentum, der Seeverkehr oder die Streitbeilegung zwischen Investoren und Staaten - liegt aber in der Zuständigkeit der Nationalstaaten. Deshalb gilt CETA als "gemischtes Abkommen". Die Karlsruher Richter befanden, dass nur der EU-Teil vorläufig angewendet werden darf. Für das In-Kraft-Treten des gesamten Abkommens muss der deutsche Bundestag zustimmen.

Zweitens: Im Vertrag ist vorgesehen, dass ein Gemischter CETA-Ausschuss, der mit Experten aus Kanada und der EU besetzt ist, über künftige Regulierungsmaßnahmen berät. Kritiker sehen darin eine unzulässige Umgehung demokratischer Beschlüsse. Voßkuhle erklärte nun, dass dieses Gremium keine Beschlüsse fassen darf, die keine "hinreichende demokratische Rückbindung" haben.

Drittens: Deutschland müsse die Möglichkeit haben, die vorläufige Anwendung von CETA einseitig zu beenden.

CETA hat Vorbildwirkung

Besonders interessant ist die Begründung, warum die Richter die Eilanträge abgewiesen haben. Ein vorläufiges Nein zu CETA hätte demnach weniger wirtschaftliche, als vielmehr politische Schäden verursacht, erläuterte Voßkuhle. Es hätte nicht nur den Spielraum der deutschen Regierung beschnitten. Weil die Verhandlungen über CETA Signalwirkung für künftige Freihandelsabkommen haben, hätte es auch die "Verlässlichkeit" der EU-Außenhandelspolitik in Frage gestellt.

"Ein gutes Urteil"

Der aus Linz stammende Ifo-Experte Gabriel Felbermayr begrüßt die Entscheidung: „Das ist ein gutes Urteil. CETA ist ein modernes Abkommen, das das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,19 Prozent steigen lassen könnte. Das sind etwa 70 Euro, die der Durchschnittsbürger jedes Jahr mehr in der Tasche haben würde“, sagte der Leiter des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft in München am Donnerstag. Vor allem der Fahrzeugbau, die Lebensmittelverarbeitung und unternehmensnahe Dienstleistungen würden profitieren.

CETA habe zudem einen hohen symbolischen Wert. "Das Abkommen berücksichtigt wie kein anderes die Ängste und Befürchtungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Sollte das Abkommen an innereuropäischen Kompetenzstreitigkeiten oder am Populismus einiger weniger Regierungen oder Parlamente scheitern, würde dies die Außenhandelspolitik der EU auf Jahre kompromittieren“, sagte Felbermayr.

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