Lkw: Erdgas soll Diesel ablösen

SAG Werk in Lend.
Die Salzburger Aluminium AG ist Weltmarktführer bei der Produktion von Diesel-Lkw-Tanks. 550.000 Stück werden jedes Jahr gefertigt. Edelstahl-Tanks für verflüssigtes Erdgas sollen demnächst in Serie gehen. Billiges Öl erschwert aber den Einstieg in Europa.

Lend. Ein kleines Dorf im Salzburger Pinzgau, eingepfercht im engen Salzachtal. Ein Ort, der schon bessere Zeiten erlebt hat. Der Nahversorger, das Postamt, die Metzgerei, frühere Wohngebäude: Alle stehen leer. Ein international erfolgreiches Unternehmen würde hier wohl kaum jemand vermuten. Doch der Ort ist seit mehr als 100 Jahren eng mit der Metallproduktion verbunden. Die Salzburger Aluminium AG, kurz SAG, hat ihren Ursprung in der Gemeinde. "Die SAG ist Lend", sagt Unternehmenssprecher Hannes Rest, wenn auch nicht ganz ernst gemeint.

Längst ist die SAG weit mehr als Lend: Ein global agierender Konzern in der Aluminium-Produktion und -Verarbeitung. Rund 1200 Mitarbeiter erwirtschaften 260 Millionen Euro im Jahr. Bei der Herstellung von Diesel-Lkw-Tanks aus Aluminium ist das Unternehmen zum Weltmarktführer aufgestiegen: Rund 550.000 Stück werden jährlich von den großen Herstellern verbaut. Weltweit verlässt jeder dritte schwere Lkw über 7,5 Tonnen mit einem SAG-Tank die Fertigungsstraße.

Fernverkehr

Lkw: Erdgas soll Diesel ablösen
SAG Werk Lend: Sprecher Hannes Rest Bild: Walter Schweinöster
"Im Fernverkehr gibt es zu Diesel noch keine Alternative – außer Erdgas", sagt Christoph Lind. Er leitet die Entwicklungsabteilung des Unternehmens, die nach wie vor in Lend liegt. In dem Gebäude, in dem früher die Postkutschen vor dem Weg ins Gasteiner Tal Halt gemacht hatten, sind seit Langem keine Pferde mehr untergebracht. Der Bezug zur Mobilität ist geblieben. Hier tüfteln 30 Techniker am jüngsten Vorzeigeprodukt des Unternehmens: Der sogenannte LNG-Tank (liquified natural gas) aus Edelstahl, ein Speicher für verflüssigtes Erdgas. Den Entwicklungsvorsprung gegenüber der Konkurrenz schätzt Lind auf sechs bis acht Jahre.

Im Stammwerk stehen die ersten Prototypen für den europäischen Markt auf dem Prüfstand. In die USA etwa werden bereits kleine Stückzahlen exportiert. Jeder Tank wird einzeln auf Dichte überprüft. Wichtig ist auch eine saubere Oberfläche – aus optischen Gründen. Wer denkt, dies spiele bei den schweren Sattelschleppern keine Rolle, irrt. "Das Erscheinungsbild ist beim Lkw fast genauso wichtig wie beim Pkw. Wir bekommen beim kleinsten Kratzer sofort Reklamationen", sagt SAG-Sprecher Rest. 2017 soll die Produktion im wenige Kilometer entfernten Schwarzach in Serie gehen.

Auf -160 Grad abgekühlt

Rest erklärt den Unterschied zu den Dieseltanks gerne bildlich: Während herkömmliche Tanks eher Schuhschachteln gleichen, würden die LNG-Modelle einer Thermoskanne entsprechen. Das flüssige Erdgas wird bei rund minus 160 Grad abgefüllt. Zumindest zehn Tage lang kann der Speicher die Temperatur halten. Steigt der Druck über 16 bar, entlüftet ein Sicherheitsventil automatisch. Mit einem Fassungsvermögen von rund 700 Litern Flüssig-Erdgas kommt ein Lkw etwa 700 Kilometer weit, sagt Rest. Während ein Dieseltank nicht mehr als 1000 Liter fassen darf (darüber wäre es ein Kraftstofftransport), können von den LNG-Tanks zwei Stück montiert werden, um die Reichweite zu erhöhen.

In den USA gebe es wegen des günstigen Schiefergases bereits ein dichtes Tankstellennetz, sagt Rest In Europa bremst der immer noch relativ niedrige Ölpreis Hersteller und Spediteure, auf Erdgas umzusatteln. Die SAG hofft hier auf ein mit 30 Millionen Euro dotiertes EU-Projekt, das die Aufrüstung schwerer Lkws mit LNG-Tanks forcieren soll. Thomas Sendlhofer

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