CETA: Kern sieht rote Linie bei vorläufiger Anwendung

Im Laufe des Septembers werden weitere Papiere und Mails Silbersteins publiziert: Stärke-Schwächen-Analysen und pikante SPÖ-Interna bis hin zu jenem Mail, das Kanzler Kern als politisch unerfahren, sprunghaft und eitel beschreibt. Die SPÖ vermutet als Quelle des Informationslecks eine ehemalige Silberstein-Mitarbeiterin, die über gute Kontakte zu ÖVP und NEOS verfügen soll.
Das Handelsabkommen darf die Souveränität der nationalen Parlamente nicht einschränken, sagt der Bundeskanzler.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) spricht sich für ein Ende der vorläufigen Anwendung des umstrittenen Handelsabkommens CETA zwischen EU und Kanada aus, wenn die Souveränität der nationalen Parlamente dadurch eingeschränkt wird. "Wenn das der Fall ist, ist das Handelsabkommen zu beenden", sagte Kern am Montag. Die Frage werde künftig im Zuge von Gerichtsverfahren einer näheren Prüfung unterzogen.

Die SPÖ hatte vergangene Woche nach längerem Zögern die Zustimmung Österreichs zu CETA zugesichert. Am Dienstag sollen die EU-Handelsminister grünes Licht für die Unterzeichnung des Vertrages Ende Oktober geben. Danach wird das Abkommen bis zur Ratifizierung durch alle EU-Staaten - die in Österreich im Parlament erfolgt - mit einigen Einschränkungen vorläufig angewandt.

Ratifizierung ungewiss

In einigen EU-Ländern ist die Ratifizierung des Abkommens im Parlament ungewiss. Nach einem Treffen mit Kern in Wien betonte der Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, er habe sich noch kein abschließendes Urteil gebildet. Es sei noch eine "Feinanalyse" bei heiklen Themen wie Umweltstandards, Arbeitsschutz und den umstrittenen CETA-Schiedsgerichten ausständig, sagte der Grünen-Politiker Kretschmann. Erst danach werde seine Landesregierung entscheiden, ob sie CETA in der deutschen Länderkammer, dem Bundesrat, zustimme.

Den Äußerungen Kretschmanns schloss Kern sich beim gemeinsamen Auftritt vor Journalisten im Bundeskanzleramt an. "Sie merken da eine gewisse Ähnlichkeit zur österreichischen Position, wenn nicht sogar eine idente Position", sagte der Kanzler.

Kretschmann befand sich auf Einladung der Grünen in Wien, die im Parlament mit einem Festakt ihr 30-jähriges Bestehen feierten. Im Bundeskanzleramt antwortete der 68-jährige Politiker auf die Frage, warum außer ihm und Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen kaum ein Grüner bei Wahlen über 20 Prozent Stimmanteil komme: "Man kann natürlich sagen, dass die Leute nur ältere weiße Männer wollen." Er setzte aber hinzu, dass dies nur ironisch gemeint sei.

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