CETA begleitet von wilden Protesten beschlossen

Die Abgeordneten mussten mehrere Hürden nehmen.
408 Ja-, 254 Nein-Stimmen, 33 Enthaltungen. EU-Kanada-Pakt passiert somit Europäisches Parlament.

Pünktlich zum Auftakt der Abstimmung über den umstrittenen EU-Kanada-Handelspakt CETA war es noch einmal ein letztes Mal laut geworden: Demonstranten schlugen auf der Zuschauergalerie des EU-Parlaments in Straßburg Wirbel. Zuvor hatten Demonstranten bereits den Zugang zum Gebäude abgesperrt.

Kurz nach Mittag konnte die Abstimmung trotzdem stattfinden. Wie erwartet hielt die Mehrheit der CETA-Befürworter: 408 Abgeordnete stimmten für, 254 gegen das Abkommen. 33 enthielten sich der Stimme. Damit kann der Pakt vorläufig angewendet werden. Bevor er endgültig und in allen Teilen - auch mit dem strittigen Investorenschutz - in Kraft tritt, muss er noch die nationalen Parlamente passieren.

Emotionale Debatten

CETA sei ein "gutes und faires Abkommen für beide Seiten", kommentierte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Gerade Österreich als Exportland profitiere davon: "Handelsabkommen sind das beste Mittel, um die Globalisierung mit verbindlichen Spielregeln zu gestalten." Wer abseits stehe, schade sich selbst am meisten, so Mitterlehner: "Abschottung macht arm."

Emotionale Debatten

Vorangegangen war eine emotionale parlamentarische Debatte in Straßburg. Die Bewertungen des EU-Kanada-Freihandelsabkommens bewegten sich verbal zwischen Befürwortern, die in CETA einen „Leuchtturm“ sahen, und Gegnern, die einen „stillschweigenden Staatsstreich“ befürchten.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström betonte, es gebe zahlreiche Verbesserungen durch CETA. So würden ab Tag eins „fast alle Zölle abgebaut“. Dies sei vor allem wichtig für Klein- und Mittelbetriebe. Bedenken über weniger Sicherheit für Nahrungsmittel wies sie zurück. Auch könnten Regierungen öffentliche Dienstleistungen weiter erbringen oder auch zurück erlangen, und die Privatisierung von Wasser könne auch „ermöglicht oder vermieden werden“.

Malmström warf den Kritikern vor, dass diese auch die Fundamente der EU infrage stellten. Protektionismus, das Aufbauen von Hindernissen und Mauern sei keine Antwort, sehr wohl aber gute und faire Handelsabkommen.

"Goldene Standards"

Der lettische Abgeordnete und einer der Berichterstatter zu CETA, Artis Pabriks, hatte zuvor mit glühenden Worten des Handelsabkommen verteidigt. Damit würden „goldene Standards“ für künftige Verträge gesetzt und CETA sei der „Lakmustest für die Politik der EU. Wir stehen am Scheideweg“. Statt Protektionismus sollte die EU die Führung übernehmen. Handelsabkommen seien kein Allheilmittel und keine Medizin gegen alle Krankheiten, es sei umfassend, werde aber nicht alle Probleme lösen. Trotzdem sei es ein "Leuchtturm, der nicht erlöschen darf".

Für einige Aufregung sorgte ein anderer Berichterstatter - Giorgi Pirinski - für den Sozialausschuss. Obwohl der Ausschuss für CETA gestimmt habe, empfehle er die Ablehnung. Offenbar hätten viele Abgeordnete nicht alles gelesen.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani versuchte beruhigend angesichts der teils hitzigen Diskussion einzuwirken. "Ich weiß, wir haben heute eine besonders heikle Aussprache."

Volkspartei dafür, Sozialdemokraten gespalten

Der Vorsitzende der EVP, Manfred Weber, sprach von einer Diskussion zwischen Angstmachern und Fakten. Der Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, warf er vor, für Frankreich eine "komplette Abschottung" herbeizuführen und den Bauern und Arbeitnehmern Angst zu machen. "Das Modell gab es bereits in Albanien. Le Pen will aus Frankreich ein großes Albanien machen, das nicht in die Zukunft geführt wird, sondern sich abschotten will." Dagegen glaube die EVP an Fakten.

Den Sozialdemokraten warf Weber Orientierungslosigkeit vor - „die Hälfte von ihnen ist für und die andere gegen CETA. Die Sozialdemokraten sind tief gespalten“. Und die Grünen müssten sich ganz kritisch fragen, ob sie sich in guter Gesellschaft mit Le Pen und den Kommunisten befinden, die gleichzeitig Stimmung gegen CETA machen. Im Gegensatz zu US-Präsident Donald Trump, der Mauern aufbauen wolle, werde die EU "Brücken bauen".

"Mangelnder Respekt"

Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, warf Weber mangelnden Respekt vor. Freier Austausch der Meinungen sei wichtig, "wir sind nicht in einer Kaserne und werden es auch nie sein". Pittella tat sich allerdings schwer, die Haltung der Sozialdemokraten auf einen Punkt zu bringen. "Für uns ist CETA nicht ein Modell, sondern nur der Anfang des Wandels in der europäischen Handelspolitik. Wir stimmen dafür, nicht, weil wir etwas bewahren wollen, sondern weil wir den Wandel wollen."

Dem kanadischen Premier Justin Trudeau dankte Pittella, weil er "an unserer Seite im Kampf gegen den Virus von Populismus und Isolationismus steht". Das CETA-Abkommen sei "ein Anfang, aber wir brauchen noch eine breitere progressivere Agenda des internationalen Handels. Wir wollen eine andere Globalisierung, keine, die wir erleiden."

Trotz unserer Gegenstimmen wurde #CETA soeben im #EPlenary beschlossen @graswanderhainz @Weidenholzer @EugenAFreund @karinkadenbach https://t.co/dck6agq83F

Evelyn Regner (@Evelyn_Regner) 15. Februar 2017

Österreichs sozialdemokratische Abgeordnete, die sich gegen CETA aussprachen, wurden letztlich überstimmt.

Le Pen: "Lügen"

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen warnte davor, dass CETA hunderttausende Arbeitsplätze zerstören werde, viele davon in Frankreich. Die Bevölkerung werde die “Lügen" der CETA-Befürworter nicht glauben. Es sei ein "schlechtes Abkommen gegenüber den Bürgern". Das "einzig gute ist, dass die Franzosen die Möglichkeit haben, das rückgängig zu machen, bei den Präsidentenwahlen im Mai 2017".

Kommentare